Die Forderung des Veranstalters ist ganz simpel: „Radweg frei!“ Rund 100 Menschen stehen am Montagnachmittag in Reinickendorf und demonstrieren für einen Radweg, der wahrscheinlich schon bald wirklich freigegeben sein wird. Im Streit um den fertigen, aber noch nicht freigegebenen Fahrradweg in der Ollenhauerstraße erklärte die Verkehrsverwaltung Montagmittag, der Radweg werde zeitnah für den Radverkehr zur Verfügung stehen.
Dennoch demonstrierten am Montagabend etwa 100 Teilnehmer für eine schnellstmögliche Freigabe des Radweges und eine gerechtere Verkehrspolitik. So kritisiert beispielsweise der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Heiner von Marschall, die undurchsichtige Kommunikation der Politiker. „Die Situation ist sehr chaotisch“, sagt er. „Es ist derzeit nicht immer klar, nach welchen Kriterien bereits genehmigte Fahrradprojekte nochmals geprüft würden.“
So herrscht auch in der Ollenhauerstraße weiterhin Unsicherheit: Obwohl die gelben Fahrbahnmarkierungen, die den Radweg zunächst ungültig machten, inzwischen teilweise entfernt wurden, parkten zum Zeitpunkt der Demonstration weiterhin zahlreiche Fahrzeuge auf dem neuen Fahrradweg. Auch die Beschilderung sorgt für Verwirrung. Auf einer Straßenseite ist zwar ein Fahrradweg ausgeschildert, auf der anderen Straßenseite ist das Schild jedoch mit der Rückseite nach vorn montiert. Vielleicht wirkt die Erklärung der Verkehrsverwaltung deshalb noch nicht glaubwürdig, der Radweg werde bald freigegeben werden.

Doch genau das war in den vergangenen Wochen das Problem in der Kommunikation des Senats im Zusammenhang mit Fahrradwegen in Berlin. Projekte, an denen zum Teil ein Jahrzehnt geplant worden war, waren plötzlich wieder zur Disposition gestellt. Verkehrssenatorin Manja Schreiner wurde von mehreren Seiten ein Schlingerkurs vorgeworfen und diese Kritiker mussten sich hier in Reinickendorf bestätigt sehen. Fahrradweg überklebt und jetzt doch freigegeben?
Warum der Radweg ein Symbol wurde
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) gehört zu den größten Kritikern von Schreiners Kommunikation. Maria-Anne Lamberti ist Vorstandmitglied des ADFC und gleichzeitig Anwohnerin. Sie nennt diesen Radweg eine „Herzensangelegenheit“. Sie wünscht sich eine Priorisierung des Radverkehrs, unter anderem aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber auch, weil immer mehr Menschen in die Randbezirke ziehen und auf dem Fahrrad in die Stadt pendeln würden.

Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Der Radweg in der Ollenhauerstraße wurde in den vergangenen drei Wochen immer mehr zu einem Symbol, wie schwierig sich die Verkehrswende durchsetzen lässt. Die Deutsche Umwelthilfe drohte sogar mit einer Klage wegen dieses Radwegs. Andererseits war die CDU bei der Wahl im Februar mit dem Versprechen angetreten, die Autofahrer aus dem Umland besser einzubeziehen. Auch in Reinickendorf wurden die Christdemokraten auch sicherlich deshalb gewählt.
Zwischen vielen Radfahrern auf der Demonstration sind auch einige, die zum ersten Mal an einem Protest teilnehmen. Petra fährt regelmäßig Auto und kann sowohl Auto- als auch Fahrradfahrer verstehen. Dennoch plädiert auch sie für mehr Gleichberechtigung auf der Straße. Wenn das Auto ein Recht auf eine Spur hat, warum dann nicht auch das Fahrrad? Von dem aktuellen Verkehrskonzept ist sie „einfach nur genervt“.
Schnell wird deutlich: Der neue Radweg hat nicht nur Befürworter. Von einer Kiezkneipe aus beäugten zwei Anwohnerinnen die Demonstration eher kritisch. Für sie sei die Forderung nach einer besseren Lösung für Fahrräder auf einer der wichtigsten Nord-Süd Achsen der Stadt verständlich, die Straße sei allerdings für Autos genauso wichtig. Ihre größte Sorge: Durch den neuen Radweg würden dringend benötigte Parkplätze wegfallen. „Autos jetzt alle weg – das kann nicht funktionieren.“





