Sarah hat Geburtstag. Sie hat die Konzertkarte für das Jan-Böhmermann-Konzert von ihren Freunden geschenkt bekommen. Wir sind uns einig: Die Gesellschaft ist das A und O, wenn es um eine gute Zeit geht. Der Rest ist Nebensache.
Und diese Nebensache ist ein schlechter Sound, ein Spießer-Publikum in Pufferjacken und ein Entertainer, der in seinem Ironie-Verständnis in den Nullerjahren hängen geblieben ist und sich in ambivalenzfreiem Upper-Class-Bashing verliert.
Dabei hätte alles so schön sein können. Jan Böhmermann, der einst einen superglamourösen Politskandal um Recep Tayyip Erdoğan auslöste und musikalisch durchaus talentiert ist, gastierte an diesem grauen Montagabend mit seiner „Ehrenfeld Intergalactic Tour 2023“ in der Berliner Max-Schmeling-Halle. Der Andrang ist groß. Die Polizei ist anwesend. Und es gibt mindestens zwei Demonstrationen.
Wenngleich der Protest skurril unter den Bäumen wirkt, die den betonierten Platz säumen. Die Gruppen rufen Parolen in die Nacht: „Freie Entscheidung für alle, für immer.“ Man weiß nicht genau, was sie wollen. Es sind wohl diese Querdenker. Es geht wahrscheinlich einfach nur um Aufmerksamkeit. Um jeden Preis. Wie immer, für immer.
Dennoch ist das erst mal beeindruckend. Welches Rock- oder Popkonzert wird schon von so einem Bohei begleitet. Wahrscheinlich hat Böhmermann auch Polizeischutz, das ist schon wieder cool irgendwie.
Endlich drin, beginnt die Performance dann verspätet. Nach einem obligatorischen Vorspiel der Band betritt Jan Böhmermann die Bühne. Ganz in Schwarz, mit glitzerndem Blouson. Später erklärt er es zur „billigen Balenciaga-Jacke“. Okay.
Danger Dan als Überraschungsgast: Die Massen jubeln
Gespielt werden diverse Coverversionen berühmter Hits mit anderen Texten. Inhaltlich ist die Lage nur kompetent einzuschätzen, wenn man ein treuer Zuschauer des „ZDF Magazin Royale“ ist. Ist man nur ein Gelegenheitsgucker, sind viele Dinge unverständlich. Leider ist auch der Sound an jeder Ecke der Halle schlecht. Schade, weiß man doch, dass Lorenz Rhode und sein Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld wirklich virtuos sind.
Was man also im „Magazin Royale“ bisher als schön wahrnahm, versuppt in der Mainstream-Arena in blechernem Klirren. Und die im Takt klatschenden Massen – ist das noch Ironie oder bereits stumpfe Gefolgschaft? Einige Gesichter wirken unsicher.
Sarah geht jetzt eine rauchen, ihre Freundin Dani kehrt zurück an den Stehtisch und beschwert sich über die Spießer im Publikum, die ihren Flow nicht verstehen. Dann plötzlich tritt Danger Dan als Überraschungsgast auf die Bühne und singt den Song „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“. Die Massen jubeln. Lauter als zuvor an diesem Abend. Alles scheint politisch aufgeladen.
Über der Bar hängt eine Ankündigung für ein Konzert der österreichischen Band Wanda am 17. März. In deren Texten geht es um Liebe und Saufen. Ich wünschte, es wäre bereits März.
Empfehlungen aus dem Ticketshop:













