Amtsgericht Tiergarten

Berliner Auktionshaus fiel auf Kunstfälschungen rein

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen Kunsthändler und seinen mutmaßlichen Komplizen. Dieser Fall erinnert an einen früheren Skandal.

Gemälde wie etwa „Poire verte et couteau“  (ohne Datierung) stammen von Louis Marcoussis.
Gemälde wie etwa „Poire verte et couteau“ (ohne Datierung) stammen von Louis Marcoussis.CC-BY SA 4.0

Ein Kunsthändler soll in Berlin gefälschte Ölgemälde versteigert haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat den 61-Jährigen nun wegen gewerbsmäßigen Betrugs und der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in fünf Fällen angeklagt – zusammen mit einem 43-Jährigen, dem die Taten in einem Fall vorgeworfen werden.

Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, soll der 61-Jährige zwischen August 2019 und Oktober 2020 bei einem Berliner Auktionshaus fünf Werke des Malers Louis Marcoussis eingeliefert haben. Dort wurden sie für 12.000 bis 21.000 Euro an Meistbietende versteigert. Louis Marcoussis war ein Grafiker und Maler polnischer Herkunft und jüdischer Abstammung, der in Frankreich lebte und dort 1940 starb.

Im Oktober vergangenen Jahres soll der Kunsthändler zusammen mit dem 43-Jährigen die Versteigerung eines Ölgemäldes der Malerin Alice Halicka-Marcoussis, der Ehefrau Louis Marcoussis’, für einen Preis von 36.000 Euro über das Auktionshaus erreicht haben. Insgesamt 91.000 Euro soll der Kunsthändler so betrügerisch kassiert haben.

Dass es sich um Fälschungen handelte, war nach Angaben der Staatsanwaltschaft selbst den Gutachtern des Auktionshauses nicht aufgefallen. Ein Käufer soll dem Vernehmen nach misstrauisch geworden sein, der seinen Kauf einer genaueren Prüfung unterziehen ließ.

Das Bild „Composition Huile sur toile“ stammt aus dem Jahr 1919.
Das Bild „Composition Huile sur toile“ stammt aus dem Jahr 1919.CC-BY SA 4.0

Gutachter des Berliner Landeskriminalamtes und der Kriminaltechnik des Bundeskriminalamtes kamen letztlich zu dem Schluss, dass es sich bei diesem und bei weiteren Ölgemälden um Fälschungen handelte. Chemische Analysen in der Kriminaltechnik ergaben, dass die Fälscher „anachronistische Farbpigmente“ verwendet hatten: Es war Farbe, die erst nach dem Tod der Künstler auf den Markt kam.

Nach Angaben einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft soll den beiden Beschuldigten klar gewesen sein, dass es sich um Fälschungen handelte. Während der Hausdurchsuchung bei den in Polen wohnenden Männern fanden Polizisten zahlreiche Utensilien, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft der Herstellung der Bilder dienten.

Ob die mutmaßlichen Fälscher die Originale kopiert oder Gemälde im Stil des Künstlers angefertigt hatten, konnte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Titanweiß überführte damals Wolfgang Beltracchi

Unter anderem über chemische Farbanalysen war die Polizei vor Jahren dem Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi auf die Spur gekommen. Er wurde 2011 in einem der größten Kunstfälscher-Prozesse seit Ende des Zweiten Weltkriegs zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Über Jahre hinweg hatte Beltracchi Bilder im Stil bekannter Maler wie Heinrich Campendonk, Max Ernst,  Max Pechstein und anderer gemalt. Er gab vor, dass es sich um bislang unbekannte Gemälde der Künstler handele. Indem er die künstlerische Handschrift der Maler übernahm, gelang es ihm, anerkannte Experten zu täuschen und in den Bildern authentische Werke vermuten zu lassen. Er führte so die Kunstwelt an der Nase herum. Auktionshäuser und Galeristen ignorierten Zweifel und unterließen weitere Nachforschungen. Sogar ein renommierter Kunsthistoriker erklärte seine Werke für echt.

Bei einem angeblichen Bild von Heinrich Campendonk ergab eine Analyse schließlich, dass der Fälscher Titanweiß verwendet hatte, das es damals noch nicht gab. Chemische Analysen ergaben auch, dass die Aufkleber auf den Rückseiten der Bilder mit modernem Sekundenkleber angebracht waren.

Der Maler Louis Marcoussis ist nicht so bekannt, wie jene, die von Beltracchi gefälscht wurden. Die Fälscher dürften deshalb darauf gehofft haben, dass hier niemand so genau nachschaut.

Ein Prozesstermin vor dem Amtsgericht Tiergarten steht noch nicht fest.