Wohnen

Sinken jetzt die Mieten? Umsatzeinbruch am Berliner Immobilienmarkt

Voriges Jahr wurden in der Bundeshauptstadt deutlich weniger Wohnungen, Häuser und Grundstücke verkauft. Die Folgen sind jedoch anders als erwartet.

Bergmannkiez in Kreuzberg: Altbauwohnungen wie hier sind bei Mietern wie Käufern gleichermaßen beliebt. 
Bergmannkiez in Kreuzberg: Altbauwohnungen wie hier sind bei Mietern wie Käufern gleichermaßen beliebt. Frank Sorge/Imago

Explodierende Baukosten und gestiegene Zinsen haben dazu geführt, dass auf dem Berliner Immobilienmarkt im vergangenen Jahr deutlich weniger Immobilien verkauft wurden als 2021. In der Folge brach der Umsatz ein. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Immobilienmarktbericht 2022/2023 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte hervor.

In der ersten Jahreshälfte stiegen die Kaufpreise danach zwar zunächst an, doch gingen sie in der zweiten Jahreshälfte zurück. Über das ganze Jahr betrachtet lagen die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser im Jahr 2022 aber noch immer über denen des Vorjahres.

Die Zahl der Immobilienverkäufe ging laut dem Bericht im vergangenen Jahr um 21 Prozent zurück – auf 21.708 „Kauffälle“, wie die Geschäfte im Fachjargon heißen. Der Umsatz sank um 27 Prozent auf 17,5 Milliarden Euro.

Die Angaben des Gutachterausschusses beruhen auf den notariellen Kaufverträgen von Grundstücksgeschäften. Sie gelten deswegen als die treffsichersten Angaben zur Entwicklung auf dem Immobilienmarkt. Der Gutachterausschuss ist ein unabhängiges Expertengremium, das nach dem Bundesbaugesetz von 1960 eingerichtet wurde, um mit objektiven Informationen für Transparenz auf dem Immobilienmarkt zu sorgen. Dem Berliner Gremium gehören 44 Mitglieder an, darunter öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, Immobilien- und Bankkaufleute.

Der Berliner Mieterverein (BMV) sieht in Anbetracht der Marktentwicklung keinen Anlass zur Entwarnung. „Trotz des Rückgangs der Verkäufe und der Umsätze rechnen wir nicht mit einer Entspannung der Mieten, denn nach wie vor befinden sich die Kaufpreise insbesondere für Eigentumswohnungen auf einem hohen Niveau“, sagt BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann. Eine stärkere Regulierung der Mieten sei deswegen nötig.

Eigentumswohnungen verteuern sich im Schnitt um fünf Prozent

Eigentumswohnungen verteuerten sich im vergangenen Jahr im Schnitt um fünf Prozent auf 5646 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Mit 7446 Euro je Quadratmeter wurden dabei die höchsten Preise im Ortsteil Mitte ermittelt. Das zweithöchste Kaufpreisniveau findet sich mit 7340 Euro je Quadratmeter in Dahlem. Der höchste absolute Kaufpreis wurde mit rund acht Millionen Euro für eine Eigentumswohnung im Ortsteil Grunewald bezahlt. Am günstigsten waren Eigentumswohnungen in Reinickendorf, wo ein Quadratmeter im Schnitt 3594 Euro kostete. Die Zahl der verkauften Eigentumswohnungen ging jedoch stark zurück: um 22 Prozent auf 15.407.

Die Kaufpreise für Ein- und Zweifamilienhäuser zogen im vergangenen Jahr um rund sieben Prozent auf 4660 Euro je Quadratmeter Geschossfläche an. Das höchste Preisniveau für Ein- und Zweifamilienhäuser findet sich dabei mit durchschnittlich 12.153 Euro je Quadratmeter im Ortsteil Grunewald. Dahinter folgt Schmargendorf, wo im Schnitt 11.794 Euro je Quadratmeter gezahlt wurden. Am günstigsten waren Ein- und Zweifamilienhäuser im Ortsteil Treptow mit 4433 Euro pro Quadratmeter. Die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser ging im vergangenen Jahr um elf Prozent zurück: auf 2416 Kauffälle.

Neu errichtetes Wohneigentum ist deutlich teurer. Beim ersten Verkauf kosteten Eigentumswohnungen laut Bericht 7937 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Neu errichtete Eigenheime schlugen im vergangenen Jahr im Schnitt mit 5997 Euro je Quadratmeter zu Buche.

Bodenrichtwerte im Zuge der Marktentwicklung angepasst

Im Zuge der Marktentwicklung wurden die Bodenrichtwerte von Bauland für Mehrfamilienhäuser im sogenannten Geschosswohnungsbau sowie Büros und Einzelhandelsflächen zum 1. Januar 2023 zwischen zehn und 20 Prozent reduziert. Der Bodenrichtwert gibt Auskunft über den Wert eines Quadratmeters Boden. Eine Absenkung des Richtwerts bedeutet, dass Baugrundstücke tendenziell günstiger werden. Das Bodenrichtwertniveau von Bauland für Ein- und Zweifamilienhäuser blieb laut dem Bericht unverändert.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) ist trotz der Entwicklung in Sorge. „Die teilweise Abkühlung am Immobilienmarkt heißt leider nicht, dass es nun für landeseigene, genossenschaftliche oder andere gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen bei Neubau oder Ankäufen deutlich einfacher würde“, sagt BBU-Sprecher David Eberhart. Denn die Abkühlung am Immobilienmarkt sei Folge der Verschlechterung der Investitionsrahmenbedingungen und hier insbesondere der Finanzierungsbedingungen. „Es wird sehr genau zu beobachten sein, inwieweit sich diese Entwicklungstendenzen gegenseitig beeinflussen und wie sich das auf die weitere Entwicklung von Angebot und Preisen am Immobilienmarkt auswirkt“, sagt Eberhart.

Die Zahl der Mietwohnungen, die in Wohneigentum umgewandelt wurden, verringerte sich im vergangenen Jahr laut dem Bericht des Gutachterausschusses um 40 Prozent auf 17.123 Wohnungen. Mit 1659 umgewandelten Wohnungen steht Wedding an der Spitze, dahinter folgt Schöneberg mit 1504 Wohnungen. Wie groß der ökonomische Anreiz ist, Bewohner einer umgewandelten Wohnung zum Auszug zu drängen, zeigen die Zahlen des Gutachterausschusses. Eine bis 1919 errichtete Altbauwohnung brachte den Verkäufern demnach im vergangenen Jahr im vermieteten Zustand im Schnitt pro Quadratmeter 4374 Euro in die Kasse, im bezugsfreien Zustand hingegen 6162 Euro je Quadratmeter – fast 41 Prozent mehr.

Mieterverein fordert besseren Kündigungsschutz

BMV-Chefin Ulrike Hamann bezeichnet den Rückgang der Umwandlungen zwar als „erfreulich“, weist aber zugleich darauf hin, dass die Gefahr von Eigenbedarfskündigungen bei bereits umgewandelten Wohnungen „noch nicht gebannt“ sei. Auch ehemalige Sozialwohnungen würden als Eigentumswohnungen verkauft. Hier zeige sich der „große Handlungsbedarf“ zur Verbesserung des Kündigungsschutzes – nach wie vor sei hier der Bundesgesetzgeber gefragt, sagt Hamann.