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Iris Berben als Todgeweihte: „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“

In einem herausragenden ARD-Film spielt Iris Berben eine Frau, die entscheiden muss, wie sie aus dem Leben gehen will. Godehard Giese gibt ihren Sterbebegleiter. 

Karla (gespielt von Iris Berben) hat unheilbaren Krebs in dem Film „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“.
Karla (gespielt von Iris Berben) hat unheilbaren Krebs in dem Film „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“.ARD Degeto

Vor zwei Jahren, zu ihrem 70. Geburtstag, verkörperte Iris Berben im ZDF-Krimi „Nicht tot zu kriegen“ eine launische Show-Diva, die noch mal auf die Bühne steigt. Nun spielt sie in der ARD eine Frau, die Pop-Stars einer ganzen Ära begleitet hatte, erst als Groupie, dann als Fotografin – die ARD-Karla sieht der ZDF-Simone recht ähnlich. Der Film „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ ist auf den ersten Blick ein Sterbe-Drama. Denn Karla hat Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium. Das Hospiz schickt ihr einen ehrenamtlichen „Sterbebegleiter“. Fred (Godehard Giese), ein alleinerziehender Vater, der beruflich Ampeln programmiert, tritt zum ersten Mal in solch einer Mission an. Die Todkranke beruhigt den linkischen Typen: „Für mich ist es auch das erste Mal!“

Einsamkeit verbindet

Der Film von Astrid Ruppert (Buch) und Till Endemann (Regie), eine Adaption des Romans von Susann Pasztor, lässt zwei betont gegensätzliche Figuren aufeinanderprallen. Schon äußerlich stammen sie aus verschiedenen Welten: Der rationale Fred, kostümiert mit karierten Hemden und einer altmodischen Brille, legt keinen Wert auf sein Äußeres, Karen aber zeigt sich selbst im Sterben als extravagant gekleidete Diva. Fred will sich als Sterbebegleiter auch der eigenen Trauer um seine früh verstorbene Frau stellen. Karla aber will ohne Spuren und ohne Aufsehen gehen, würde ihre Asche am liebsten einfach wegkehren lassen. Die beiden werden zunächst nicht warm miteinander. Als Fred dann Karen einen Gefallen tun will und deren Schwester einlädt, die Karla nie wieder sehen wollte, kommt es zum Eklat.

Iris Berben und Godehard Giese zeigen in einer berührenden wie unaufdringlichen Weise auf, dass die beiden ungleichen Außenseiter Karla und Fred doch einiges verbindet – nämlich ihre Einsamkeit. Da wird kein Wort zu viel gesagt und auch die Musik wird sparsam eingesetzt: Karen hört die Klassiker der späten Sechziger und frühen Siebziger, etwa „Sympathy For The Devil“ von den Stones, „Purple Haze“ von Jimi Hendrix, „I Can’t Stand A Rain“ von Joe Cocker – und zum Finale „Both Sides, Now“ von Joni Mitchell – in der getragenen, späten Orchesterversion. Da hat sich Karla schon entschlossen, ihr Gehen zu beschleunigen.

Doch das ARD-Drama bleibt kein Zwei-Personen-Stück. Denn Freds Sohn Phil wird in Karlas Abschied hineingezogen. Mit seinem Faible für Lyrik ist auch er ein Außenseiter. Phil soll eigentlich nur Karlas Fotoarchiv digitalisieren, doch dann entdecken die beiden ihre gemeinsame Liebe zu Poesie. Claude Heinrich, während der Dreharbeiten 15 Jahre alt, kann gegenüber Iris Berben und Godehard Giese absolut bestehen und ist alles andere als ein Novize im Metier: So spielte er schon den jungen Udo Lindenberg im Kinofilm „Mach dein Ding“. Dass Phil die letzten Wochen mit Karla poetisch verarbeitet, ist keine Überraschung. Aber wie er auf der Bühne in seinem Abschiedsgedicht das Leben feiert, das ist so emotional und doch so kitschfern wie der gesamte Film.

Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster. Ab Do., 6.4., in der ARD-Mediathek, Karfreitag, 7. April, um 20.15 Uhr in der ARD