Mobilität

Wasserschaden im U5-Tunnel: Wie es dazu kam, kann die Senatorin nicht sagen

Ein Hochhausbauprojekt hat den U2-Bahnhof unterm Alexanderplatz in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt wird geprüft, warum es auch in der U5 eine Havarie gibt.  

Der Wasserschaden am Bahnsteig der U5 unterm Alexanderplatz. Über einem ungenutzten Gleis tropft es durch die Decke. Die Covivio-Baugrube ist wenige Meter entfernt, die U2 verläuft darüber.
Der Wasserschaden am Bahnsteig der U5 unterm Alexanderplatz. Über einem ungenutzten Gleis tropft es durch die Decke. Die Covivio-Baugrube ist wenige Meter entfernt, die U2 verläuft darüber.Peter Neumann/Berliner Zeitung

Der Senat kann nicht sagen, warum unter dem Alexanderplatz auch im Tunnel der U-Bahn-Linie 5 ein Schaden aufgetreten ist. „Dazu gibt es keine Erkenntnisse“, sagte die Senatorin Manja Schreiner am Mittwochnachmittag im Ausschuss für Mobilität und Verkehr des Abgeordnetenhauses. „Wasser sucht sich seinen Weg“, gab die CDU-Politikerin zu bedenken. Doch wie es zu dem Wasserschaden im U5-Tunnel kam, müsse jetzt erst einmal untersucht werden. „Das müssen wir den Technikern überlassen.“

Die Grünen-Abgeordnete Antja Kapek hatte den Senat während der aktuellen Viertelstunde gefragt, ob nach dem U2-Bahnhof auch die ebenfalls unterirdische U5-Station unter dem Alexanderplatz durch das benachbarte Hochhausbauprojekt der Covivio in Mitleidenschaft gezogen worden sei. „Die Sorge ist groß, dass es auch dort zu Einschränkungen kommt“, sagte die Verkehrspolitikerin im Ausschuss und fragte: „Können Sie ausschließen, dass es wie bei der U2 zu Sperrungen kommt?“

Zur U5 unterm Alexanderplatz lägen zum jetzigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse vor, bekräftigte die Senatorin. „Ich möchte mich an Spekulationen nicht beteiligen.“ Wie berichtet ist der Wasserschaden am nordöstlichen Ende des Bahnsteigs in Richtung Hauptbahnhof aufgetreten. Ein Teil des Bahnsteigs ist abgesperrt. Feuchtigkeit tropft durch die Ecke, es sieht aus wie in einer (wenn auch jungen) Tropfsteinhöhle.

BVG und Covivio bekräftigen: U2 soll im August wieder normal fahren

Die Covivio-Baugrube liegt rund fünf Meter entfernt, der U2-Bahnhof verläuft über dem geschädigten Bahnsteigbereich. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schließen offenbar nicht aus, dass das Covivio-Projekt auch mit dieser Havarie zu tun hat. „Die Ursachenklärung ist noch nicht abgeschlossen. Der U-Bahn-Betrieb oder die allgemeine Sicherheit sind durch den Wasserschaden nicht beeinträchtigt“, teilte ein BVG-Sprecher mit.

Der Bahnhof der U2 unter dem Alexanderplatz in Mitte. Seit dem vergangenen Oktober ist das Gleis in Richtung Pankow wegen einer Tunnelsetzung gesperrt. Ein Bild aus dem Dezember, der Zaun steht immer noch.
Der Bahnhof der U2 unter dem Alexanderplatz in Mitte. Seit dem vergangenen Oktober ist das Gleis in Richtung Pankow wegen einer Tunnelsetzung gesperrt. Ein Bild aus dem Dezember, der Zaun steht immer noch.Sabine Gudath

Was die seit Herbst 2022 teilweise gesperrte U2 anbelangt, so hielten die BVG und der Investor Covivio an dem bisher genannten Termin fest, sagte Manja Schreiner am Mittwoch im Ausschuss. Danach soll nach der Stabilisierung des U-Bahn-Tunnels Ende August 2023 nach den Sommerferien das Gleis in Richtung Pankow wieder für den Zugbetrieb freigegeben werden. Die erforderlichen Nachweise liegen der Technischen Aufsichtsbehörde bisher nicht vor. Doch sie gehe davon aus, dass das, was BVG und Covivio mitteilen, auch stimmt, sagte Schreiner.

Wie berichtet ist der Tunnelschaden neben der Covivio-Baustelle auf dem Grundstück Alexanderplatz 7 entstanden. Ein Luxemburger Ableger des französischen Immobilienunternehmens ist Bauherr eines Hochhauskomplexes, dessen markantester Bestandteil zwei 130 Meter hohe Zwillingstürme sein sollen. Starker Grundwasserdruck führte dazu, dass sich die Wand der 17 Meter tiefen Baugrube, die nur zwei Meter vom U-Bahnhof entfernt ist, im vergangenen Jahr deutlich einzudellen begann. Folge war, dass das Erdreich ins Rutschen kam, die U-Bahn-Station sackte ab. Mit der Zeit geriet das 1913 fertiggestellte unterirdische Bauwerk aus unbewehrtem Beton so unter Stress, dass Risse entstanden und Grundwasser eindrang.

Sind die Schäden an den U-Bahn-Tunneln gravierender als kommuniziert?

Als die Setzung mit 3,5 Zentimetern einen bedenklichen Wert erreichte, kamen die landeseigenen Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und die Technische Aufsichtsbehörde des Senats überein, das Gleis in Richtung Pankow zu sperren. Seit dem 7. Oktober 2022 gibt es zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz Pendelverkehr im 15-Minuten-Takt. Weil sich die Fahrzeit auch durch Umsteigezwänge spürbar verlängert hat, sind viele Stammfahrgäste auf andere Strecken oder Verkehrsmittel ausgewichen. Die Zahl der U2-Nutzer hat sich in diesem Bereich mindestens halbiert, Bewohner des Berliner Nordostens fühlen sich abgehängt. Inzwischen hat die Setzung 3,8 Zentimeter erreicht.

Schon im Januar 2023 gab es Befürchtungen, dass die Schäden an dem U-Bahnhofsbauwerk gravierender sind als bisher kommuniziert. „Wenn ein mehr als hundert Jahre alter Tunnel in einem solchen Umfeld erst einmal in Bewegung kommt, können sich die Schäden als weitreichender herausstellen“, sagte ein U-Bahn-Experte der Berliner Zeitung. Zudem könne sich erneut erweisen, wie tückisch der Untergrund im Berliner Urstromtal ist, warnte er.  

Es sei denkbar, dass am Ende „nur ein Neubau die U2 rettet“, hieß es damals. Dann müsste der Tunnel inklusive Bahnhof wie nach dem U-Bahn-Brand in der benachbarten Abstellanlage 1972 neu errichtet werden. Damals, zu DDR-Zeiten, dauerten diese Arbeiten etwas mehr als zweieinhalb Monate. Angesichts der jetzigen Rechtslage würde ein Tunnelneubau heute deutlich länger dauern, so der Experte.

Experte befürchtet „Totalschaden“

Inzwischen hat die Covivio damit begonnen, den Untergrund unter dem U2-Bahnhof mit Zementemulsion zu stabilisieren. Geplant ist, das Bauwerk durch weitere Einspritzungen zu heben. Weiterhin gilt die Ankündigung, dass die U2 Ende August 2023 nach den Sommerferien wieder auf beiden Gleisen verkehren und sich der U-Bahn-Verkehr normalisieren soll. Die eigentliche Tunnelsanierung soll danach beginnen.

Allerdings sind wie berichtet erneut Bedenken laut geworden, ob sich das Versprechen einlösen lässt. „Offenbar gibt es mehrere Versionen zu diesem Thema“, sagte ein Beobachter, der sich seit Monaten mit dem Vorhaben befasst, am Freitag der Berliner Zeitung. Er jedenfalls höre „nichts Gutes“ von der U2 unter dem Alexanderplatz, berichtete er. Ein Gesprächspartner habe sogar von einem „Totalschaden“ gesprochen, sagte er. Nach dessen Darstellung seien Tunneldecke und Tunnelwände zum Teil nicht mehr miteinander verbunden. Von Brüchen im Beton ist die Rede. Die Debatte über den Wasserschaden im U5-Tunnel nährt nun weitere Bedenken: Was ist los unterm Alex?