Das Nato-Großmanöver „Air Defender 2023“ ist am Montagmorgen offiziell gestartet. Unter deutscher Führung nehmen bis zum 23. Juni 25 Länder an der Übung teil. Laut Bundeswehr sind dafür etwa 10.000 Soldatinnen und Soldaten und 250 Flugzeuge im Einsatz. Damit ist „Air Defender 2023“ das größte Luftwaffenmanöver seit Bestehen der Nato.
Einige Ziele der großen Luftwaffenübung sind nach Angaben der Luftwaffe bereits erreicht. Es habe gezeigt werden sollen, dass binnen weniger Tage Verstärkung von verbündeten Luftstreitkräften nach Deutschland verlegt werden könne, sagte der Abteilungsleiter Einsatz der Luftwaffe, Frank Gräfe, am Montag in Mainz. Das sei gelungen. Erste Maschinen aus den USA seien binnen weniger Stunden in Deutschland gewesen. „Die komplette Verlegung von über 100 Flugzeugen aus den USA hat nur wenige Tage gedauert“, sagte der Brigadegeneral. Zum anderen habe Deutschland seine Fähigkeit als logistische Drehscheibe nachweisen wollen. Auch das funktioniere.
Trainiert werden soll, wie ein fiktiver Angriff eines östlichen Angreifers von den Nato-Verbündeten zurückgeschlagen wird. Die erste Idee für das Manöver ist der Luftwaffe zufolge schon 2018 entstanden, also noch vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine im Jahr 2022.
Aufgrund der Größe und Position Deutschlands in Europa sei es wichtig gewesen, „die Dinge auch in die Hand zu nehmen“. „Wir nennen das Rahmen-Nation – eine Führungsrolle zeigen“, sagte der Inspekteur der Deutschen Luftwaffe, Ingo Gerhartz. Die Übung richte sich dabei gegen niemanden speziell, sie sei jedoch vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs auch als „Rückversicherung“ an die östlichen Bündnispartner gedacht.
Auswirkungen auf zivile Luftfahrt: Zunächst keine Folgen am BER
Unterschiedliche Einschätzungen gab es im Vorfeld zu den Beeinträchtigungen des zivilen Flugverkehrs. „Das wird sich maximal im Minutenbereich bewegen“, hatte Gerhartz zuvor zu möglichen Verspätungen von Flügen gesagt. Zudem laufe die Übung vor der großen Urlaubsreisewelle. Die Fluglotsengewerkschaft GdF hatte eine andere Prognose aufgestellt. Die Militärübung „wird natürlich massive Auswirkungen auf den Ablauf der zivilen Luftfahrt haben“, sagte ihr Vorsitzender Matthias Maas.
Kurz nach ihrem Beginn der Übung gab es zunächst keine Folgen für den Passagierverkehr am Flughafen Berlin-Brandenburg. „Der Montag läuft bisher wie ein normaler Verkehrstag, bisher gibt es keine nennenswerten Auswirkungen für Passagiere“, teilte eine Sprecherin des Flughafens der Deutschen Presse-Agentur mit. „Inwieweit und in welchem Umfang es im Laufe des Tages zu Verspätungen durch das Nato-Manöver „Air Defender“ kommt, können wir bislang nicht abschätzen.“ Der Flughafen rechnet für Montag mit etwa 76.000 Passagieren und rund 500 Flugbewegungen.
Nato-Übung „Air Defender“: Diese drei Lufträume sind direkt betroffen
Von der Übung sind drei Lufträume in Deutschland direkt betroffen: über Teilen Norddeutschlands und der Nordsee, Teilen Ostdeutschlands und der Ostsee sowie Teilen Südwestdeutschlands.
In den Übungsgebieten über Ostdeutschland wird den Angaben zufolge zwischen 10 und 14 Uhr geübt, über Süddeutschland zwischen 13 und 17 Uhr sowie über Norddeutschland zwischen 16 und 20 Uhr. Nachts und am Wochenende sollen keine Übungsflüge stattfinden.
US-Botschafterin Amy Gutmann hatte aber deutlich gemacht, dass die Übung auch ein Signal der Stärke an den russischen Präsidenten Wladimir Putin sendet. „Es würde mich sehr wundern, wenn irgendein Staatsoberhaupt der Welt nicht zur Kenntnis nehmen würde, was dies (das Manöver) in Bezug auf den Geist dieses Bündnisses, das heißt die Stärke dieses Bündnisses, zeigt. Und das schließt Herrn Putin ein.“
Eine Auftaktveranstaltung von „Air Defender 2023“ ist für Montagmittag auf dem Militärflugplatz Wunstorf bei Hannover geplant, der als Logistik-Drehkreuz für das Manöver dient. Dort werden der Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, der Inspekteur der Streitkräftebasis, Generalleutnant Martin Schelleis, sowie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erwartet.

Hunderte Menschen demonstrierten gegen „Air Defender“
Auf dem Militärflugplatz Wunstorf laufen die Vorbereitungen seit Monaten: Unter anderem wurde ein mobiles Tanklager mit einer Kapazität von 2,4 Millionen Litern Kerosin errichtet – zusätzlich zum stationären Lager mit 1,8 Millionen Litern Fassungsvermögen.
Wunstorf wurde in den vergangenen Tagen immer wieder von riesigen Transportflugzeugen der US Air Force angeflogen, die Soldaten und Material nach Deutschland brachten. Außerdem sind dort die A400M-Transporter der Luftwaffe stationiert. Die Lärmbelastung dürfte sich in diesem Teil Deutschlands trotzdem in Grenzen halten: Zum einen sind die Transportflugzeuge deutlich leiser als die Kampfjets, die Wunstorf nur im Ausnahmefall anfliegen werden. Zum anderen fand der Tag mit den meisten Flugbewegungen in Wunstorf wegen der Rolle als Logistik-Hub schon gut eine Woche vor dem Manöver statt.



