Torsten, 38: Lieber Herr Lenné, meine Frau und ich haben einen dreijährigen Sohn, der extrem auf seine Mutter fixiert ist. Wenn sie den Raum betritt, bin ich abgemeldet, manchmal schiebt er mich dann sogar aus dem Zimmer. Wenn ich ein paar Tage beruflich unterwegs bin, fragt er nicht nach mir, wenn meine Frau nur mal einen Kaffee trinken geht, fließen die Tränen. Ich gebe mir wirklich sehr viel Mühe mit ihm, bin aber langsam mit meinem Latein am Ende. Natürlich verletzt es mich auch und für meine Frau ist es sehr anstrengend. Dazu kommt, dass diese Dynamik unserer Beziehung schadet, denn unser Sohn fängt quasi sofort an zu schreien, wenn wir Eltern uns mal unterhalten, weil er die alleinige Aufmerksamkeit meiner Frau will. Haben Sie einen Rat?
Lieber Torsten, am Anfang des Lebens gibt es fast immer größere Nähe zwischen Baby und Mutter. Aus der Forschung wissen wir, dass sich der Gefühlshaushalt der werdenden Mutter schon in der Schwangerschaft in Richtung Feinfühligkeit und Bindung ausrichtet. Wir Männer können diesen Prozess in uns anregen, indem wir zum Beispiel während der Schwangerschaft den immer dicker werdenden Bauch unserer Frau viel streicheln und mit dem Baby darin Kontakt aufnehmen.
Durch zu viel Abwesenheit kann ein Teufelskreis entstehen
Vertrauen zwischen Vater und Kind entsteht durch intensiven Kontakt. In uns Männern wächst dabei unsere Fähigkeit, feinfühliger und genauer die Bedürfnisse unseres Kindes zu erkennen. Wir können unseren Kinder dann eine fast so sichere emotionale Heimat bieten wie die Mutter.
Du schreibst, dass du öfter einige Tage weg bist. Vielleicht ist oder war das etwas zu viel für dich und deinen Sohn. Oft entsteht so ein kleiner Teufelskreis: Die Mutter fühlt sich mit dem und für das Kind allein gelassen, weil der Vater nicht genug da ist. Die Mutter-Kind-Bindung vertieft sich. Der Vater ist und fühlt sich noch etwas weiter außen vor. Die Mutter-Kind-Bindung vertieft sich weiter. Und so fort. Oft fühlt sich die Mutter hier überfordert und hat einen latenten Vorwurf gegen den Vater. Das Kind spürt die Spannung zwischen den Eltern und wendet sich noch mehr der sicheren Bezugsperson, der Mutter, zu.


