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Urlaubserfahrung: Die Schweizer Bahn ist auch nicht krisenfest

Ist die Schweizer Bahn zuverlässiger als die Deutsche Bahn? Die Urlaubsreise belegt: Auch da gibt es Krisen, aber das Personal hat keine Erfahrung damit.

Sicherungskasten im ICE – ohne Verkleidung, die ist abgefallen.
Sicherungskasten im ICE – ohne Verkleidung, die ist abgefallen.Berliner Zeitung/Susanne Dübber

Einen Tag vor Urlaubsbeginn meldete die Deutsche Bahn (DB) ihre Zahlen für Mai im Fernverkehr, die Pünktlichkeit lag bei 62,7 Prozent. Nicht schön. Im Januar hatte sie noch bei 80,9 Prozent gelegen. Naja, beruhigte sich die Reisegemeinschaft, wir fahren in die Schweiz, die Zuverlässigkeit der Eisenbahn dort ist legendär.

Zunächst wurde klar, dass die Skepsis gegenüber der Deutschen Bahn mehr als angemessen war. Kurz vor Ankunft im schweizerischen Basel eine E-Mail der DB: Der Anschlusszug der Schweizer Bahn (SBB) falle aus. Lebenserfahren entschied die Reisegruppe, trotzdem flott zum anderen Bahnsteig zu eilen, vielleicht sei doch ein Zug da.

Fehlleistungen der Deutschen Bahn

War er auch, schnell dicht bepackt mit vielen erleichtert lachenden Leuten, die die gleiche E-Mail bekommen hatten. Bei der DB erwartet man solche Fehlleistungen ohnehin. Von da an ging bei der Rundreise tagelang alles glatt in der Schweizer Bahn. Die SBB wickelte exakt auf die Minute den Verkehr ab.

Fröhliche Schadenfreude dann, als es im Kanton St. Gallen zum plötzlichen unvorhergesehenen Halt kam. „Technische Probleme“, hieß es, wir Deutsche witterten sofort Unheil. Waren wir doch aus langjähriger Erfahrung sicher, dass es noch schlimmer kommen würde.

Kommandoton in der Schweizer Bahn

So war es dann auch, am nächsten Bahnhof hieß es: „Wir müssen evakuieren, alle bitte raus.“ So richtig groß wurde die Aufregung allerdings erst nach dem Umstieg. Nicht bei uns Reisenden, sondern beim nervösen Zugchef. Im nur wenige Minuten verspäteten nächsten Zug peste er aufgeregt durch die Abteile, beklagte lautstark die Verspätung. Die Anschlusszüge sagte er mit einem „Jetzt ganz genau zuhören!“ an. Was für ein Kommandoton! Gar nicht gut, kommentierte das auch seine Kollegin in deutlichen Worten und mit strafendem Blick.

Wie gelassen war hingegen das Personal in Deutschland auf der Rückfahrt nach Berlin. Die diversen  Verspätungen sagte es neutral an. Als sich die Verkleidung des Sicherungskastens krachend löste und uns schmerzhaft auf die Knie fiel, versuchten drei Lokführer und die Zugbegleiterin nacheinander zwar vergeblich, aber durchgehend freundlich und entspannt, den ramponierten Kasten zu reparieren. Schließlich belohnte man uns mit Getränkegutscheinen fürs Aufpassen auf die sicherheitsrelevante Relaistafel. Bei der Deutschen Bahn hat man halt mehr Krisenerfahrung.