Ich wählte die Nummer meiner besten Freundin Klara. „Bitte fahr mit mir weg!“, waren meine ersten Worte. Ich wollte raus aus Berlin, brauchte eine Pause von dem endlosen Winter. Wohin, meinte ich zu Klara, sei mir so ziemlich egal. „Hauptsache warm und so bald wie möglich“, war mein einziges Kriterium, das ich meiner Freundin an die Hand gab. Wegen ihres Berufs als Managerin ist sie auch eine hervorragende Urlaubsplanerin und erklärte sich sofort bereit, die Buchung zu übernehmen.
Keine von uns hatte jemals Last Minute gebucht. War die Versprechung von günstigen Flügen und Hotels in letzter Minute in Wahrheit nur ein großer Scam? Sicherheitsunternehmen wie Eset warnen, dass besonders bei kurzfristigen Buchungen die Gefahr groß sei, auf einen Trickbetrug hereinzufallen. Laut Holiday-Check 24 ist die große Zeit der Last-Minute-Schnäppchen vorbei. Uns blieb nur die Hoffnung, dennoch ein Traumangebot zu finden, das am Ende auch hält, was es verspricht.
Obwohl ich die Reise initiierte, entzog ich mich jeglicher Planung und hatte bis kurz vor Buchung immer noch keine Ahnung, wohin wir überhaupt reisen würden. Klara hingegen kam mir drei Wochen später so vor, als habe sie einen Bachelor im Last-Minute-Tourismus absolviert. Denn um ein gutes Angebot zu bekommen, muss man sich a) echt auskennen und b) ständig die Reiseportale durchforsten.
Einmal rief Klara mich aufgeregt an: „Ich muss morgen von deinem Laptop aus suchen, mein Algorithmus hat mich durchschaut und jubelt mir immer teurere Angebote unter.“ Sie hatte bemerkt, dass Angebote teurer wurden, weil die Reiseportale sich die Suchen von Klaras Laptop merkten.
Während ihrer Suche stellte sich mehr und mehr heraus, dass Mallorca das beste Preis-Leistung-Verhältnis aller von Klara durchforsteten Inseln hatte. Vier Wochen nach meinem ersten Anruf war es dann so weit: Klara hatte zugeschlagen. Der Ort, der letztendlich unser Urlaubsziel wurde, heißt Alcúdia und liegt 54 Kilometer von Palma entfernt. Ostküste, sechs Nächte, Vier-Sterne-Hotel, 200 Meter zum Strand, Halbpension, Transfer vom Flughafen, inklusive Flug – und das alles für unter 500 Euro pro Person, kein Scherz.
Unsere Anreise dauerte insgesamt neun Stunden. Das hatte nicht etwa Klara zu verantworten, die uns natürlich eine Direktverbindung herausgesucht hatte. Schuld war zum einen ein französischer Flughafenstreik, zum anderen durfte sich der gesamte Flieger bei einem einzelnen besoffenen, das Personal beleidigenden Passagier bedanken. Das Flugzeug war schon auf der Startbahn, als der Pilot plötzlich wieder zurückfuhr und ihn mitsamt Koffer rauswerfen ließ.
Je später es wurde, desto mehr keimte das Misstrauen wieder auf. Wir landeten erst um Mitternacht; bis wir die Koffer hatten, war es 0.30 Uhr. Aber als wir aus dem Flughafen traten, stand tatsächlich ein kleiner Bus einsam auf dem Parkplatz. Die Busfahrerin fragte uns auf Spanisch, ob wir die beiden seien, die nach Alcúdia wollten. „Siehst du, kein Scam“, sagte Klara und grinste, als wir in den Bus einstiegen.


