Seekonflikt

Dramatische Folgen für Europa? China will Frachter auf der Taiwanstraße stoppen – und sogar durchsuchen

In Reaktion auf die USA-Reise der taiwanischen Präsidentin plant Peking Kontrollen auf einer der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt. Taiwan reagiert prompt.

Während in Peking Freundlichkeiten zwischen XI Jinping und Emmanuel Macron ausgetauscht werden, geht China im Süden auf Konfrontationskurs.
Während in Peking Freundlichkeiten zwischen XI Jinping und Emmanuel Macron ausgetauscht werden, geht China im Süden auf Konfrontationskurs.Ludovic Marin/AFP

Trotz der freundlichen Töne aus China während des Besuchs des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geht Chinas Staatspräsident Xi Jinping knapp 1800 Kilometer südlich von Peking buchstäblich auf Konfrontationskurs.

Die chinesische Seesicherheitsbehörde von Fujian hat am Mittwoch eine dreitägige gemeinsame Patrouillen- und Inspektionsaktion im mittleren und nördlichen Teil der Taiwanstraße gestartet, bei der auch Schiffe geentert werden. Das teilte die Behörde auf ihrem WeChat-Account mit.

Ein Rezept für gefährliche Zusammenstöße

Was sich wie eine Routineoperation anhören könnte, ist die bisher schwerste Eskalation in der Straßen von Taiwan seit den Militäroperationen im Nachgang des Besuchs der ehemaligen Sprecherin des US-Abgeordnetenhauses Nancy Pelosi im vergangenen Jahr. Die Ankündigung, Schiffe egal unter welcher Flagge durchsuchen zu wollen, kann zu direkten militärischen Konfrontationen zwischen China und Taiwan und sogar den USA führen.

Die für die Sicherheit im Seeverkehr zuständige Behörde der südostchinesischen Provinz erklärte am Mittwoch, die Operation umfasse „Vor-Ort-Inspektionen“ von Frachtschiffen und Bauschiffen auf beiden Seiten der Straße von Taiwan, „um die Sicherheit der Schifffahrt zu gewährleisten und den sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb von Schlüsselprojekten auf dem Wasser sicherzustellen“.

Das Büro für Seefahrt und Häfen des taiwanesischen Verkehrsministeriums reagierte umgehend und teilte am späten Mittwochabend mit, dass es bei den Verantwortlichen in China scharfen Protest gegen die Maßnahme eingelegt habe. Man teilte mit, die betroffenen Schifffahrtsunternehmen seien informiert worden. Ihnen wurde geraten, die Anfragen zur Durchsuchung von China abzulehnen und unverzüglich die taiwanesische Küstenwache zu benachrichtigen. Diese würde Hilfe leisten.

„Wenn die chinesische Seite darauf besteht, einseitige Maßnahmen zu ergreifen, wird dies den normalen Austausch zwischen den beiden Seiten behindern. Wir werden gezwungen sein, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen“, heißt es weiter, ohne Einzelheiten zu nennen.

Reaktion auf Besuch von Taiwans Präsidentin in den USA

Der Schritt muss im unmittelbaren Zusammenhang mit der Reise der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen in den US-Bundesstaat Kalifornien verstanden werden. Dort traf sie den Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy. Obwohl es sich nicht um einen offiziellen Besuch, sondern um einen sogenannten Zwischenstopp im Rahmen einer Reise nach Mittelamerika handelt, empfing mit McCarthy zum ersten Mal seit Jahrzehnten einer der ranghöchsten US-Vertreter einen taiwanesischen Staatschef auf amerikanischem Boden.

Die Straße von Taiwan ist nicht irgendein Wasserweg. Das maritime Nadelöhr zwischen dem kommunistischen Festlandchina und der demokratischen Inselrepublik China, genannt Taiwan, ist einer der wichtigsten Schifffahrtswege der Welt. De facto fließt der gesamte Verkehr von den Wirtschaftsriesen Asiens, also China, Japan und Korea gen Europa durch die Straße von Taiwan. Fast 90 Prozent der größten Containerschiffe bewegen sich über die Route. Sollte es tatsächlich zu einer Beeinträchtigung des Lieferweges kommen, hätte das für den Nahen Osten und vor allem Europa dramatische Auswirkungen.

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