Altkanzler

Gerhard Schröder verliert sein Büro: Kurzer Prozess im Haushaltsausschuss

Seit Wochen wird um Altkanzler Gerhard Schröder und seine Russlandtreue gestritten. Nun reicht ein einfacher Beschluss, um die Privilegien zu kassieren.

Gerhard Schröder im vergangenen Dezember.
Gerhard Schröder im vergangenen Dezember.imago

Gerhard Schröder hat es sich am Ende mit allen gleichermaßen verdorben. Mit seiner eigenen Partei – Bundesinnenministerin Nancy Faeser will ihn aus der Partei werfen. Dann mit der regierenden Ampel-Koalition, die nur noch genervt auf die Russlandtreue des Altkanzlers reagiert. Natürlich auch mit der Union. Und mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung sowieso. Sogar das Europa-Parlament will gegen ihn vorgehen – im Rahmen der Sanktionen.

Repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland sollen ehemalige Kanzler und Bundespräsidenten nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt agieren. Dafür erhalten sie weiterhin ein Büro und Mitarbeiter. In Schröders Fall war da allerdings schon lange nichts mehr repräsentativ.

In Berlin verliert Schröder jetzt erst einmal sein Büro und die verbliebenen Mitarbeiter. Dafür werden die Ampel-Koalitionäre am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Bundestags sorgen. Für Schröders Büro haben sie extra einen neuen Status erfunden. Sein Büro soll als „ruhend“ eingestuft werden.

„Gerhard Schröder nimmt keine fortwirkende Verpflichtung aus dem Amt als ehemaliger Bundeskanzler mehr wahr. Somit entfällt der Grund für die personelle und räumliche Ausstattung des ehemaligen Bundeskanzlers“, heißt es in dem Antrag, der der Berliner Zeitung vorliegt. Die jetzt noch beschäftigten Mitarbeiter sollen das Büro nur noch abwickeln und anschließend „anderweitige Aufgaben“ wahrnehmen, die nichts mehr mit dem Büro zu tun haben.

Gerhard Schröders Mitarbeiter sind Staatsbedienstete

Für den Steuerzahler geht es dabei um Gehälter für Mitarbeiter nach Tarifen im öffentlichen Dienst zwischen insgesamt 400.000 und 500.000 Euro jährlich. Dazu kommen Reisekosten, die auf Antrag gezahlt werden, Material sowie die Nutzung weiträumiger Büroflächen im Bundestagsbestand.

Einige Mitarbeiter waren ja schon vor Wochen abgezogen worden – jene, die aus Ministerien für die Arbeit bei Schröder abgeordnet gewesen waren. Nun entfällt noch das Gehalt für die letzten Verbliebenen, darunter ein Chauffeur.

Dem Kanzler a.D. Gerhard Schröder bleibt dann nur noch der Personenschutz durch das Bundeskriminalamt. Der richtet sich nach der Sicherheitslage. Im Regelfall sind dafür drei Personenschützer abgestellt. Außerdem erhält er weiter ein Ruhegehalt in Höhe von etwa 15.000 Euro. Denn dieser Anspruch ist anders als die Büroausstattung im Ministergesetz geregelt und kann gar nicht per Beschluss des Haushaltsausschusses so einfach gekippt werden, wie es die Unionsfraktion in einem eigenen Antrag fordert.

Die fehlende gesetzliche Grundlage für die Personal- und Büroausstattung ehemaliger Regierungschefs war in der Vergangenheit oft kritisiert worden. Der Bundesrechnungshof hatte bereits 2018 eine verschwenderische Praxis mit zwei dicken Gutachten moniert. Die ehemaligen Oppositionsfraktionen Grüne, FDP und Linkspartei hatten daraufhin sogar einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die Privilegien drastisch beschneiden sollte, waren aber an CDU und SPD gescheitert, die alle bisherigen Kanzler der Bundesrepublik gestellt haben.

In Bezug auf Schröder war der Handlungsdruck jetzt einfach zu groß. Die Ampel geriet durch den Unions-Antrag zusätzlich unter Zwang. Schröder wird es verschmerzen können.

Er  war von 1998 bis 2005 Bundeskanzler. Kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Amt übernahm er Aufgaben unter anderem für die Pipeline-Gesellschaft Nord Stream AG, die russische Gazprom und den Energiekonzern Rosneft. Als er sich davon nach Kriegsbeginn nicht löste, forderte ihn die SPD-Spitze zum Parteiaustritt auf. Aus Ortsverbänden kamen Anträge auf Parteiausschluss.

Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler: „Nur noch ein Lobbyist“

Schröder sei „nur noch als Lobbyist für russische Staatsunternehmen tätig, nicht mehr im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe daher keine Veranlassung mehr, ihm auf Staatskosten Büro und Mitarbeiter zu finanzieren.

Zeit für ein Gesetz

Von Julia Haak

20.01.2022

Bei einer „Lex Schröder“ soll es allerdings nicht bleiben, versichern die haushaltspolitischen Sprecher der Ampel-Fraktionen, Dennis Rohde, Sven-Christian Kindler und Otto Fricke. „Die Ausstattung für ehemalige Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler soll künftig nicht mehr statusbezogen sein, sondern sich an den fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt orientieren“, teilten sie schriftlich mit.

Wenn es allerdings nicht bei einer „Lex Schröder“ bleiben soll, müsste sich die Koalition tatsächlich noch einmal umfassender mit der Versorgung der ehemaligen Kanzler und Bundespräsidenten befassen und sie tatsächlich per Gesetz regeln.

Nach der Kritik durch den Rechnungshof hatte der Haushaltsausschuss die Regelungen für die Ausstattung zwar schon mal verändert. Es sollten nur noch fünf Mitarbeiter sein und nicht neun wie bisher. Auch die Höhe der Gehälter sollte sinken. Als aber dann Angela Merkel ihren Abschied nahm, hieß es plötzlich, das gelte erst ab dem nächsten Kanzler. Das wäre dann Olaf Scholz.