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FDP-Parteitag in Berlin: Lindner mit 88 Prozent im Amt bestätigt

Die Freien Demokraten sind am Freitag zu einem dreitägigen Bundesparteitag in Berlin zusammengekommen. Parteichef Lindner ist wiedergewählt.

Christian Lindner beim Bundesparteitag der FDP.
Christian Lindner beim Bundesparteitag der FDP.Achille Abboud/imago

Unter dem Eindruck mehrerer empfindlicher Wahlniederlagen in den Bundesländern ist  die FDP am Freitag zu ihrem Bundesparteitag in Berlin zusammengekommen. Bis Sonntag wollen die Freien Demokraten ihre Führung neu wählen und den weiteren Kurs in der Ampel-Koalition abstecken. Parteichef Christian Lindner wurde am Freitag mit 88 Prozent im Amt bestätigt.

Auf Lindner entfielen 511 der abgegebenen 579 Stimmen. 51 Delegierte stimmten mit Nein, 17 enthielten sich. Lindner bedankte sich „für diese besondere Rückenstärkung“. Bei seiner Wahl vor zwei Jahren hatte er noch 93 Prozent erhalten. Allerdings war dies wenige Monate vor der Bundestagswahl - also in einer Situation, in der sich die Basis üblicherweise möglichst geschlossen hinter die Parteiführung stellt.

Die Bühne des FDP-Bundesparteitags spiegelt sich in einem Glastisch. Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Neuwahl der Parteispitze.
Die Bühne des FDP-Bundesparteitags spiegelt sich in einem Glastisch. Auf der Tagesordnung steht unter anderem die Neuwahl der Parteispitze.Christoph Soeder/dpa

Der dreitägige Parteitag war um 11 Uhr von der Europapolitikerin Nicola Beer eröffne worden. Die stellvertretende Parteivorsitzende erklärte dabei, die FDP sei „der wesentliche Teil“ der Bundesregierung – „der Teil, der die Finger auf der Kasse hat, der für Fortschritt, der für Mobilität, der für Recht sorgt“. Die FDP habe die Wählerinnen und Wähler davon überzeugt, „dass dieses Land nicht allein den Anderen überlassen werden darf, dass unsere Gesellschaft den liberalen Kompass und dass diese Ampel das liberale Korrektiv braucht“.

Beer kandidiert nicht mehr als Parteivize und soll Deutschland künftig als Vizepräsidentin im Präsidium der Europäischen Investitionsbank (EIB) vertreten. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger will für einen der drei Stellvertreterposten kandidieren.

Lindner: FDP kämpft für ein „modernes, nicht-linkes Deutschland“

Lindner rief in einer 90-minütigen Rede die Koalitionspartner SPD und Grüne zu Sparsamkeit auf, um die Schuldenbremse einzuhalten und die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Steuererhöhungen schloss er aus.

Der FDP-Chef und Bundesfinanzminister griff die Streitthemen innerhalb der Ampel-Koalition auf, etwa das Gebäudeenergiegesetz mit den Regeln zum Heizungsaustausch. Der Entwurf sei „noch nicht das, was am Ende vom Bundestag beschlossen werden sollte“. Zur Kindergrundsicherung wies Lindner darauf hin, dass bereits vieles für Kinder getan worden sei. Stünde er bei knappen Mitteln vor der Wahl, ob es nochmals zusätzliche Transferzahlungen oder aber konkrete Investitionen in Bildung geben solle, dann würde er für eine Stärkung der Bildung plädieren.

Lindner bemühte sich um Abgrenzung zu den Koalitionspartnern SPD und Grüne. Die FDP kämpfe für ein „modernes, nicht-linkes Deutschland“, sagte Lindner vor den Delegierten. In der Ampel verstehe die FDP ihre Rolle als marktwirtschaftliches Korrektiv und als Garantin der haushaltspolitischen Vernunft –und nehme dafür auch Konflikte in Kauf.

Der FDP-Chef warb vor den Delegierten um Verständnis für die oft mühsame Entscheidungsfindung in der Ampel-Koalition. „Es ist ja so in dieser Koalition, dass wir um viele Fragen ringen müssen“, sagte er. Der jüngste, rund 30 Stunden dauernde Koalitionsausschuss habe dies „irgendwie offensichtlich“ werden lassen. Die Koalition müsse sich aber an ihren Ergebnissen messen lassen – und hier habe die FDP viel vorzuweisen.

„Jawohl, bei uns dauert es manchmal auch lang“, sagte der FDP-Chef. „Aber nach 30 Stunden stehen da schnellere Autobahnprojekte, ein Klimaschutzgesetz mit Marktwirtschaft, Investitionen in die Bahninfrastruktur und anderes“, fuhr er fort. „Ich kann nur sagen: Bei uns lohnt das Warten wenigstens.“

Lindner kündigte an, die politischen Vorstellungen seiner Partei weiterhin kämpferisch voranzutreiben. Es sei „nicht schlimm, wenn die FDP angegriffen wird für das, wofür sie steht“, sagte er. Schlimm sei nur, „wenn die FDP angegriffen wird, weil sie für nichts steht.“

Strack-Zimmermann zu Parteitag: Debatten in Ampel-Koalition normal

Nach Einschätzung von FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich der Tonfall innerhalb der Ampel-Koalition nicht verschärft. Natürlich gebe es zwischen den Freien Demokraten und den Grünen Unterschiede. „Ich empfinde das nicht als hart, ich empfinde das als normal“, sagte sie am Freitag im Deutschlandfunk. Auch in der Koalition mit der Union habe es Auseinandersetzungen gegeben. Beim Bundesparteitag der FDP in Berlin ab diesem Freitag gehe es darum, dass die Partei ihr Profil überprüfe und schärfe. „Das heißt aber nicht, dass man in einer Koalition nicht Kompromisse machen muss. Das liegt in der Natur der Sache.“

Der FDP-Vorstand nominierte die Verteidigungspolitikerin am Donnerstag als Spitzenkandidatin für die Europawahl im kommenden Jahr. Dazu sagte sie am Freitag im Deutschlandfunk, eine Lehre aus dem Ukraine-Krieg sei, dass Europa nur gemeinsam seine Werte verteidigen könne. „Wichtig ist allerdings, dass Deutschland dabei eine entscheidende Rolle spielt und ich möchte einen entscheidenden Beitrag dazu leisten für die nächsten Jahre.“

Die FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger will nach mehreren Jahren der Krise auf eine Wachstumsagenda setzen. Auf dem kommenden FDP-Parteitag am Wochenende müsse man „die richtigen Akzente setzen“ und wieder verstärkt die Zukunftsthemen in Deutschland angehen, sagte die Bundesbildungsministerin am Freitag im ZDF-Morgenmagazin.

Mit Blick auf schwache Umfragewerte der Partei sagte Stark-Watzinger, dass sich die FDP nicht an anderen Parteien messe, sondern mit eigenen Zielen und Vorstellungen in Koalitionsverhandlungen gehe. „Wir haben eigene Ideen und deswegen ist das für uns auch die Aufgabe. Es geht drum, um die besten Lösungen zu ringen.“