Verkehr

Unterirdisch zum Hauptbahnhof: Neue S-Bahn-Strecke geht 2023 in Betrieb

Berlin bekommt noch eine Nord-Süd-Verbindung. Nach einer weiteren Verzögerung gibt die Bahn einen neuen Termin bekannt. Es ist ein kniffliges Projekt.

Die S-Bahn-Baureihe 483/484 ist der jüngste Fahrzeugtyp des DB-Tochterunternehmens. Züge dieser Art sollen auf der S15 zwischen Gesundbrunnen, Wedding und Hauptbahnhof verkehren.
Die S-Bahn-Baureihe 483/484 ist der jüngste Fahrzeugtyp des DB-Tochterunternehmens. Züge dieser Art sollen auf der S15 zwischen Gesundbrunnen, Wedding und Hauptbahnhof verkehren.imago/Jürgen Heinrich

Manche Dinge dauern eben etwas länger. Für die Eröffnung der nächsten S-Bahn-Strecke in Berlin gibt es einen neuen, späteren Termin. Auf der Trasse zwischen Wedding und Hauptbahnhof soll der Betrieb nun im Dezember des nächsten Jahres beginnen. Das teilte die Deutsche Bahn (DB) der Berliner Zeitung auf Anfrage mit. Die Strecke ist das erste Teilstück der geplanten zweiten Nord-Süd-S-Bahn, mit der sich die Erreichbarkeit der Innenstadt verbessern soll. Zuletzt hieß es, dass der erste Zug auf diesem Abschnitt zum Fahrplanwechsel Ende 2022 fährt. Doch es kam einiges dazwischen, so die Bahn.

„Der Zugverkehr auf dem ersten Teilstück der neuen City-S-Bahn startet im Dezember 2023“, sagte ein Bahnsprecher. „Wie bereits Anfang des Jahres kommuniziert, musste die eigentlich für Dezember 2022 geplante Inbetriebnahme verschoben werden.“ Schuld seien „Auswirkungen der Pandemie“. „Lieferengpässe beim Material und Mangel bei Fachpersonal machten die Terminanpassung nötig“, teilte der Sprecher mit. Aktuell gingen die Arbeiten voran, hieß es weiter. So wurde etwa das erste durchgehende Gleis auf der Strecke verlegt, das Tunnel und Rampenbauwerk zur Brücke verbindet.

Der Hauptbahnhof soll eine Nord-Süd-Verbindung bekommen. Die City-S-Bahn wird unterm Europaplatz halten.
Der Hauptbahnhof soll eine Nord-Süd-Verbindung bekommen. Die City-S-Bahn wird unterm Europaplatz halten.imago/Kirchner-Media

Erst hieß das Projekt S21. Doch weil dieser Name zu sehr an das teure Pannenprojekt Stuttgart 21 erinnert, schwenkten die Verantwortlichen bei der DB auf City-S-Bahn um. Der erste Bauabschnitt, insgesamt 3,9 Kilometer lang, sieht auf dem Stadtplan wie der Buchstabe Y aus. Die beiden oberen Äste schließen an den Nordring an, genauer gesagt an die Ringbahnhöfe Westhafen und Wedding. Am Fuß befindet sich der Hauptbahnhof, der aus Norden künftig besser erreichbar werden soll.

Lange Zeit hieß es, dass der Betrieb 2017 beginnen soll. Doch dann tauchten immer neue Probleme auf. Nun soll es Ende 2023 losgehen. Die Züge der Linie S15, die ihre Fahrt am Gesundbrunnen starten werden, rollen ab Wedding zunächst oberirdisch durch diesen Teil von Mitte. Nicht weit vom Hauptbahnhof entfernt taucht die neue Strecke dann in einen Tunnel ab. Die Fahrt endet im Untergrund nördlich der Invalidenstraße an einem provisorischen Seitenbahnsteig, der 75 Meter lang sein wird. Auf der neuen Linie S15 sollen Vier-Wagen-Züge der neuesten S-Bahn-Baureihe 483/484 verkehren.

Am Brandenburger Tor wird eine Baugrube klaffen

Die ersten Erweiterungen des Angebots sind absehbar. So soll als Nächstes der Streckenast zum S-Bahnhof Westhafen in Betrieb gehen. Dafür war bislang 2026 im Gespräch. Dort soll sich die S46 aus Königs Wusterhausen/Westend einfädeln. Auch eine Verbindung vom geplanten Campus Siemensstadt 2.0 zum Hauptbahnhof ist denkbar.

Beide Äste werden an der Perleberger Brücke im Norden von Moabit Haltepunkte bekommen. Davon profitieren nicht nur Bewohner der benachbarten Europa-City an der Heidestraße und der Altbauviertel im Umkreis. Der neue S-Bahnhof wird auch dem Umsteigeverkehr von und zu den Bussen der BVG dienen.

Wie berichtet soll die neue S-Bahn-Strecke nach Süden weitergeführt werden. Der geplante zweite Bauabschnitt, der rund 1,9 Kilometer lang wird, unterquert die Spree. Dann teilt sich das Bauwerk auf. Eine Tunnelröhre führt östlich, die andere westlich um das Reichstagsgebäude herum. Die Streckenvariante 12h sieht vor, dass die Bahn zum Sitz des Bundestags mindestens 7,40 Meter Abstand hält. Fußgänger und Autofahrer müssen mit Umwegen und Sperrungen rechnen. Im Bereich Dorotheenstraße/Scheidemannstraße/Brandenburger Tor entsteht eine Baugrube. Die heutige Nord-Süd-S-Bahn wird lange gesperrt – erste Berechnungen gingen von 22 Monaten aus.

Wie geht es weiter mit dem Denkmal im Tiergarten?

Noch nicht abschließend geklärt ist die Streckenführung im Bereich des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas. Außerhalb des Denkmalgeländes im Großen Tiergarten wären laut Bahn sieben Bäume zu fällen, außerdem müsste am Rand ein Versorgungsschacht verlegt werden. Initiativen schätzen aber ein, dass die Arbeiten den Gedenkort in weitaus größerem Ausmaß beeinträchtigt würden. Für den Schacht müsse ein offenes Baufeld von etwa sieben mal 15 Meter entstehen, das bis 6,70 Meter an die Brunnenschale des Denkmals heranreicht, hieß es.

Der dritte Bauabschnitt führt zu den beiden S-Bahnhöfen an der Yorckstraße in Kreuzberg. Eine Kurve zum Bahnhof Südkreuz wird ebenfalls dazugehören. Allerdings wird es noch 15 Jahre dauern, bis die Strecke komplett ist. Laut Bahn werde dieses Teilstück wohl erst 2037 in Betrieb gehen – wenn alles klappt.