Das ging wirklich fix. Nachdem sich Kai Wegner in den vergangenen Wochen bemüht hat, das multikulturelle Berlin zu beschwören, damit die SPD nicht noch aus der gemeinsamen Koalition abspringt, weht nun ein anderer Wind.
Der Regierende Bürgermeister kehrt ganz offensichtlich zu den konservativen Primärtugenden zurück.
Dafür, man muss es sagen, wurde die CDU ja auch gewählt: Ordnung, Sauberkeit, Sicherheit – wer schon etwas dagegen haben. Mehr Polizeistreifen in den Bahnen – das begrüßen sicherlich alle Berlinerinnen und Berliner.
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Anders sieht es beim Thema Präventivgewahrsam aus. Er soll von 48 Stunden auf ganze fünf Tage abgehoben werden. Ein echter Einschnitt, den die Polizei begrüßt. Aber das Ganze hat einen schalen Beigeschmack. Denn laut Kai Wegner geht es bei der Verlängerung des Präventivgewahrsams vor allem darum, der Polizei „die volle Rückendeckung zu geben, die sie verdient“. So hat er es im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt.
Soll das heißen, dass sich die Polizei am besten unterstützt fühlt, wenn sie die Kundschaft möglichst lange wegschließt? Eine merkwürdige Berufsauffassung wäre das. Aber selbst wenn dem so ist: Beim Präventivgewahrsam geht es immer noch um Rechtsstaatlichkeit.
Und wenn es um Rechtsstaatlichkeit geht, dann muss man auch von Verhältnismäßigkeit sprechen. Und da sollte man sich mal klarmachen, was Präventivgewahrsam eigentlich ist. So behutsam das Wort auch klingen mag – Präventivgewahrsam besagt, dass Menschen festgenommen werden, bevor sie eine Straftat begangen haben. Einfach aus dem Verdacht heraus, dass sie eine begehen könnten. Das ist schon heikel.
In Berlin können Personen in Gewahrsam genommen werden, wenn sie sich selbst gefährden, wenn man ein Aufenthaltsverbot nicht anders durchsetzen kann oder eben, wenn eine Straftat verhindert werden soll beziehungsweise eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit. Und da sind wir direkt bei der Letzten Generation.
Es ist unstrittig, dass das Festkleben auf Straßen eine Ordnungswidrigkeit ist, die die Allgemeinheit schon erheblich beeinträchtigt. Und das wieder und wieder. Der Präventivgewahrsam kommt für die Klima-Kleber daher grundsätzlich infrage, das muss man sagen. Die Frage ist, ob es der Sache dient, wenn die Betroffenen fünf Tage statt 48 Stunden brummen. Ein Blick nach Bayern sagt: Eher nicht.
Räumung des Protestcamps in der Wuhlheide zeigt: Staat will härter durchgreifen
Dort dürfen Verdächtige vor einer Straftat sogar 30 Tage eingesperrt werden, mit der Verlängerungsoption auf ganze zwei Monate. Und da die Bayern nicht zimperlich sind, haben sie auch gleich mal ein paar Aktivisten von der Letzten Generation zwei, drei, vier Wochen weggesperrt, teilweise auch über Weihnachten.
Interessanterweise haben die betroffenen Klima-Kleber aber erst mal keine Rechtsmittel gegen ihre Präventivhaft eingelegt. Warum? Weil es zur Inszenierung gehört. „Wir gehen für den Klimaschutz in den Knast. Und wer sperrt uns weg? Der autoritäre Staat, der unsere Zukunft aufs Spiel setzt“ – so geht die Geschichte. In Bayern hat man die Kleber dann nach und nach, still und heimlich wieder freigelassen. Denn auch dort müssen sich die Maßnahmen an den Delikten orientieren und nicht danach, wie genervt eine Gesellschaft davon ist.
Am Mittwochmorgen haben die Berlinerinnen und Berliner das nächste Beispiel dafür geliefert bekommen, dass der Staat härter durchgreifen will. Das Protestcamp in der Wuhlheide soll heute noch geräumt werden.
















