Ratgeber

Frage an den Paartherapeuten: Was ist auf dem Weg zur Familie zu beachten?

Sie fragen, unser Mann für die Liebe antwortet. Heute: Meine Frau und ich kommen aus verschiedenen sozialen Schichten. Kann das gutgehen?

Ein glückliches Paar ist noch keine glückliche Familie.
Ein glückliches Paar ist noch keine glückliche Familie.dpa-tmn

Frieder, 34: Ich bin seit einigen Jahren glücklich verheiratet. Aber seit wir darüber nachdenken, eine Familie zu gründen, habe ich das Gefühl, dass unsere unterschiedliche Herkunft immer stärker eine Rolle spielt. Meine Frau ist sehr wohlhabend aufgewachsen, während ich aus eher einfachen Verhältnissen komme. In letzter Zeit haben wir oft Streit über alltägliche Dinge, aber es kommt mir so vor, als ob wir auch grundsätzlich in Bezug auf Familie, Wohnen und Erziehung sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. Ich habe Angst, dass diese Probleme riesengroß werden, wenn die Kinder erst mal da sind. Haben Sie mit solchen Fällen Erfahrung?

Lieber Frieder, erst einmal meinen Glückwunsch zu eurer glücklichen Ehe. Wie ihr merkt, ist es ein Unterschied, ein glückliches Paar zu sein oder sich auf den Weg zu machen, eine Familie zu werden. Das ist normal. Zum ersten Mal Vater oder Mutter zu werden, beginnt mit einem Donnerschlag und verwandelt sich dann in eine Mischung aus Sintflut und Symphonie von Gefühlen und Veränderungen.

Die frischen Eltern werden mit Gefühlen aus der Tiefe ihrer Seelen konfrontiert, die sie bisher noch nicht erleben und integrieren konnten. Es ist, als ob ein Vorhang weggezogen wird und einem plötzlich der Sinn des Lebens erklärt wird. Die neue Familie macht sich auf den Weg, ihr eigenes kleines Universum zu werden. Alle jungen Eltern müssen sich jetzt – trotz Schlafmangel und Hormonen – zusammenraufen und ihre gemeinsamen Regeln für ihr gemeinsames Leben finden. Sie sind jetzt Familie.

Jetzt führen Sie als weiteren Schwierigkeitsgrad Ihre unterschiedliche Herkunft an. Auch da gebe ich Ihnen recht: Das kann zu ernsten Verwerfungen führen. Weiterhin gibt es schon Streit über kleine Dinge.

Allerdings scheint Ihre Frau noch nicht schwanger zu sein, es ist also noch etwas Zeit, die Dinge anzugehen. Aus meiner Erfahrung ist es sinnvoll, über all diese Fragen neugierig miteinander zu sprechen. Es soll bei den Gesprächen nicht darum gehen, feste Meinungen zu vertreten, recht zu bekommen oder feste Abmachungen auszuhandeln – Sie wissen sowieso nicht, wie es dann sein wird. Betrachten Sie die Gespräche als eine neue, tiefere Form des gegenseitigen Kennenlernens. Deren tieferer Sinn ist es, Ihr Vertrauen in das Miteinandersprechen zu vertiefen. Wenn Sie neugierig miteinander sprechen können, werden Sie auch über Ihre Unterschiede, Wünsche und Grenzen als Eltern sprechen können. Als Hilfestellung finden Sie im Netz zahlreiche Anleitungen, oder Sie buchen sich einige Sitzungen bei einem Paartherapeuten. Viel Glück!