Gipfeltreffen

Selenskyj bei Arabischer Liga: „Leider drücken einige hier in Ihrem Kreis ein Auge zu“

Bei ihrem jährlichen Gipfel befasst sich die Arabische Liga mit Konflikten und der Lage in ihrer Region. Jetzt taucht in Saudi-Arabien ein prominenter Überraschungsgast auf. 

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, trifft in Dschidda ein, um am 32. Gipfel der Arabischen Liga teilzunehmen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, trifft in Dschidda ein, um am 32. Gipfel der Arabischen Liga teilzunehmen.SPA/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Freitag nach Dschidda in Saudi-Arabien gereist. Seine Ankunft in dem Königreich bestätigte er per Twitter. Saudi-Arabien spiele eine „bedeutende“ Rolle, schrieb Selenskyj. „Wir sind bereit, unsere Zusammenarbeit auf eine neue Stufe zu heben.“

„Unsere Prioritäten sind die Rückkehr unserer politischen Gefangenen von der Krim und aus den zeitweilig besetzten Gebieten, die Rückkehr aller Gefangenen und gesetzwidrig Deportierten“, schieb Selenskyj. Im Fokus stünden außerdem „die Vorstellung unserer Friedensformel, zu deren Umsetzung möglichst viele Staaten hinzugezogen werden müssen“, sowie „die Garantie der Energiesicherheit im nächsten Winter“. Es gehe aber auch um den Schutz der islamischen Gemeinschaft der Ukraine.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine,  wird vom stellvertretenden Gouverneur der Provinz Mekka, Prinz Badr bin Sultan bin Abdulaziz Al Saud, bei seiner Ankunft in Dschidda zur Teilnahme am 32. Gipfel der Arabischen Liga empfangen.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, wird vom stellvertretenden Gouverneur der Provinz Mekka, Prinz Badr bin Sultan bin Abdulaziz Al Saud, bei seiner Ankunft in Dschidda zur Teilnahme am 32. Gipfel der Arabischen Liga empfangen.SPA/dpa

Die Reise nach Dschidda ist Selenskyjs erster Besuch in der Golfregion seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen sein Land im Februar des vergangenen Jahres. Seine Teilnahme am Gipfel der Arabischen Liga als Ehrengast sei „eine Erweiterung der Bemühungen Saudi-Arabiens zur Lösung der russisch-ukrainischen Krise“.

Der Besuch Selenskyjs ist von erheblicher Bedeutung, denn der Golfstaat Saudi-Arabien – der größte Ölexporteur der Welt – hat zuletzt seine Beziehungen zu China ausgebaut und seine Ölpolitik mit Russland abgestimmt. 

Selenskyj findet in Dschidda klare Worte

Viele arabische Länder pflegen gute Beziehungen mit Russland und bemühen sich im Ukraine-Krieg um Neutralität. „Leider drücken einige auf der Welt und hier in Ihrem Kreis ein Auge zu“, sagte Selenskyj in Dschidda. Einige Gipfelteilnehmer hätten „eine andere Ansicht zum Krieg gegen unser Land und bezeichnen ihn als Konflikt“.

Selenskyj hob hervor, wie sich der Krieg in der Ukraine auf Muslime auf der Halbinsel Krim ausgewirkt habe, die Russland 2014 annektiert hat. Die Krim habe als erstes „unter der russischen Besatzung zu leiden“ gehabt, sagte er. Bis heute seien „die meisten derjenigen, die auf der besetzten Krim Repressionen ausgesetzt sind, Muslime“.

Saudi-Arabien hat sich mehrfach als Vermittler im Ukraine-Krieg angeboten

Bereits bei seiner überraschenden Ankunft in Dschidda hatte Selenskyj im Online-Dienst Telegram mit Blick auf die Krimtataren geschrieben, er wolle auf den nötigen „Schutz der muslimischen ukrainischen Gemeinschaft“ auf der Krim hinweisen.

Der ukrainische Präsident dankte zudem dem saudiarabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman für die Unterstützung der „territorialen Integrität“ der Ukraine.

Arabische Diplomaten sagten, der Besuch Selenskyjs biete eine Gelegenheit, um über eine Lösung zu sprechen. Dabei könnten auch Wege zur Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew diskutiert werden. Saudi-Arabien bot sich mehrfach als Vermittler an.

Mögliche Begegnung von Selenskyj mit Russland-Verbündetem Assad

Die Arabische Liga wurde 1945 gegründet und zählt 22 Mitglieder. Ziele sind eine noch stärkere Zusammenarbeit etwa in Politik und Wirtschaft sowie die Schlichtung von Konflikten. Beim Gipfel der Organisation dürfte es unter anderem um die Lage im Sudan, im Jemen und in Syrien gehen. Inwieweit die Ukraine Thema wird, blieb zunächst unklar.

Interessant könnte vor allem eine mögliche Begegnung Selenskyjs mit Syriens Präsident Baschar al-Assad sein, der nach Jahren der Isolation erstmals wieder an einem Liga-Gipfel teilnimmt. Assad ist im syrischen Bürgerkrieg eng mit Russland verbündet, das zur Unterstützung der Regierungstruppen seit 2015 Ziele in Syrien bombardiert. Syrien war im März 2022 auch eines von nur fünf Ländern, die in der UN-Vollversammlung gegen eine Resolution stimmten, in der Russlands Invasion verurteilt und ein Truppenabzug gefordert wird.

Selenskyj wird an diesem Wochenende auch am Gipfeltreffen der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) in Hiroshima teilnehmen. Das bestätigte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüroselen, Andrij Jermak, am Freitagabend im ukrainischen Fernsehen. Selenskyj wolle sich in Hiroshima unter anderem mit US-Präsident Joe Biden treffen.