Mit dem Dschungelcamp verhält es sich ein wenig wie mit dem Besuch einer alten Freundin, die man nun auch schon wieder ein Jahr lang nicht gesehen hat. Aber wie schnell ist so ein Jahr rum! Und eigentlich macht es auch gar nichts, dass es so lang her ist, man kennt sich schließlich in- und auswendig und weiß, woran man ist. Ratzfatz ist man wieder drin und schnackt, lästert, lacht zusammen.
Das Dschungelcamp, offizieller Format-Titel: „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“, geht in diesem Jahr in seine 16. Ausgabe. In gewohnt trashigem Gewand, verlässlich gespickt mit Reis, Bohnen und Dr. Bob, erhellt es von nun an wieder ein wenig die düstere Jahreszeit. Und zeigt, dass lineares Fernsehen durchaus noch funktionieren kann. Vorausgesetzt natürlich, man will sich auf den RTL-Dauerbrenner einlassen.
Der findet nach drei Corona-Jahren erstmals wieder im australischen Dschungel statt – mit einem neuen Moderationsduo. Neben der Tunika-tragenden Allzweckwaffe Sonja Zietlow, die von Beginn an dabei ist, hat Jan Köppen die Nachfolge von Daniel Hartwich übernommen. In der Auftaktfolge wirkte der 39-Jährige noch ein wenig wie der beflissene Schüler seiner gestrengen Ausbilderin. Aber sei’s drum.

Aufregender sind ohnehin die mehr oder weniger prominenten Kandidaten, die sich alljährlich durch die Dschungelprüfungen kämpfen und dabei allerlei Ekelmampf verspeisen müssen. Diesmal sind die Camp-Bewohner nach einigen Flautenjahren durchaus wieder vielversprechend, vor allem die Bewohnerinnen, von denen zwei einen Ost-Berliner Hintergrund haben.
Schauspielerin Jana Pallaske, die auch unter dem Pseudonym Jediyess auftritt, sich kurz vor Showbeginn allerdings für eine Umbenennung in Jana Urkraft entschied, wurde in Treptow geboren. Das einstige „Botschafts-Luder“ Djamila Rowe kam in Lichtenberg zur Welt. Auch Claudia Effenberg und Verena Kerth sind durchaus klangvolle Namen, die für Tratsch-, Klatsch- und Lästerfreuden stehen.

Auf der Männerseite sticht zunächst Sänger Lucas Cordalis hervor, dessen 2019 verstorbener Vater Costa Cordalis in der allerersten IBES-Folge zum Dschungelkönig gekürt wurde. Komplettiert wird das Teilnehmerfeld durch die übliche Realitysternchen-, Model- und Influencer-Mischung sowie einen Kandidaten, der das ältere Publikum bei der Stange halten soll. Da Martin Semmelrogge verhindert ist, muss diesmal wohl NDW-Sänger Markus Mörl („Ich will Spaß“) diese Aufgabe übernehmen. Der zeigte zum Auftakt zumindest schon mal reichlich Ambitionen („Ich will Hoden!“) auf die Dschungelkrone.
Damit kam er jedoch nicht an gegen den esoterisch-spirituellen Auftritt, den Jana Pallaske hinlegte. Dauergrinsend mit Blumen im Haar und Hippie-Gewand kündigte sich die 43-Jährige bei der Vorstellungsrunde am Strand effektvoll selbst an, indem sie zunächst das Land und den Ozean begrüßte. „Sie ist ein ganz anderer Menschenschlag wie ich“, konstatierte eine sichtlich verdutzte Claudia Effenberg. Man werde wohl noch interessante Gespräche führen. Das ist natürlich maßlos untertrieben: Pallaske verspricht schon jetzt bestes Nervpotenzial.

Gleichzeitig erweist sie sich als pragmatisch und gestählt, entfachte singend das Camp-Lagerfeuer und absolvierte zuvor auch den Tandem-Fallschirmsprung in den Dschungel mit Bravour. Nach der Landung zeigte sie sich derart überwältigt, dass sie weinen musste: „Das ist das Schönste, was ich seit langem gemacht habe. Die Welt ist so schön. Einfach überwältigend, wie schön die Erde ist.“ Da wurde auch Djamila Rowe etwas blümerant zumute, die zwar unter Höhenangst leidet, sich aber dennoch aus dem Flugzeug fallen ließ und hernach mit einem schnöden „Ick bin da“ der ganzen Szenerie die nötige Bodenhaftung zurückgab.
Da es eh nicht zu übersehen ist, verwies Rowe gleich selbst darauf, dass sie regelmäßig an sich herumbasteln lasse: Brüste und Lippen, „eine einzige Baustelle“. Mit so viel Offenheit bei gleichzeitiger Fähigkeit zur Selbstironie hat die 55-Jährige schon mal die besten Voraussetzungen geschaffen, die Herzen der Zuschauer zu erobern.
Vielversprechend gestaltete sich auch der Start von Tessa Bergmeier, die man aus der vierten Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ kennt, wo sie sich beherzt durch die Sendung geschnauzt und somit für das Dschungelcamp ins Gespräch gebracht hatte. Die 33-Jährige ist Veganerin, was nicht so gut passt zu einem Format, das Schweinepenis und Bullenhoden zum Verzehr anbietet. Als Bergmeiers Camp-Kollege Gigi Birofio „Bock auf ein Steak“ hatte, wurde der „Ex on the Beach“-Kandidat von dem Model sogleich in eine woke Fleisch- und Klimadiskussion verwickelt, wie sie auf Twitter nicht unterhaltsamer geführt werden könnte.




