Chinas Staatschef Xi Jinping hat am Donnerstag Frankreichs Präsident Emmanuel Macron empfangen. Xi begrüßte seinen Gast auf einem roten Teppich vor der Großen Halle des Volkes in Peking, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Anschließend waren Gespräche zwischen beiden Politikern geplant.
„Ich weiß, dass ich mich darauf verlassen kann, dass Sie Russland zur Vernunft bringen und alle an den Verhandlungstisch bringen“, sagte Macron dem chinesischen Staatschef Xi. Die russische Aggression in der Ukraine habe der Stabilität in der Welt einen Schlag versetzt.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass China eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden spielt“, teilte Macron kurz vorher auf Chinesisch im Kurznachrichtendienst Twitter zum Krieg in der Ukraine mit. Er wolle das bei seinen Gesprächen „diskutieren und vorantreiben“. Xi empfing Macron mit militärischen Ehren. Nach dem bilateralen Treffen stand eine Dreier-Runde mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an.
Ukraine-Krieg: Kreml schließt Vermittlung durch China aus
Schon bei einem vorangegangenen Gespräch mit dem neuen chinesischen Regierungschef Li Qiang hatte Macron über den Ukraine-Konflikt gesprochen. Außerdem ging es um den Zugang französischer Unternehmen zum chinesischen Markt, insbesondere bei der Luftfahrt, im Bereich Lebensmittel und im Finanzsektor, wie der Élyséepalast mitteilte.
I am convinced that China has a major role to play in building peace. This is what I have come to discuss, to move forward on. With President XI Jinping, we will also talk about our businesses, the climate and biodiversity, and food security.
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) April 6, 2023
Der Kreml schloss derweil eine Vermittlung im Ukraine-Konflikt durch China aus. China verfüge zwar „zweifellos über ein sehr effektives und überragendes Vermittlungspotenzial“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag. Doch die Situation mit der Ukraine sei „komplex“, sagte Peskow. „Bislang gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung.“ Derzeit sieht Moskau dem Kreml-Sprecher zufolge „keine anderen Möglichkeiten als die Fortsetzung der Spezialoperation“.
Macron zählt auf chinesisch-russische Beziehungen
In der Diskussion über den Ukraine-Konflikt wolle er versuchen, „China hinsichtlich einer gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Stabilität einzubinden“, sagte Macron in einer Rede am Vorabend in der US-Botschaft. Er verwies auf die engen Beziehungen zwischen China und Russland. China habe die Einhaltung der UN-Charta bekräftigt, wozu auch territoriale Integrität und Souveränität einzelner Länder gehörten. „Diese zu verteidigen, bedeutet, auch zusammen voranzugehen und zu versuchen, einen Pfad zum Frieden zu finden.“
„Wir wollen nicht einfach das Ende des Konfliktes, sondern den Respekt der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine. Das ist die Bedingung eines dauerhaften Friedens. Und wir wollen, dass es einerseits keine kurzfristige Eskalation gibt und dass wir dauerhafte Stabilität ermöglichen.“ Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert seit mehr als einem Jahr. Macron hält sich seit Mittwoch zu einem Staatsbesuch in China auf.
Ziel sei ein dauerhafter Frieden, sagte der französische Präsident anschließend in einer Pressekonferenz. „Das ist ein Frieden, der nicht ohne den Respekt des ukrainischen Volkes erreicht werden kann, das das angegriffene Volk ist, so Macron. Und nicht, ohne dass es eine Geste von Russland gibt.“ Es gehe darum, in naher Zukunft in eine ernsthafte Diskussion mit allen und insbesondere Russland einzusteigen, damit Russland Grundsätze respektiere, die auch China und Frankreich teilten.
Macron verwies auch auf das im Februar vorgelegte chinesische Positionspapier zum Ukraine-Konflikt: „Stimmen wir damit in Gänze überein? Nein, aber es ist interessant“, sagte Macron. „Es zeigt seine Bereitschaft, sich darauf einzulassen, den Konflikt zu lösen.“ Das Zwölf-Punkte-Dokument ruft zu einem Waffenstillstand und einer Wiederaufnahme von Verhandlungen auf. Es war international allerdings kritisch aufgenommen worden, weil es keine Initiative zur Lösung des Konflikts erkennen lies, die Invasion nicht verurteilte und mit Kritik am Westen auch die russische Argumentation wiedergab.
China: Politische Rückendeckung für Putin
Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor gut einem Jahr gibt China Präsident Wladimir Putin politisch Rückendeckung. Der Schulterschluss spiegelt die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Die USA und die Nato werden als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi Jinping vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Auch sind die Beziehungen zwischen Europa und China deswegen auf einen Tiefpunkt gefallen. Zusätzlich gibt es Differenzen über eine Schieflage in den Handelsbeziehungen, Menschenrechtsverletzungen in China, Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer, Chinas Drohungen gegen das demokratische Taiwan und sein aggressiveres Auftreten. Vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen mit der Abhängigkeit von Russland wachsen die Sorgen über die Gefahren in der wirtschaftlichen Kooperation mit der zweitgrößten Volkswirtschaft.
Von der Leyen: Beziehungen sind nicht schwarz-weiß
Macron sprach sich gegen eine Abkopplung von China aus. Sicher gebe es eine Rivalität mit der Europäischen Union, aber beide Seiten müssten in wichtigen internationalen Fragen zusammenarbeiten. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen: „Ich glaube, es ist weder umsetzbar noch im Interesse Europas, sich von China abzukoppeln. Unsere Beziehungen sind nicht entweder schwarz oder weiß – und auch unsere Antwort kann es nicht sein. Deshalb müssen wir uns auf die Risikominderung anstatt Entkopplung konzentrieren.“





