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390 Minuten Verspätung: Warum Schwimmen vor der Bahnfahrt cool ist

In Basel sind Springbrunnen und der Fluss Rhein zum Baden freigegeben. So erfrischt man sich, um bei Verspätung auf der Heimfahrt cool zu bleiben.

In Basel ist das Baden in den städtischen Springbrunnen erwünscht und abkühlend.
In Basel ist das Baden in den städtischen Springbrunnen erwünscht und abkühlend.Susanne Dübber/Berliner Zeitung

Der Bahnhof heißt Basel Bad, und das ist ein gutes Omen. Hatte ich doch vor der Abfahrt nach Berlin früh am Morgen um 7.30 Uhr ein Bad genommen. Dafür stehen in der Schweizer Stadt sowohl die Springbrunnen als auch der Fluss Rhein zur Verfügung. Gut durchgekühlt ließen sich am heißen Sommertag 390 Minuten Verspätung cool überstehen.

Es ist eine dieser Geschichten von Bahn-Desastern, die man heutzutage ständig erlebt. Aber auch diese hat ihre interessanten Details. Wie das von der Bundespolizei, deren muskulöse, große Männer mit den markigen Worten „Das ist nicht unser Hoheitsgebiet, aber wir gehen da jetzt mal raus“ aus dem Gebäude (der Bahnhof steht auf Schweizer Gebiet, gehört aber Deutschland) mit festem Schritt hörbar auf die Straße traten.

Dort warteten seit mehreren Dutzend Minuten mehrere Hundert Menschen eng aneinandergepresst auf klare Ansagen. Wie sollte es weitergehen, nachdem plötzlich am Sonntagvormittag kein Zug mehr abfuhr nach Deutschland? Die starken Männer am Bürgersteigrand konnten zwar nicht helfen, aber wachten mit strengen, ernsten Blicken darüber, dass niemand unter die vorbeifahrenden Autos geriet.

Eine weitere Anekdote dieses Abenteuers: Zwei Reisebusse bildeten den kompletten Schienenersatzverkehr. Natürlich stürmten wir Wartenden hinein. Dabei zerrte ich meine Reisebegleitung am Arm mit, ein dicker Mann drängte sich dazwischen, wir kreischten grell, er wich zurück, wir Schlankeren flutschten fix rein in den Bus.

Für Schmunzeln sorgen, ob im ICE oder im Regio, auch immer wieder die unschuldig gequälten Bahn-Mitarbeiter. Ihre Performance in Stresssituationen wirkt trotz gewohnter Malaise eher mitleiderregend als durchsetzungsstark und orientiert. Dies versuchen sie auszugleichen durch autoritäre, teils wirre Ansagen. „Wenn nicht gleich die Räder vom Tisch runter sind im Abteil am Zugende, fahren wir nicht weiter“ oder „Da der Zug überfüllt ist, fordern wir Sie auf, auszusteigen, sonst bleiben wir hier stehen“. Selten ist jemand folgsam, immer fährt der Zug weiter.

Natürlich erfolgen solche Ansagen stets verschanzt im Personalraum nur über Lautsprecher, nie im Angesicht des Fahrgasts. Diese Konfrontationshaltung vermeidet Diskussionen. Die Fahrkarten müssen ohnehin nicht mehr kontrolliert werden, die Zugbindung ist deutschlandweit aufgehoben.

Da Geduldsproben mit der Bahn uns noch viele weitere Jahre bevorstehen, fordere ich „Bad frei“ für Berliner und Brandenburger Springbrunnen und die Spree! Keep cool.