Der Richter spielt eine „heimlich aufgezeichnete“ Audiodatei ab. Die Anwesenden lauschen zunächst gespannt, dann wird es immer schwerer zuzuhören. Manches ist schwer zu verstehen, wegen Hintergrundgeräuschen, manches, weil Bushido und Arafat Abou-Chaker so schnell sprechen. Der Prozess, in dem der Rapper Bushido als Nebenkläger gegen seinen ehemaligen Geschäftspartner auftritt, dauert nun schon fast drei Jahre an. Der Rapper ist an diesem Freitag wieder nicht erschienen. Er lebt mit Frau und Familie in Dubai.
Es ist der 97. Prozesstag, seit August 2020 läuft das Verfahren schon im Amtsgericht Tiergarten in Moabit. Nein, es geht nicht um Mord. Doch das öffentliche Interesse ist hoch. Die Amazonserie „Unzensiert – Bushido‘s Wahrheit“ zeigt und kommerzialisiert Bushidos Perspektive, zahlreiche Journalisten verfolgen den Fall.
Bushido sagte vor mehr als zwei Jahren aus, Arafat Abou-Chaker habe ihn bedroht, genötigt, beleidigt, erpresst und verletzt, weil er die Geschäftsbeziehung beenden wollte. Der Teil der Audiodatei ist an diesem Tag das einzige Beweismittel. Es wird weder eingeordnet noch kommentiert. Doch die Anwesenden wissen, um was es geht. Die Journalisten machen sich kaum Notizen, sie zucken nur ungeduldig mit den Schultern, als der Richter sagt, das Beweisprogramm für heute sei erschöpft.
Arafat Abou-Chaker mal laut und wütend, mal leise und verzweifelt, fast bittend
Auf dem Tonband schreit jemand, dann spricht Bushido mit ruhiger Stimme. „Von jetzt an will ich es alleine machen“, sagt er. In der Vergangenheit war die Berliner Clangröße Arafat Abou-Chaker sein Geschäftspartner, bestätigt Bushido. „In Zukunft wirst du nichts mehr damit zu tun haben.“ Im Folgenden hört man, wie sein Gegenüber das nicht wahrhaben will. Immer wieder fragt Arafat Abou-Chaker, ob er ihn richtig verstanden habe. Seine Stimme klingt mal laut und wütend, mal leise, verzweifelt, fast bittend: „Ich hab dich mit aufgebaut“, sagt er.
Hat Anis Ferchichi, so heißt Bushido mit bürgerlichem Namen, seinen ehemaligen Freund und Kollegen wirklich so sehr gefürchtet? Darüber streiten die Anwälte letztlich. Abou-Chaker war zwar weniger bekannt, aber gleichzeitig erpresste er den Rapper dem Vorwurf nach jahrelang. Oft traten sie bei Galas gemeinsam auf, doch laut Bushido die Freundschaft wurde immer mehr zu einem Pakt mit Mephisto. Rund vier Stunden lang soll das Streitgespräch am 18. Januar 2018 gedauert haben. Die drei Abou-Chaker-Brüder Rommel, Nasser und Yasser waren damals ebenfalls anwesend, deswegen sitzen sie auch auf der Anklagebank.
Abou-Chaker will weiterhin an den Gewinnen von Bushido beteiligt werden, er vergleicht das mit Aktien: Wenn man nach dem Erwerb nichts mehr leistet, vermehrt sich das Geld trotzdem. Auf den Aufzeichnungen sagt er aber auch oft „einverstanden“. Dem Zusammenhang und der Stimmlage nach ist er aber ganz und gar nicht einverstanden, insofern könnte das als unterschwellige Drohung gedeutet werden. Außerdem ist einmal zu hören, wie jemand auf den Tisch schlägt, vermutlich Arafat Abou-Chaker. Einmal sagt er das Wort „Hurensohn“. Er habe mehr Stress und Arbeit gehabt, „4,5 Millionen sind noch offen“, sagt er.




