Justiz

Plagiatsvorwürfe gegen Brosius-Gersdorf: Union droht SPD mit Enthaltung bei Richterwahl

Im Ringen um die Neubesetzung dreier Richterposten am Bundesverfassungsgericht droht die Union nun mit Enthaltung. Der Grund: Ein Plagiatsvorwurf gegen die Kandidatin.

Frauke Brosius-Gersdorf soll nach Vorschlag der SPD Richterin am Bundesverfassungsgericht werden.
Frauke Brosius-Gersdorf soll nach Vorschlag der SPD Richterin am Bundesverfassungsgericht werden.Britta Pedersen/dpa

Wenige Stunden vor der geplanten Wahl von Richter am Bundesverfassungsgericht erschüttert ein neuer Vorwurf die Personalie Frauke Brosius-Gersdorf. Die SPD-Kandidatin, eine renommierte und höchst umstrittene Kandidatin, steht nun unter dem Verdacht, in ihrer Dissertation plagiiert zu haben. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf interne Aussagen aus der CDU/CSU-Fraktion.

Die Union droht nun dem Koalitionspartner SPD mit Enthaltung – sollte die Abstimmung über die in der Union besonders umstrittenen Kandidatin nicht abgesetzt werden.

In einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung am Freitagmorgen äußerte Fraktionschef Jens Spahn erhebliche Zweifel an der akademischen Redlichkeit der Kandidatin. Laut Spahn habe Plagiatsprüfer Stefan Weber in der Dissertation von Brosius-Gersdorf insgesamt 23 Stellen identifiziert, an denen es Hinweise auf sogenannte Kollusion und Quellenplagiate geben soll. Spahn forderte die SPD auf, die Nominierung umgehend zurückzunehmen – ein bemerkenswerter Schritt, hatte er doch der Kandidatur noch vor wenigen Wochen gemeinsam mit der SPD-Fraktionsspitze zugestimmt.

Brosius-Gersdorf besonders in der Union umstritten

Unterstützung erhält Spahn von seinem Parteikollegen Klaus-Peter Willsch. Der CDU-Abgeordnete verweist gegenüber Bild nicht nur auf die Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf, sondern auch auf auffällige Ähnlichkeiten zwischen ihrer Dissertation und der Habilitationsschrift ihres Ehemannes. Beide Arbeiten wiesen „nahezu identische Passagen und Zitierfehler“ auf, so Willsch. Für ihn sei das Maß voll: „Jetzt reicht es. Die SPD sollte die Kandidatur von Frau Brosius-Gersdorf endlich zurückziehen und damit weiteren Schaden vom Verfassungsgericht abwenden.“

Die Zeit drängt: Die Wahl im Bundestag steht unmittelbar bevor – sie ist für den späten Vormittag angesetzt. Neben Brosius-Gersdorf hat die SPD auch die Münchner Juristin Ann-Katrin Kaufhold nominiert. Die Union bringt Günter Spinner, Richter am Bundesarbeitsgericht, ins Rennen.

Die Nominierung von Brosius-Gersdorf sorgt seit Wochen für Diskussionen. Die Unionsfraktion meldete Vorbehalte unter anderem um ihre Positionierung zur Reform des Abtreibungsrechts. Unionsvertreter sehen demnach zudem kritisch, dass sich die Juristin gegen die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zum Tragen des muslimischen Kopftuches im Staatsdienst gestellt habe.

Auch aufgrund anderer Standpunkte sorgte Brosius-Gersdorf für Diskussionen. Während der Corona-Pandemie wurde in der Bundesrepublik heftig über eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung diskutiert. Brosius-Gersdorf von der Universität Potsdam argumentierte dabei in einem Papier, das dies nicht gegen das Grundgesetz verstoße. „Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht“, hieß es darin weiter. Für weitere Diskussionen sorgt auch eine Aussage der Professorin in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Dort sagte sie zu einem möglichen AfD-Verbot: Ein Verbotsverfahren sei ein „ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie“. Zu bedenken gab sie, „dass damit nicht die Anhängerschaft beseitigt“ werden könne