Eine Arbeitsgruppe unter Leitung von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich auf ein Koalitionspapier für den Bereich Gesundheit und Pflege verständigt. Die wichtigsten Punkte hier zusammengefasst:
Der Hausarzt wird zum Lotsen im Gesundheitssystem
Das, was schon jetzt unter hausarztzentrierter Versorgung (HzV) firmiert, soll verbindlich festgeschrieben werden. Im Koalitionspapier heißt es dazu: „Zu einer besseren und zielgerichteten Versorgung der Patientinnen und Patienten und für eine schnellere Terminvergabe führen wir ein verbindliches Primärarztsystem bei freier Arztwahl durch Haus- und Kinderärzte in der HzV und im Kollektivvertrag ein.“ Demnach ist der Hausarzt die erste Anlaufstelle in der ambulanten Versorgung. Er leitet die Patienten weiter, wird zum Lotsen im komplizierten Gesundheitssystem. Von der Regelung ausgenommen sind die Augenheilkunde und Gynäkologie.
Termine beim Facharzt innerhalb einer festgelegten Frist
Künftig sollen Termine beim Facharzt innerhalb einer bestimmten Frist garantiert werden. Der Primärarzt bestimmt den spätesten Zeitpunkt. Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung vermittelt, unter anderem unter der Rufnummer 116 117. Ist kein Termin fristgerecht im ambulanten System frei, springt ein Krankenhaus ein.
In ländlichen Gebieten, etwa in Brandenburg, aber auch in bestimmten Stadtlagen Berlins, besteht ein akuter Mangel an Arztpraxen. Dem will die Koalition begegnen, indem sie dort die Budgetierung aufhebt. Alle erbrachten Leistungen sollen auch vergütet werden.
Krankenkassen: Gesetzlich Versicherte zahlen nicht mehr für Bürgergeld-Empfänger
Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) schleppt ein milliardenschweres Defizit mit sich herum. Zum Teil liegt das an sogenannten versicherungsfremden Leistungen. Eine dieser finanziellen Aufwendungen, die nicht den Mitgliedern der Kasse zugutekommt, soll wegfallen. Die AG Gesundheit hat festgelegt: „Die bisher nicht kostendeckenden Beiträge für Bürgergeldempfänger werden wir aus Steuermitteln vollständig finanzieren. Bereits im Jahr 2025 werden die entsprechenden Beträge zur Verfügung gestellt.“ Zudem wird der GKV-Teil des Transformationsfonds für den Umbau der Kliniklandschaft aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert. Das sind 25 Milliarden Euro auf zehn Jahre gerechnet. Die übrigen 25 Milliarden kommen vom Fiskus.
Krankenhausreform geht nach NRW-Vorbild weiter
Das wohl größte angeschobene Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist die Krankenhausreform. Sie soll bis zum Sommer gesetzlich fixiert werden. Allerdings soll sie mit Ausnahmen kommen: „Wir ermöglichen den Ländern zur Sicherstellung der Grund- (Innere, Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe) und Notfallversorgung der Menschen besonders im ländlichen Raum Ausnahmen und erweiterte Kooperationen.“
Die Krankenhäuser werden künftig in Leistungsgruppen eingeteilt. Sie regeln, welche Einrichtung was machen darf. Spezialisierung soll zu mehr Qualität führen. Die Leistungsgruppen werden laut Koalitionspapier zum 1. Januar 2027 zugewiesen. Vorbild sollen die 60 NRW-Leistungsgruppen zuzüglich der speziellen Traumatologie sein. Nordrhein-Westfalen galt auch Lauterbach als Vorbild.
Keine gewinnorientierten Unternehmen mehr bei MVZ
Gewinnorientierte Unternehmen sind im deutschen Gesundheitswesen auf dem Vormarsch. Nach dem stationären Sektor haben sie auch den ambulanten Bereich für sich entdeckt. Die neue Bundesregierung will Ankündigungen der alten Taten folgen lassen. Zumindest heißt es im AG-Papier zu Medizinischen Versorgungszentren (MVZ): „Wir erlassen ein MVZ-Regulierungsgesetz.“
Apotheke vor Ort soll gestärkt werden
„Wir begrüßen es, dass die Gesundheitsexpertinnen und -experten von Union und SPD die Apotheken in dem geplanten Koalitionsvertrag als erste Anlaufstelle in der Gesundheitsversorgung anerkennen“, schreibt der Apotheken-Dachverband Abda in einer ersten Reaktion auf das AG-Papier. „Dieser Aufgabe können die Apotheken aber nur gerecht werden, wenn sie nach zwölf Jahren Honorar-Stillstand endlich wirtschaftlich stabilisiert werden. Die Vor-Ort-Apotheken sollen auch künftig die erste Anlaufstelle bleiben.“


