Nach wochenlangen Diskussionen hat sich die Regierungskoalition in Berlin auf Maßnahmen gegen die Überlastung des Rettungsdienstes geeinigt.
Den Entwurf aus der Innenverwaltung hat der Senat am Dienstag beschlossen. Wie Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) am gleichen Tag mitteilten, sieht er unter anderem eine stärkere Rolle des Landesbranddirektors vor. Er könnte dann eine Priorisierung der Rettungseinsätze nach Dringlichkeit vornehmen. Bislang bestimmt über die Beschickung mit Rettungswagen (RTW) allein der Ärztliche Leiter der Feuerwehr.
Der Entwurf enthält zudem flexiblere Regeln für die Besetzung der Rettungsfahrzeuge. So könnte etwa ein Notfallsanitäter im Ernstfall aus einem Auto mit Notarzt herausgenommen werden, um einen freien Rettungswagen zu besetzen, wodurch mehr RTW auf die Straße kommen. Spranger hofft, dass auf diese Weise pro Tag in Berlin etwa 160 RTW unterwegs sein können – 25 mehr als bisher.
Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) hat in der Auseinandersetzung stets die Position des Ärztlichen Leiters im Blick. Nun spricht sie von einer sehr differenzierten Regelung, die gewährleiste, dass die Qualität der notärztlichen Versorgung nicht angetastet werde. Dennoch: Auf die Notfallsanitäter in den RTW zu verzichten, sei nur die „Ultima Ratio“, die allerletzte Lösung.
Das Ende der Debatte sei es ohnehin nicht, sagt Gote und bezieht auch Innensenatorin Spranger mit ein. „Wir sind uns einig, dass wir im nächsten Jahr – und zwar im ersten Halbjahr – eine weitere, tiefergreifende Reform des Rettungsdienstes brauchen.“
Am Donnerstag soll der Gesetzentwurf für die erste Lesung ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden. Noch im Januar soll er beschlossen werden.
Die Diskussion um die chronische Überlastung des Rettungsdienstes hatte in der Koalition für Krach gesorgt. Unter anderem hatte sich Spranger dafür ausgesprochen, zur Entlastung der Notfallsanitäter in Ausnahmesituationen auch anderen Angehörigen der Feuerwehr Schichten im Krankenwagen zuzuteilen. Die Grünen lehnten das anfangs ab. Am Dienstag zeigten sich alle Beteiligten froh darüber, eine Lösung gefunden zu haben. Giffey sprach von einem „emotionalen Thema, das auf den Nägeln brennt“.
Die nun angestrebte Gesetzesänderung bezeichnete Landesbranddirektor Karsten Homrighausen als dringend nötig. Sie verschaffe der Feuerwehr und ihren Partnern in der Notfallrettung mehr Flexibilität und somit ein Stück Entlastung.
Gewerkschaften äußern sich zufrieden
„Der täglich zu erlebende Wahnsinn um den Rettungsdienst hat auch bei den Grünen zu ersten Einsichten geführt“, lobte Lars Wieg, Chef der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft Berlin-Brandenburg (DFeuG). Allerdings seien damit der Rettungsdienst und die Feuerwehr weder geheilt noch gerettet. „Die jetzt dem Landesbranddirektor zugesprochene Gesamtverantwortung muss schnell zu Entscheidungen führen“, so Wieg.
Er nannte die überlastete Leitstelle einen zentralen Punkt. Dort müsse man Hilfesuchende an andere Einrichtungen neben der Kassenärztlichen Vereinigung leiten und Einsätze, die nicht zeitkritisch seien, zurückstellen können, bevor es zum Ausnahmezustand komme.



