- Kiew spricht von einem planmäßigen Verlauf der Gegenoffensive – räumt zugleich aber eine „schwere Lage“ an der Front ein.
- Luftangriffe auf Kiew, Lwiw und Saporischschja in der Nacht zu Dienstag
- „Die Operation wird nach Plan fortgesetzt“, versicherte der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj.
- Nato-Generalsekretär Stoltenberg erwartet keine formelle Einladung für die Ukraine in das Bündnis beim bevorstehenden Gipfel.
- Bundeskanzler Olaf Scholz hat an die chinesische Regierung appelliert, ihren Einfluss auf Russland mit Blick auf dessen Angriffskrieg in der Ukraine geltend zu machen.
Rettungshelfer in Cherson bei russischem Angriff getötet
Bei einem russischen Angriff im südukrainischen Cherson ist ukrainischen Angaben zufolge ein Rettungshelfer getötet worden. Acht weitere Helfer, die nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms für Aufräumarbeiten vor Ort waren, wurden bei dem Angriff verletzt, wie der ukrainische Innenminister Ihor Klymenko am Dienstag auf Telegram mitteilte. Klymenko nannte den Vorfall einen Beweis für „die Niedertracht und Angst“ des russischen Militärs. Die Verletzten würden notfallmedizinisch versorgt, fügte der Minister hinzu.
Laut Präsidentenberater Andrij Jermak wurden die Mitarbeiter des staatlichen Katastrophenschutzes verletzt, als sie unter Beschuss gerieten, sechs von ihnen seien in einem „lebensbedrohlichen Zustand“. Laut Jermak waren die Helfer damit beschäftigt, Schlamm zu beseitigen.
Vier Tote bei Explosion in russischer Schießpulverfabrik
Bei einer Explosion auf dem Gelände einer Schießpulverfabrik in Zentralrussland sind vier Menschen getötet worden. „Es gab zwölf Opfer, vier von ihnen starben“, teilte das Unternehmen in der Stadt Kotowsk rund 430 Kilometer südöstlich von Moskau am Dienstagnachmittag laut Agentur Interfax mit. Bei den Opfern handele es sich um Arbeiter, zwei von ihnen schwebten in Lebensgefahr. Den Firmenangaben zufolge ereignete sich das Unglück infolge von Montagearbeiten an einem Heißwasserbehälter.
„Ich kann eindeutig sagen, dass es sich nicht um einen Anschlag handelt“, erklärte Regionalgouverneur Maxim Jegorow im Onlinedienst Telegram. Jegorows Angaben zufolge ist die Explosion, die einen rasch unter Kontrolle gebrachten Brand auslöste, auf „einen menschlichen Faktor“ zurückzuführen. Es gebe keine Gefahr für die Arbeiter in der Fabrik und die Anwohner. „Die Produktion wurde nicht eingestellt“, erklärte er.
Ukraine zahlt viel Geld für Waffen, die sie gar nicht benutzen kann
Wie die New York Times berichtet, hat die Ukraine Hunderte von Millionen Dollar für Waffen gezahlt, die nie geliefert wurden oder so marode waren, dass sie nur noch zum Ausschlachten für Ersatzteile geeignet waren.
Der US-amerikanischen Zeitung liegen demnach Regierungsdokumente hervor, aus denen hervorgeht, dass Kiew seit der russischen Invasion im Februar 2022 mehr als 800 Millionen Dollar an Waffenlieferanten für Verträge gezahlt hat, die ganz oder teilweise nicht erfüllt wurden. Auch staatliche Unternehmen aus den USA sollen Gelder von der Ukraine erhalten haben.
„Es gab Fälle, in denen wir Geld gezahlt und dafür nichts erhalten haben“, sagte Volodymyr Havrylov, ein stellvertretender Verteidigungsminister, der für die Beschaffung von Waffen in der Ukraine zuständig ist. Er sagte in einem Interview vor Kurzem, die Regierung habe in diesem Jahr damit begonnen, ihre früheren Käufe zu analysieren und problematische Auftragnehmer auszuschließen.
Probleme seien bei einem „Waffenkaufrausch“ von der Größe der Ukraine unvermeidlich, hieß es. Seit dem Einmarsch Russlands haben westliche Verbündete Waffen im Wert von mehreren Milliarden Dollar an die Ukraine geliefert. Bis letzte Woche hatten allein die Vereinigten Staaten Militärhilfe im Wert von etwa 40 Milliarden Dollar (und mehr an finanzieller und humanitärer Hilfe) zugesagt. Die EU-Unterstützung beläuft sich auf mehr als 50 Milliarden Euro.
Olaf Scholz: China trägt im Ukraine-Konflikt „eine ganz besondere Aufgabe“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat an die chinesische Regierung appelliert, ihren Einfluss auf Russland im Ukraine-Konflikt noch stärker geltend zu machen. Als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat „trägt China hier eine ganz besondere Aufgabe“, sagte Scholz am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Chinas Regierungschef Li Qiang in Berlin. Auch im Rahmen der G-20-Gruppe „sollten wir hierzu gut zusammenarbeiten“, sagte Scholz.
Es sei „wichtig, dass China weiter keine Waffen an den Aggressor Russland liefert“, fuhr der Kanzler nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen fort. Dankbar sei er für den gemeinsamen Standpunkt, dass es weder Drohungen mit noch einen Einsatz von Atomwaffen geben dürfe.
Zu einem möglichen Frieden in der Ukraine sagte Scholz, dieser dürfe nicht ohne Berücksichtigung der Rechte der Ukraine erfolgen, nämlich dem Recht auf territoriale Integrität und Souveränität. „Kein Land darf andere Länder als seinen Hinterhof betrachten und mit Gewalt versuchen, Grenzen zu verschieben“, sagte Scholz. „Imperialismus ist nie die Lösung.“
Von der Leyen schlägt neue Milliardenhilfen für die Ukraine vor
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat neue Milliardenhilfen für die Ukraine vorgeschlagen. Sie rief die Mitgliedsländer am Dienstag in Brüssel auf, eine „finanzielle Reserve“ von 50 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre zu genehmigen. Damit könne die EU ihre finanzielle Unterstützung für die Regierung in Kiew je nach Entwicklung anpassen, sagte die deutsche Kommissionschefin.
„Wir wissen alle, dass ein Krieg uns äußerste Flexibilität abverlangt“, betonte von der Leyen. Die Mittel sollen nach ihren Angaben aus Krediten bestehen sowie aus Zuschüssen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Im laufenden Jahr unterstützt die EU die Ukraine mit 18 Milliarden Euro. Das Geld soll helfen, zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen und Schulen und Krankenhäuser zu finanzieren.
Verfassungsschutz rechnet mit „aggressiveren Spionageoperationen Russlands“
Das Bundesamt für Verfassungsschutz rechnet vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs mit „aggressiveren Spionageoperationen Russlands“ in Deutschland. Schon im vergangenen Jahr habe der russische Angriffskrieg die Arbeit der deutschen Spionageabwehr bestimmt, erklärte die Behörde in ihrem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht.
Vor dem Hintergrund der Sanktionen gegen Russland und der Unterstützung der Ukraine durch Deutschland und andere westliche Staaten hätten russische Nachrichtendienste ein erhöhtes Aufklärungsinteresse, heißt es in dem Bericht. „Zukünftig ist mit klandestineren und aggressiveren Spionageoperationen Russlands sowie von Russland ausgehenden Aktivitäten im Cyberraum zu rechnen.“ Die bisher beobachteten Cyberangriffe seien „regelmäßig auf Informationsbeschaffung ausgerichtet, können aber auch Sabotage zum Ziel haben oder dem Zweck der Einflussnahme dienen“.
Biden: Putins Drohung mit dem Einsatz taktischer Atomwaffen ist „real“
US-Präsident Joe Biden hat seine Besorgnis über den Einsatz taktischer Atomwaffen durch Russland ausgedrückt. Die Bedrohung durch Wladimir Putin sei „real“, sagte Biden laut Independent in Kalifornien.
„Als ich vor etwa zwei Jahren hier draußen war und sagte, ich mache mir Sorgen, dass der Colorado River austrocknen könnte, sahen mich alle an, als wäre ich verrückt“, so Biden. „Als ich sagte, ich mache mir Sorgen, dass Putin taktische Atomwaffen einsetzen könnte, sahen sie mich an wie damals. Es ist real“, sagte Biden.
Russland hatte vor wenigen Tagen nach Angaben von Staatschef Wladimir Putin die ersten Atomsprengköpfe nach Belarus geschickt. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte Russland erlaubt, sein Land als Ausgangspunkt für die Offensive gegen die Ukraine zu nutzen. Putins Ankündigung zur Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus hatte Ängste vor einer atomaren Eskalation im Ukraine-Konflikt geschürt.
EU schnürt neues 50-Milliarden-Euro-Paket für die Ukraine
Die Europäische Union plant ein finanzielles Hilfspaket in Höhe von 50 Milliarden Euro. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Demnach erfolgt der Vorschlag vor einer Konferenz in London in den kommenden Tagen, auf der Geber darüber diskutieren werden, wie das Land wieder aufgebaut und der Privatsektor beteiligt werden kann.
Das Paket solle aus Zuschüssen, vergünstigten Krediten und Garantien bestehen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen, die anonym bleiben wollten, gegenüber Bloomberg. Die Hilfe würde den Zeitraum von 2024 bis 2027 abdecken, heißt es. Unterdessen schätzt die Weltbank, dass sich die Wiederaufbaukosten der Ukraine auf 411 Milliarden US-Dollar belaufen könnten.
Auch Angriffe auf die Stadt Saporischschja
Die Militärverwaltung der südukrainischen Stadt Saporischschja erklärte, die Stadt und ihre Umgebung seien Ziel eines „massiven Angriffs“ gewesen. Nach ersten Informationen des Generalstabs wurden sieben Raketen vom Typ S-300 auf Saporischschja und seine Vororte abgefeuert.
„Nach einer lauten Nacht ohne Atempause ist die Situation in Saporischschja stabil“, erklärte der Gemeinderatssekretär Anatolij Kourtew auf Telegram. Es seien keine Wohngebäude getroffen und niemand verletzt worden, fügte er hinzu.

Kiew und Lwiw aus der Luft angegriffen
Die westukrainische Stadt Lwiw ist nach Mitteilung des Bürgermeisters Andrij Sadowyj von Russland aus der Luft angegriffen worden. Die Stadt und die umliegende Region werden von Explosionen erschüttert, teilte Sadowyj über Telegram mit. Nach Angaben der Militärverwaltung wurde auch Kiew in der Nacht mit Drohnen beschossen.
Kiew spricht von planmäßiger Offensive - und „schwerer Lage“
Das ukrainische Militär sprach von einem planmäßigen Verlauf der eigenen Gegenoffensive - räumte zugleich aber eine „schwere Lage“ an der Front ein. Im Süden des Landes sei man auf „erbitterten Widerstand“ der russischen Besatzer gestoßen, schrieb der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj bei Telegram. Der Vormarsch der Ukrainer werde durch Befestigungen, dichte Minenfelder und eine „große Zahl an Reserven“ behindert. „Die Operation wird nach Plan fortgesetzt“, versicherte Saluschnyj aber.
Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar berichtete derweil von einer „schweren Lage“ und heftigen Kämpfen auch in der Ostukraine. Das russische Militär versuche bei Kupjansk im Gebiet Charkiw und bei Lyman im angrenzenden Luhansker Gebiet, die Initiative zurückzugewinnen, teilte sie mit.
Stoltenberg: Nato-Einladung an Ukraine kein Thema mehr
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht nicht davon aus, dass die Nato den ukrainischen Wunsch nach einer formellen Einladung in das Bündnis schon beim bevorstehenden Gipfel im Juli erfüllen wird. „Beim Vilnius-Gipfel und in den Vorbereitungen auf den Gipfel diskutieren wir nicht, eine formelle Einladung auszusprechen“, sagte Stoltenberg nach einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. „Was wir diskutieren, ist, wie wir die Ukraine näher an die Nato heranführen können.“
Selenskyj hatte in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass er beim Gipfel im litauischen Vilnius eine formelle Einladung erwarte. Nach den Angaben von Stoltenberg wird darüber nun nicht mehr diskutiert. Es bestehe aber Einigkeit unter den Verbündeten, dass die Tür der Nato offen sei und die Ukraine schon beim Gipfel in Bukarest 2008 eine Beitrittsperspektive bekommen habe.



