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Von Berlin nach jwd: Wie die Feldbahn nach Mauritius kam

Ein Stück Berliner Industriegeschichte steht im Zuckermuseum auf Mauritius. Wie die kleine Feldbahn aus Spandau in den Indischen Ozean kam.

So sauber und schick wie hier auf Mauritius waren Feldbahnen selten. Sie waren eher schmutzig von der schweren Arbeit.
So sauber und schick wie hier auf Mauritius waren Feldbahnen selten. Sie waren eher schmutzig von der schweren Arbeit.Susanne Dübber/Berliner Zeitung

Neulich im Urlaub jwd auf Mauritius, mitten im Indischen Ozean, traf ich eine waschechte, geborene Berlinerin. Was für eine Überraschung – rund 9000 Kilometer von unserer gemeinsamen Heimatstadt entfernt! Wie kommt die kleine Dampflokomotive, gebaut 1920 bei der Berliner Firma Orenstein & Koppel, auf die Insel im Indischen Ozean? Das erläuterte mir jetzt Lars Quadejacob vom Technikmuseum in Kreuzberg.

Im Lokschuppen 2 zeigte er mir eine ähnliche Dampflok – Feldbahnen nennt man die knapp fünf Meter langen Minis. Hier im Museum zieht sie eine Lore mit Abbruchsteinen. Erinnerung an die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland. „Feldbahnen transportierten den Schutt der zerstörten Häuser.“

Der Vorteil der Minis: ihre geringe Spurweite von um die 600 Millimeter. „Sie macht die Schmalspurbahnen besonders wendig und damit flexibel einsetzbar auch in hügeligem Gelände.“ Lars Quadejacob deutet auf die Schienen und nennt einen weiteren Grund für die weltweite Beliebtheit: „Sie sind besonders leicht, vier Männer können sie gut tragen und schnell verlegen.“

Die Bahnen sind robuste Arbeitstiere, lenk- und mit Kohle versorgbar von nur einer Person, gemächlich zuckelnd, mit maximal 40 Kilometern pro Stunde beim Torfabbau, im Tagebau, in Lagern, Bergwerken, vor allem zu den Schützengräben im Ersten Weltkrieg.

Und in den Zuckerrohrplantagen auf Mauritius. 1858 gab es 259 Zuckerfabriken, heute sind es nicht einmal mehr eine Handvoll. So kam die Berlinerin auf Rente ins Zuckermuseum von Mauritius.

Ein bedeutendes Kapitel Berliner Industriegeschichte

Dort erzählt sie auch von einem bedeutenden Kapitel Berliner Industriegeschichte. 1876 wurde die Firma Orenstein & Koppel in Schlachtensee gegründet. Feldbahnen waren lange Zeit ein großer Anteil der Produktion in Spandau und Potsdam. Lars Quadejacob berichtet: „Aufgrund der geringen Größe der Maschinen haben sich weltweit relativ viele Feldbahn-Dampfloks erhalten. Laut einer englischen Website sollen heute sogar noch 848 O&K-Loks existieren.“

Bis 2005 war der Name Orenstein & Koppel in der Berliner Industrie wichtig. Feldbahnen waren schon seit dem Ende der 20er-Jahre weniger produziert worden, Lkw hatten sie abgelöst. Maschinenbauer O & K fertigte in Spandau S- und U-Bahnen, Lokomotiven, Rolltreppen (Palast der Republik!), Bagger.

Im Lokschuppen 1 des Technikmuseums steht eine weitere Feldbahn. Sie war Teil der Eisenbahnbrigade von 1918/19. Was sie außer Munition transportierte, verrät der Blick in den danebenstehenden Sanitätswagen. Darin liegt eine Bahre.