Kommentar

Was denken Berliner über die Letzte Generation und den Klimawandel? Zeit zu reden!

Kein Thema ist drängender und wichtiger als der Klimawandel. Was sind Berliner bereit zu tun, um die Erderwärmung zu bremsen? Ein Kommentar.

Retten erneuerbare Energien Berlin vor der Klimakrise?
Retten erneuerbare Energien Berlin vor der Klimakrise?Berliner Zeitung/Uroš Pajović

Keine Frage sollte uns heute so intensiv beschäftigen wie die Klimafrage. Die Erderwärmung ist das größte Problem der Menschheit, die zentrale Herausforderung für die Zivilisation und zugleich eine Herausforderung, die sich nur global lösen lässt. Das Bizarre: Wir als Menschheit könnten, wenn wir wollten, den Klimawandel nachhaltig bremsen, aber wir tun es nicht. Die weltweite Industrialisierung und der individuelle Wohlstand wiegen zu schwer, als dass sich radikale Reformen in der Bevölkerung durchsetzen ließen. 

Die Berliner Zeitung will die Diskussion um den Klimawandel in dieser Stadt intensiv begleiten. Insbesondere im Zuge des Wahlkampfs für die Abgeordnetenhauswahl soll die Frage erörtert werden: Was ist die Stadt Berlin, und was sind jede Berlinerin und jeder Berliner bereit zu tun, um den Klimawandel zu stoppen? Inwiefern ist Verzicht ein Teil der Lösung? Kann die fokussierte Investition in erneuerbare Energien uns retten? 

Berlin: Umerziehungscamp für grüne Verkehrspolitik?

Die Protestierenden der Letzten Generation wollen auch auf diese Fragen hinweisen, allerdings mit kontroversen Mitteln. Ihre Aktionen polarisieren. Das merken wir in der täglichen Berichterstattung, aber auch in den Konferenzen in der Redaktion. Die Blockaden spalten die Berliner. Ist es legitimer ziviler Ungehorsam? Oder eine unzumutbare Störung des Alltags? Aber nicht nur darüber wird gestritten. Auch die politischen Methoden der Grünen – etwa in der Verkehrspolitik (Beispiel: Bergmann- oder Friedrichstraße) – lösen regelmäßig Kontroversen aus.

Der Ausbau von Fahrradstreifen auf Berliner Straßen spaltet die Menschen und zeigt, wie schwer es ist, Klimapolitik auf ganz lokaler Ebene mehrheitsfähig zu machen und pluralistische Interessen gesamtgesellschaftlich zu befriedigen. Im Umkehrschluss heißt die Frage also: Wie lässt sich eine gesellschaftliche Spaltung vermeiden? Bei Fahrradfahrern herrscht Freude über die bessere Fahrrad-Infrastruktur. Autofahrer fühlen sich drangsaliert und haben das Gefühl, das Berliner Straßennetz werde zum Umerziehungscamp für grüne Verkehrspolitik umfunktioniert.

Ungemütliche Fragen an Berliner

Ich selbst saß vor Kurzem in einem Berliner Taxi, dessen Fahrer sich emotional empörte über die vielen neuen Tempo-30-Zonen und die vermehrte Verengung von Fahrbahnen. Was mich überraschte, war der echte Zorn, den ich aus der Stimme dieses Berliners herauszuhören glaubte. Ich hatte das Gefühl, mit einem Menschen zu sprechen, der sich von der Politik nicht abgeholt fühlt, den echte Wut umtreibt, der Eindruck des Abgehängtseins.

Umso mehr scheint uns in der Redaktion die Notwendigkeit gegeben, trotz des Ukraine-Krieges und trotz der vielen dringlichen Probleme von Energiekrise bis hin zur Flüchtlingskrise dem Thema Klimawandel besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Daher haben wir einen Klima-Fragebogen entworfen, der unterschiedlichen Berlinern ungemütliche Fragen stellt. Wir wollen wissen, wie Politiker, Künstler, Intellektuelle, aber auch ganz normale Durchschnittsberliner mit den Gewissenskonflikten der Klimakrise umgehen, wie sie zu den Protesten der Letzten Generation stehen, ja, wie wichtig ihnen das Thema überhaupt ist.

Die unterschiedlichen Antworten und Einsichten der Befragten wollen wir in den nächsten Wochen mit Ihnen teilen. Wir würden uns freuen, wenn auch Sie Interesse zeigen und mit uns in die Debatte gehen: Was sind wir bereit zu tun, um den Klimawandel zu stoppen? Denn diese Frage muss sich jeder Einzelne von uns stellen. 

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! briefe@berliner-zeitung.de