Berlin-Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ist vor dem Verwaltungsgericht am Donnerstag gescheitert. Er wird weder sein staatlich finanziertes Büro zurückbekommen noch seine aus Bundesministerien abgeordneten Mitarbeiter. Schröder habe keinen Anspruch auf Ausstattung eines Büros mit Personal, urteilte das Gericht.
In diesem Verfahren war einiges besonders. Der Umgang des Staates mit einem Alt-Kanzler zum Beispiel. Besonders ist aber auch der Umstand, dass mit Schröder zum ersten Mal ein ehemaliger Kanzler gegen den Staat geklagt hat, den er einst vertreten hat. Darüber hinaus ging es bei diesem Prozess allerdings auch um eine Art des Kontrollverlusts des Staates, der sich ganz grundsätzlich auf die Ausstattung der Büros für frühere Vertreter der Staatsspitze bezieht und für den Schröder nur ein Beispiel ist.
Der interessanteste Moment im Prozess Schröder gegen die Bundesrepublik Deutschland ereignete sich wohl am Donnerstag, als sich die erschienen Ministerialbeamten gegenseitig ratlos in die Gesichter blickten. Gerade hatte die Richterin nach dem Grad der Kontrolle des Schröder’schen Büros gefragt. Sie wollte wissen, wie es denn wohl um die Dienst- und Fachaufsicht über das Personal in Schröders Büro bestellt war – eine Pflicht, die beim Kanzleramt lag und liegt, also bei den anwesenden Beamten. Allerdings hatte sich das Treiben des Büros wohl über die Jahre verselbstständigt. Wie weit, darüber mussten die Beamten dann doch erst mal kurz nachdenken.
Ausstattung der Kanzlerbüros hat sich verselbstständigt
Es sind Szenen, wie diese, die Beobachter immer noch staunen lassen, wenn es um die Ausstattung der früheren Kanzler, Bundes-, Bundestags- und Bundestagsvizepräsidenten mit Büros, Fahrern, Referenten, Sachbearbeitern und Sekretären geht. Denn nicht nur Schröders Büro hat sich über die Jahre verselbstständigt, sondern auch die ganze Praxis, die ehemalige Staatsspitze zur weiteren Wahrnehmung staatlicher Aufgaben überaus üppig mit Personal zu versorgen.
Der Rechnungshof hatte das bereits 2018 gerügt. Seitdem ist die Ausstattung ein bisschen abgeschmolzen worden, jedenfalls für die Zukunft. Olaf Scholz wird nach seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt nur noch fünf Mitarbeiter erhalten. Alt-Kanzlerin Angela Merkel verfügt dagegen derzeit über neun Mitarbeiter – Personal, das über den Etat des Bundeskanzleramts abgerechnet wird. Bei Schröder waren es zuletzt noch vier. Gesetzlich geregelt ist nichts davon. Der Haushaltsausschuss des Parlaments genehmigt die Ausstattung „je nach Verhandlungsgeschick“, wie die Richterin am Donnerstag formulierte.
Aber ums große Ganze ging es vor dem Verwaltungsgericht nicht. Im großen Plenarsaal des Berliner Verwaltungsgerichts wurde nur die Klage Gerhard Schröders gegen die Bundesrepublik Deutschland verhandelt. Schröder will sein Büro zurück. Vor einem Jahr hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags festgestellt, dass Schröder, Kanzler a.D., keine Verpflichtungen mehr wahrnimmt und sein Büro formal ruhend gestellt. Das Personal wurde abgezogen. In einem Schreiben hatte das Bundeskanzleramt dann auch noch sämtliche Akten zurückgefordert.
Schröder klagte gegen die Ruhendstellung. Er verlangte seine Büroräume und sein Personal zurück. Im Übrigen bestritt er auch, dass er keine staatlichen Verpflichtungen mehr wahrnehme. Den Entzug der Privilegien hält er für rechtswidrig und berief sich auf die bisherige Staatspraxis, ein entstandenes Gewohnheitsrecht und den Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem Grundgesetz.
Aber indirekt ging es natürlich am Ende eben doch ums große Ganze. Eine Verwaltungsrichterin im Berliner Bezirk Tiergarten musste aufarbeiten, was der Gesetzgeber über Jahrzehnte nicht geregelt hat. Ist die Ausstattung ehemaliger Kanzler mit Büros und Mitarbeiter ein Gewohnheitsrecht, eine unrechtmäßige Praxis, eine persönliche Begünstigung durch den Staat oder was ist es sonst?
Nähe zu Wladimir Putin
Denn daran knüpft sich die zweite Frage in diesem Zusammenhang: Durfte der Staat in Gestalt des parlamentarischen Haushaltsausschusses Alt-Kanzler Schröder diese Privilegien einfach streichen, als seine unpassende Nähe zum kriegführenden Regime von Wladimir Putin zum Problem für Deutschland wurde oder nicht?
Putin spielte in der Klageschrift keine Rolle. Aber die geopolitischen Auseinandersetzungen schwangen selbstverständlich trotzdem mit bei diesem Verfahren. Das sorgte für Aufmerksamkeit. Alt-Kanzler Schröder ließ sich an diesem Tag durch zwei Anwälte vertreten. Er selbst erschien nicht im Gerichtssaal.
Am Ende scheiterte Schröder vor allem formal. Das Gericht sieht bei ihm keine Klagebefugnis. Seine Klage richte sich gegen den falschen Beklagten. Denn der Kläger habe die Räume von der SPD-Bundestagsfraktion und nicht von der beklagten Bundesrepublik Deutschland erhalten. Ein Anspruch auf Ausstattung eines Büros mit Mitarbeitern des Bundeskanzleramts stehe dem Kläger weder aus Gewohnheitsrecht noch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz zu.
In einer Mitteilung des Gerichts, die der Berliner Zeitung vorliegt, heißt es: „Es gebe zwar seit über 50 Jahren eine einheitliche und dauernde Übung, nach der Bundeskanzler a.D. ein Büro mit Stellenausstattung auf Lebenszeit erhalten, wobei Umfang und Wertigkeit der Stellen variierten. Es fehle aber an der erforderlichen Überzeugung der Beteiligten, dass die Bundeskanzler a.D. einen entsprechenden Anspruch haben.“ Im Übrigen würde andernfalls die verfassungsrechtlich garantierte Budgethoheit des Bundestages verletzt.








