Ferienzeit

BER-Passagiere am ersten Ferientag: „Wir sind lieber vier Stunden vor Abflug hier“

Die Ferien haben begonnen, wir waren am Berliner Flughafen. Dort gab es zwar Schlangen, aber wenig gestresste Passagiere. Zumindest bis Mittwochabend.

Reisende am BER-Flughafen
Reisende am BER-FlughafenBerliner Zeitung/Markus Wächter

Yvonne Omsen ist vier Stunden vor Abflug an den Flughafen gekommen. Ihre Tochter Pauline sitzt neben ihr auf einer Steinbank vor dem Terminal 2 und die Morgensonne fällt den beiden lächelnden Frauen ins Gesicht. Jetzt, gegen 8 Uhr morgens, haben beide noch mehr als zwei Stunden bis zum Abflug nach Florenz. Alles ist organisiert, sie fliegen nur mit Handgepäck. Nicht mit dabei, aber „in der Tasche“ sozusagen, hat Pauline ihr Abitur. Die 18-Jährige hat am Dienstag schon das Zeugnis bekommen.

Yvonne und Pauline Omsen
Yvonne und Pauline OmsenBerliner Zeitung/Markus Wächter

An den meisten Schulen gibt es an diesem Mittwoch die Zeugnisse. Das bedeutet für die Innenstadtbezirke, dass es wieder etwas mehr freie Parkplätze gibt und für die Bahnhöfe und Flughäfen der Hauptstadt meist: Stress. Besonders schlimm war das Chaos im Herbst 2021, als die Wartezeiten beim Security so lang waren, dass viele ihren Flug deshalb verpassten. Damals höhnten Fluggäste über den gerade erst während der Pandemie eröffneten Flughafen.

Das soll im Sommer 2022 alles anders laufen. Am Mittwochmorgen sieht es noch sehr entspannt aus. Die Hallen sind nicht zu voll, die Wartezeit beim Security steht auf 15 bis 20 Minuten und auf den Bänken sitzen keine gestrandeten Passagiere, sondern nur Familien, die zu viel Zeit zum Warten mitgebracht haben. Allein auf den Rolltreppen ist am Mittwoch jemand zu sehen, der etwas zu laut die Menschen vor ihm bittet, Platz zu machen. Ein normaler Mittwoch, möchte man meinen.

Iulia und Alex Manic fliegen nach Rumänien.
Iulia und Alex Manic fliegen nach Rumänien.Berliner Zeitung/Markus Wächter

Sabine Deckwerth, Sprecherin vom Flughafen Berlin-Brandenburg, möchte das auch so verstanden wissen. „Ich bin stolz auf unsere Mitarbeiter“, sagt sie, „wir haben wirklich von den Erfahrungen der letzten Monate lernen können.“ So wurden mehrere Veränderungen eingeführt, damit sich die Gäste noch besser zurechtfinden und es eben weniger Stau gibt. „Dazu gehören zum einen die Selbst-Check-in-Terminals, die jetzt überall stehen.“ Damit konnte die Wartezeit für viele begrenzt werden. Am Mittwoch zumindest werden diese rege genutzt.

Am Dienstagabend allerdings kam es schon zu einigen Warteschlangen. Besonders vor den Sicherheitskontrollen staute es sich: Ungefähr 150 Menschen stehen dort an und warten, dass ihre Taschen kontrolliert werden. Es bewegt sich alles sehr langsam. Einige fragen sich, ob sie ihre Flüge verpassen? Ein Mitarbeiter in einer gelben Warnweste meint, er könne nicht sagen, wie lang die Wartezeit  ist. Und er ergänzt, dass es auch kein anderer Mitarbeiter verraten würde.

Marcel, 46, steht in dieser Schlange, er fliegt mit seiner Frau Poli, dem kleinen Sohn und sechs Koffern über Istanbul nach Malaysia. Er will dort den Sommerurlaub verbringen. „Heute war die einzige Möglichkeit zu reisen, bevor alles wahnsinnig teuer wird“, sagt er. Die Familie ist zweieinhalb Stunden vor der geplanten Abflugzeit da, genau wie es ihnen geraten wurde, und Marcel blickt jetzt mit Vorfreude auf dem Urlaub – trotz der 16 Stunden Reisezeit. „Wenn wir nach einer Stunde mit der Schlange hier durch sind, dann können wir uns entspannen“, sagt er.

BER-Sprecherin Deckwerth sagt, dass gerade an diesem Engpass in den vergangenen Monaten gearbeitet wurde. „Unsere Personaldecke ist ausreichend“, sagt sie, „und gerade für diesen Mittwoch kann ich sagen, dass wir beinahe durchgehend eine grüne Ampel am Security hatten.“ Das bedeutet, dass die Wartezeit nicht länger als 20 Minuten beträgt. „Doch wenn viele Mitarbeiter krank werden“, sagt Deckwerth, „dann könne es schwierig werden.“ Davon gehe sie aber aktuell nicht aus. Es sollte ihrer Meinung nach reichen, wenn man bis zu zweieinhalb Stunden vor Abflug am Flughafen ist.

Richtig früh aufgestanden ist an diesem Mittwoch Alex Manic mit seiner Tochter Iulia. Sie wollen ins rumänische Iasi fliegen, doch der Flug geht erst nach 11 Uhr. „Wir wohnen in Magdeburg“, sagt Alex Manic müde lächelnd, „aber damit der Zug nicht zu voll ist, sind wir schon 4.20 Uhr losgefahren.“ Seine Tochter fällt ihm ins Wort: „Aber der Zug war doch trotzdem voll.“ Alex Manic: „Ja, aber erst ab Potsdam, bis dahin war es okay.“ Die beiden haben ein 9-Euro-Ticket und wollten auf Nummer sicher gehen. Vier Stunden vor Abflug waren sie am BER.

Genau wie Gabriela B. aus Brandenburg. Sie sitzt jetzt noch sehr lange auf dem Fußboden mit ihren beiden Kindern im Terminal 1, das Glas der Flughafen-Wand im Rücken. Die Zeugnisse haben sie schon? „Ja“, sagt die Mutter und schaut geheimnisvoll, „wir haben einen Weg gefunden, diese gestern schon zu bekommen.“ Jetzt geht es für alle nach Mallorca. Es gab noch Probleme mit dem Flug, sagt sie dann noch, aber daran möchte sie jetzt nicht mehr denken.

Zumindest am Mittwochmorgen wurden keine Flüge abgesagt, alle gingen planmäßig. Am Nachmittag standen drei Flüge als „Cancelled“ auf den Tafel: München, Frankfurt und Köln/Bonn. Doch das Chaos blieb aus. Sabine Deckwerth mag das Wort „Chaos“ auch gar nicht. „Man soll sich vor allem nicht verrückt machen lassen“, gibt sie noch auf den Weg. Und sie wirbt für die Airlines, die einen frühen Check-in möglich machen: Lufthansa, Eurowings und Easyjet. „Wer wirklich unsicher ist, kann dort auch seinen Koffer schon am Abend vor dem Flug abgeben.“ Fortschritt könnte also auch bedeuten, zweimal zum Flughafen zu fahren. Er ist ja auch ganz schön geworden. Pauline, die Abiturientin, die jetzt gerade in Florenz ist, mag ihn zumindest. Es war ihr erster Flug vom BER.