In der Wuhlheide hat die Berliner Polizei am Mittwoch ein Protestcamp geräumt. Der Einsatz in Köpenick begann gegen 6 Uhr, nachdem den Protestierenden eine Verbotsverfügung der Versammlungsbehörde übermittelt wurde. Zwei Personen wurden festgenommen. „Die Räumung ist jetzt beendet“, sagte eine Polizeisprecherin am Nachmittag. „Jetzt laufen polizeiliche Maßnahmen wie die Identitätsfeststellungen.“ Mitarbeiter der Berliner Forsten haben inzwischen mit den Aufräumarbeiten begonnen.
Die Baumbesetzer wollten mit der Aktion in Köpenick verhindern, dass für den Bau der geplanten Straße „Tangentiale Verbindung Ost“ etwa 15 Hektar Kiefernwald gerodet werden.
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Polizisten begannen 8.15 Uhr damit, die im Protest-Camp errichteten fünf Baumhäuser sowie mehrere Zelte abzureißen. Beamte der Technischen Einsatzeinheit beseitigten auf den Zufahrtswegen Hindernisse wie angespitzte Holzpfähle und verschlossen Löcher im Waldboden. Beamte des Höheninterventionsteams holten Menschen aus den Hütten und seilten sie ab. Verbliebene Aktivisten wurden in Durchsagen aufgefordert, das Camp zu verlassen. Dieser Aufforderung kamen mehr als 40 Protestierer nach.
Die Dame vom „Sonnendeck“ wird jetzt abgeseilt. Das „Moosmonster“ (so heißen hier die Hütten in der Wuhlheide) wurde bereits abgerissen. #tvo pic.twitter.com/IyJzmqzzO5
— Andreas Kopietz (@KopietzAndreas) May 17, 2023

Nach Angaben von Polizeisprecherin Anja Dierschke waren „in der Spitze“ bis zu 400 Einsatzkräfte vor Ort. Die Polizei habe Platzverweise ausgesprochen und Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet gegen Personen, die sich trotz mehrmaliger Aufforderung entfernt haben.
Protestler demonstrieren am S-Bahnhof Wuhlheide
Die Bewohner der Baumhütten, die am Wochenende in mehreren Metern Höhe errichtet worden sind, kommen aus dem linksradikalen und „queerfeministischen“ Spektrum. Während des Polizeieinsatzes riefen sie Parolen wie etwa „No border, no nation - stop deportation“.
Außerhalb der Absperrungen, an der Rudolf-Rühl-Allee, demonstrierten etwa 100 Sympathisanten der Besetzer. Sie riefen unter anderem „Wuhli bleibt!“ Auf Twitter war zu einer Demonstration gegen die Räumung am S-Bahnhof Wuhlheide aufgerufen worden.
09:11 Demo geht gleich los https://t.co/Zi8Sg05DS7
— wuhli (@wuhlheidebleibt) May 17, 2023
Räumung: Bus umgeleitet, Haltestelle S Wuhlheide nicht bedient
Wegen des Polizeieinsatzes wurde die Rudolf-Rühl-Allee gesperrt, was den derzeitigen Stau in der nahen Bahnhofstraße noch weiter verschärfte. Außerdem wurde der BVG-Bus der Linie 190 in beiden Richtungen zwischen Köpenicker Straße/Innovationspark und Innovationspark Wuhlheide umgeleitet.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sicherte der Polizei angesichts der Räumung des Camps der Baumbesetzer seine „volle Unterstützung“ zu. „Die Polizei hat diese Entscheidung sorgfältig abgewogen und mit Bedacht getroffen“, sagte er. „In Berlin gelten Gesetze und Regeln, an die sich alle halten müssen.“
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) rechtfertigte die Räumung des Camps durch die Polizei. „Was wir dort sehen, weicht in weiten Teilen von dem friedlichen Charakter einer Versammlung ab.“ Das Protestcamp sei auf längerfristigen Widerstand ausgerichtet, sagte sie und wies auf die Barrikaden und Aushebungen hin, „die fast schon an Fallgruben erinnern“. „Die Personen, die auch dem radikalen Spektrum zuzurechnen sind, tragen weitestgehend Vermummung.“
Grüne und Linke kritisieren die Räumung, die AfD lobt sie
Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Vasili Franco, verfolgte das Geschehen vor Ort und kritisierte die Räumung. „Es wird eine Gefahr herbeigeredet, die in Wirklichkeit nicht groß ist. Denn die Lage hier ist ruhig“, sagte er. „Da keine unmittelbaren bauvorbereitenden Maßnahmen stattfinden, hätte man das Camp auch dulden können.“

Auch der Linken-Politiker Ferat Kocak sieht die Räumung kritisch. „Was wir erleben“, schreibt er in einer Erklärung, „ist eine unverhältnismäßige Räumung.“ Er sei seit Beginn des Protests als parlamentarischer Beobachter vor Ort und habe friedliche Aktivisten erlebt. Doch er sei letztlich enttäuscht: „Obwohl die Aktivist*innen ihrerseits bereit sind Auflagen zu erfüllen und einen Eilantrag gestellt haben, macht die Polizei einfach weiter ohne auf die Entscheidung des Gerichts zu warten und beweist einmal mehr ihr schwieriges Verhältnis zur Versammlungsfreiheit.“
Der Innenexperte der AfD-Hauptstadtfraktion, Karsten Woldeit, begrüßte wiederum die Räumung, da diese verhindere, „dass sich die Situation dort verfestigt“. Er dankte den Einsatzkräften und fügt an: „Berlin darf nicht noch mehr zur Spielwiese der Klimaextremisten werden.“
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Das nun ausgesprochene Verbot durch die Versammlungsbehörde gelte bis Ende September, Ersatzversammlungen seien davon eingeschlossen.
Gemäß § 14 (1) VersFG wurde die weitere Durchführung dieser Versammlung durch die Versammlungsbehörde verboten. Das Verbot gilt bis zum 30.9.23.
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) May 17, 2023
Im Protestcamp befinden sich nach letztem Stand ca. 100 Personen in Baumhäusern, Tripods und Zelten.#b1705












