Berlin-Das Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg will die Benutzung der Parks bezahlt bekommen, Reinickendorf überlegt es ebenfalls. Das heißt im Einzelnen: Wenn ein kommerzieller Anbieter von Sportkursen die Wiese benutzt, soll er dafür einmal eine Gebühr pro Saison bezahlen. Diese soll zwischen 150 und 1500 Euro liegen. Selbstständige CrossFit-Trainer begehen derzeit eine Ordnungswidrigkeit, wenn sie ohne diese Trainingslizenz im Park Zirkeltraining machen. Sind Parks ein öffentliches Gut, das alle kostenlos nutzen sollten, oder sollten kommerzielle Anbieter dafür zahlen? Ein Pro und Contra:
Pro: Es gibt Spielregeln, an die man sich halten muss
Berlins Parks zählen zu den letzten Bereichen der Stadt, die nicht kommerziell genutzt werden. Sie stehen allen kostenlos zur Verfügung. Wer diesen öffentlichen Raum für ein Geschäftsmodell beansprucht, sollte dafür selbstverständlich eine Gebühr entrichten. Als Beitrag zur Instandhaltung, für die ansonsten die Allgemeinheit aufkommt. Als Beitrag auch dazu, dass die Grünanlagen nicht noch voller und dreckiger werden.
Das Argument, Sport sei wichtig für eine immer ungesündere Gesellschaft, greift dabei zu kurz. Zwar gelten in Berlin zwölf Prozent der Frauen und 13 Prozent der Männer als fettleibig, auch hat die Adipositas unter Kindern während der Pandemie schätzungsweise um rund ein Drittel zugenommen. Doch gibt es für diese Klientel schon seit Langem ein Angebot – und das kostet nichts.
In mehr als 100 Grünanlagen, verteilt über alle zwölf Bezirke, bringen von Mai bis Oktober qualifizierte Trainer Menschen in Bewegung, wöchentlich gut 270 Veranstaltungen stehen auf dem Programm. „Sport im Park“ heißt das Konzept. Es funktioniert ohne Zwang, Mitglied in einem Verein zu werden, ohne monatlichen Beitrag. Es setzt die Hürde niedrig an, um möglichst viele Sofa-Hocker auf Trab zu bringen.
Konkurrenz belebt das Geschäft. Das gilt für den Sport in besonderer Weise. Dort gibt es Spielregeln, an die sich jeder zu halten hat, damit der Wettbewerb fair verläuft. Zu den Spielregeln für Bewegungsangebote im öffentlichen Raum sollte eine Gebühr für gewerbliche Angebote gehören. Jedoch auch, dass diese Gebühr nicht zu hoch ist. Damit alle eine faire Chance haben. Christian Schwager
Contra: Typisch Berliner Bürokratie
Die Pandemie hat die Lage sicherlich nicht verbessert: Homeoffice und Lockdown haben aus den ohnehin im Schnitt nicht sehr bewegungsfreudigen Deutschen ein Volk von Dicken gemacht. Nicht, dass die Deutschen zuvor besonders schlank gewesen wären. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Europa ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu dick. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in der europäischen WHO-Region lebte demnach mit Übergewicht, wie die Organisation Anfang des Monats in ihrem Europäischen Adipositasbericht 2022 erläuterte.
Was hilft? Wenn man nicht aus anderen Gründen übergewichtig ist, so sind bekanntlich Bewegung und eine Ernährungsumstellung angesagt. Berlinerinnen und Berliner haben ohnehin wenig Möglichkeiten, sich an der frischen Luft zu verausgaben, wer einmal an einer Hauptstraße gejoggt ist, weiß, dass das ein zweifelhaftes Vergnügen ist. Was bleibt, ist die sportliche Betätigung in den Parks dieser Stadt. Wer einmal in den Morgenstunden beispielsweise durch die Hasenheide fährt, der sieht eine ganze Reihe von Sportgruppen, die die Parks nutzen: Amateure sowie Profis. Nun will der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg eine Gebühr für Sport in Parks einführen, denn die kommerzielle Nutzung ist im Grunde eine Ordnungswidrigkeit, die im Berliner Grünanlagengesetz untersagt wird und tatsächlich mit einer Ordnungsstrafe von bis zu 5000 Euro geahndet werden kann.




