Carlo Trobisch steht neben dem Wärmebus, er hält einen Becher Glühwein in der Hand. Der 72 Jahre alte Mann ist heute Gast bei der Eröffnung des traditionellen Glühweinverkaufs zugunsten der DRK-Kältehilfe neben dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Seit 2009 arbeitet er freiwillig für den Wärmebus des Deutschen Roten Kreuzes.
Jedes Jahr betreuen er und seine Kollegen Hunderte Obdachlose und hilfsbedürftige Menschen, die auf der Straße unter den Minusgraden der Berliner Winternächte leiden. „Es hat sich einiges geändert in der Zeit, die Menschen verstecken sich mehr als früher“, sagt Trobisch. „Man sieht die Obdachlosen in Berlin nicht mehr so viel, aber sie sind immer noch da, und wir sind nicht weniger als sonst gebraucht.“
Einmal im Jahr kommen sie hier am Kudamm zusammen. Eingeladen von der AG City und vom Schaustellerverband Berlin sammeln sie Spenden, darunter Firmen wie Vattenfall, die Berliner Sparkasse und der Verein Berliner helfen. Insgesamt kommen 20.000 Euro zusammen.
Seit Anfang November ist der Wärmebus des DRK unterwegs und wird noch bis zum 31. März in Berlin Menschen vor dem Erfrieren schützen, 150 Nächte pro Jahr. In der Kältehilfe-Saison 2021/2022 hatte das Team Kontakt zu rund 1350 bedürftigen Menschen, von denen 356 in Notunterkünfte gefahren wurden. Im Bus werden wärmende Kleidung, Schlafsäcke und Isomatten ausgegeben; Berlinerinnen und Berliner können täglich ab 18 Uhr bei dem Bus anrufen, wenn sie eine Person sehen, die Hilfe braucht.
Der Bedarf ist allerdings groß und nicht allen Menschen kann geholfen werden: Laut Statistiken der Gesundheitsberichterstattung des Bundes sind in Berlin zwischen 2016 und 2020 insgesamt 29 Menschen erfroren. Die Arbeit des Wärmebusses sei immer lebensrettend, sagte Gudrun Sturm, Landesgeschäftsführerin für das DRK in Berlin, bei der Eröffnung. Das DRK stehe in diesem Jahr allerdings vor „großen Herausforderungen“. Wegen der Energiepreiskrise geht Sturm davon aus, dass sie besonders vielen Menschen wird helfen müssen. Gerade deswegen sei jede Spende wichtig.
In diesem Jahr könnte das DRK seine Arbeit „deutlich ausweiten“ müssen
Kirstin Bauch (Grüne), Bezirksbürgermeisterin für Charlottenburg-Wilmersdorf, hält diese Arbeit für wichtig. „Wir brauchen mehr Wärme in unserer Gesellschaft“, sagte sie der Berliner Zeitung. „Wir versuchen, ein Stück dagegenzuwirken und Orte für physische sowie soziale Wärme zu schaffen.“ In Charlottenburg wird mit dem Netzwerk der Wärme zusammengearbeitet, um Anlaufstellen durch den Bezirk einzurichten. Dort sollen nicht nur obdachlose, sondern auch finanziell schlechtergestellte Menschen Zuflucht finden und heiße Getränke und Kuchen zu niedrigen Preisen genießen können.
Gekoppelt ist die Glühweinaktion mit einem Spendenaufruf des DRK, vor allem für Sachspenden wie Winterjacken und Schlafsäcke. Denn das hat sich auch mit der Zeit geändert, sagt Carlo Trobisch: Die Menschen spenden einfach nicht mehr so viel wie früher. „Einmal habe ich in meiner Nachbarschaft zu Spenden von Schlafsäcken aufgerufen, und innerhalb eines Tages hatte ich zwölf in meinem Flur sitzen“, sagt er. „Heutzutage kriegt man so was nicht mehr hin.“ Auch Spenden von Kleidung sind deutlich gesunken: „Die Zeiten des Überflusses an Jacken sind vorbei.“ Vor allem für die Sachen, die das Wärmebus-Team neu kaufen muss, sind Spenden wichtig, so Carlo Trobisch – und schließlich muss der Wärmebus auch noch getankt werden.
Noch bis 20 Uhr am Freitagabend ist die karitative Aktion am Breitscheidplatz neben dem Weltkugelbrunnen zu finden. Dabei ist das Getränkeangebot – Glühwein und heiße Schokolade mit oder ohne Schuss sowie Kinderpunsch – deutlich günstiger als an den Ständen im Markt direkt daneben: Ein Becher Glühwein kostet 2,50 Euro.
Das Team des DRK-Wärmebusses ist täglich ab 18 Uhr unter der Telefonnummer (030) 600 300 1010 zu erreichen. In Notfällen gilt: Sofort den Rettungsdienst (112) alarmieren.




