Die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus fordert, Berlin solle eine Vorreiterrolle bei der Cannabis-Legalisierung übernehmen. Der drogenpolitische Sprecher der Fraktion, Vasilis Franco, wies auf die überarbeiteten Pläne der Ampelkoalition zu dem Thema hin, die am Mittwoch vorgestellt wurden. Dazu gehören auch regionale Modellvorhaben, wie sie vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bereits seit Jahren geplant seien. „Berlin darf nicht vom Vorreiter zum Schlusslicht einer progressiven Drogenpolitik werden“, sagte Franco.
Es brauche ein Bekenntnis, dass Berlin das Vorhaben unterstütze und als Modellregion zur Verfügung stehe. „Es wäre ein fataler Rückschritt, wenn Schwarz-Rot zum Todesstoß für die Cannabis-Legalisierung in Berlin würde.“
Die Senatskanzlei teilte auf dpa-Anfrage mit, zunächst sei der für nach der Sommerpause angekündigte Gesetzesvorschlag von Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) abzuwarten. „Dann wird sich der neue Berliner Senat mit den Rahmenbedingungen und neuen rechtlichen Gegebenheiten beschäftigen.“
Herrmann: Legalisierung von Cannabis ist längst überfällig
Die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die Legalisierung von Cannabis sei längst überfällig. Statt Kriminalisierung und Verbot brauche es Entkriminalisierung, Regulierungen, Prävention und wirksame Hilfsangebote sowie einen effektiven Jugendschutz. „Dies ist endlich ein Schritt vorwärts für eine zeitgemäße Drogenpolitik, die sich auch positiv in Friedrichshain-Kreuzberg auswirken wird.“
Die Abgabe über lizenzierte Stellen oder über die im Gesetzentwurf vorgesehenen Cannabis-Social-Clubs bedeute eine wesentliche Verbesserung der Konsumbedingungen ohne Angst vor Strafverfolgung und eine Minimierung der gesundheitlichen Risiken. „Darum setze ich mich dafür ein, dass Friedrichshain-Kreuzberg eine Modellregion für den im zweiten Schritt geplanten freien Verkauf von Cannabis wird.“
Der Drogenpolitik-Experte der Linke-Fraktion, Niklas Schrader, sagte der dpa, gemessen an den Erwartungen, die die Bundesregierung geweckt habe, seien die neuen Eckpunkte eine Enttäuschung. Es fehle noch eine lizensierte Abgabe in entsprechenden Abgabestellen. „Und es wird so sein, dass der Eigenanbau auch in Clubs die Nachfrage nicht decken wird“, so der Linke-Abgeordnete. „Insofern wird es auch den Schwarzmarkt nicht effektiv zurückdrängen.“
Mit Blick auf die wahrscheinliche Koalition aus CDU und SPD sagte Schrader, die Christdemokraten in Berlin seien nie Fans von Modellprojekten zur Cannabis-Legalisierung gewesen. „Die haben das immer verteufelt und das kritisiert, als würde es dazu führen, dass der Konsum steigt und alles frei verfügbar sei.“ Diese Legende werde die CDU wahrscheinlich weiterspielen. „Und es ist die Frage, wie sich die Koalition da einigt.“
SPD zu Cannabis-Politik: Berlin sollte ein regionales Modellvorhaben werden
Die SPD-Abgeordnete Tamara Lüdke sagte, Berlin sollte ein regionales Modellvorhaben werden. „Von der Expertise, die es bereits in der Hauptstadt gibt, kann das Bundesprojekt nur profitieren, um wirklich wirksame und zielgruppengerechte Strategien zu entwickeln“, so die Expertin für Drogenpolitik der SPD-Fraktion. „Die Freigabe von Cannabis kann so zu einem Win-Win für Bund und Berlin werden.“ Deshalb sei es gerade für die Absicherung des Jugend- und Gesundheitsschutzes in der Hauptstadt wichtig, ein klares Signal zu geben, um Modellregion zu werden.
Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis und der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen sollen in Deutschland künftig straffrei sein. Außerdem will die Bundesregierung den Anbau und die Abgabe der Droge in speziellen Vereinen ermöglichen. Dabei handelt es sich um überarbeitete Pläne der Ampelkoalition.
Der ursprünglich geplante freie Verkauf von Cannabis für Erwachsene in Fachgeschäften wird zunächst gestrichen. Er soll in einem zweiten Schritt und zuerst in Modellregionen mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden.







