Wie sehr ist Berlin von Korruption betroffen? Die Senatsinnenverwaltung und die Polizei Berlin haben am Donnerstag ein Lagebild zur Korruption in Berlin im Jahr 2022 veröffentlicht. „In diesem Lagebild werden die Ergebnisse in der Korruptionsbekämpfung im Jahr 2022 abgebildet“, hieß es in der Mitteilung. Demnach wurden 48 Ermittlungskomplexe erfasst, die der Korruptionskriminalität zuzurechnen sind.
Der Tatvorwurf der Bestechung ist mit 27 Fällen ein Schwerpunkt der Korruptionsstraftaten in der Hauptstadt. Dabei handelte es sich insbesondere um Ermittlungsverfahren gegen Insassen von Justizvollzugsanstalten (JVA) und deren Umfeld, die Justizbedienstete für das Einbringen von Gegenständen wie Handys oder Drogen bestachen. „Darüber hinaus betraf es Personen, die in Kontrollsituationen Amtsträgern Vorteile anboten“, hieß es in dem Lagebild.
Korruption in Berlin: 53 Tatverdächtige im Jahr 2022 ermittelt
Insgesamt wurden 53 Tatverdächtige ermittelt, von denen 15 Bestochene waren und 38 Vorteilsgewährende beziehungsweise Bestechende. Die 15 Bestochenen verteilen sich den Angaben nach auf Strafverfolgungs- und Justizbehörden (9), die öffentliche Verwaltung (4) und Landespolitik (1). Die Privatwirtschaft spielte 2022 mit einem Fall praktisch keine Rolle.
13 der 15 Bestochenen gehörten der Sachbearbeitenden- oder Mitarbeitendenebene an, nur zwei befanden sich in einer Führungs- oder Leitungsfunktion. Die erlangten Vorteile verteilen sich dabei auf Arbeits- und Dienstleistungen (4), Bargeld (3), Bewirtungen (2) und sonstige geldwerte Vorteile (2). In vier Fällen konnte der konkrete Vorteil nicht ermittelt werden.
Korruptionsstraftaten zeichnen sich vor allem durch immateriellen, wirtschaftlichen und monetären Schäden aus. „Hierzu zählen der Verlust des Vertrauens in die Unbestechlichkeit und Handlungsfähigkeit staatlicher Institutionen sowie die Integrität der Wirtschaft“, teilten die Innenverwaltung und Polizei mit.
Korruptionsfälle in Kfz-Zulassungsbehörde – Freiheitsstrafen
In keinem der Ermittlungskomplexe des Jahres 2022 konnte ein konkret zu bezeichnender finanzieller Schaden ermittelt werden. Erfahrungsgemäß gebe es jedoch eine enorm hohe Dunkelziffer, „da es bei Korruptionsstraftaten nur Täterinnen und Täter gibt, die beiderseits kein Interesse an einer Strafverfolgung haben.“
Ein Ermittlungsverfahren gegen drei Amtsträger der Zulassungsbehörde Berlin sowie zehn gewerbliche Zulassungsdienstleister wegen banden- und gewerbsmäßiger Bestechung im Zusammenhang mit sogenannten „Expresszulassungen“ führte im Jahr 2022 zu Verurteilungen. „Hierbei wurden Kfz-Zulassungen gegen die Zahlung von bis zu 400 Euro innerhalb von bis zu drei Tagen anstatt der üblichen vier Wochen (für Händler) bzw. acht Wochen (für Privatkunden) durch die Amtsträger durchgeführt“, hieß es im Bericht.
So wurde ein Haupttäter in der Kfz-Zulassungsstelle zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft verurteilt. Gegen die drei Haupttäter der Bestechung wurden Bewährungsstrafen von einem Jahr und acht Monaten beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten erlassen.
Über einen Zeitraum von fünf Jahren sind die Fallzahlen der Korruption in Berlin zurückgegangen. Im Jahr 2021 wurden noch 61 Fälle registriert. 2020 hingegen waren es 191. „Ursächlich für derart starke Schwankungen sind meist einzelne Großverfahren mit vielen Einzeltaten“, hieß es in dem Lagebericht. 2019 wurden 75 Korruptionsfälle ermittelt, 2018 waren es 87.
Anonyme Hinweisgeberstelle ermöglicht Aufdecken von Korruption in Berlin
Um solche Straftaten zu vermeiden, setzen Innenverwaltung und Polizei verstärkt auf die Korruptionsprävention. Diese sei Aufgabe von Innenrevisionen in Behörden und Compliance-Abteilungen von Unternehmen. „Dort gilt es, korruptionsgefährdete Bereiche und Arbeitsprozesse zu identifizieren, wirksame Maßnahmen zur Prävention zu entwickeln und deren Umsetzung zu kontrollieren“, teilten die Senatsverwaltung und die Polizei mit.
Beim Landeskriminalamt Berlin wurde im Jahr 2015 die Anonyme Hinweisgeberstelle Korruption eingerichtet. Sie soll der Öffentlichkeit eine niedrigschwellige Möglichkeit geben, Hinweise auf Korruptionsdelikte anonym über ein Hinweisgebersystem zu übermitteln.




