Bücherfrage der Woche

Tanja Dückers, was verbindet Sie mit der ukrainischen Autorin Natalka Sniadanko?

Erst haben sie einander Briefe geschrieben, nun sitzen sie gemeinsam auf einem Podium: Tanja Dückers aus Berlin und Natalka Sniadanko aus Lwiw.

Die Schriftstellerin Tanja Dückers. Zuletzt veröffentlichte sie das Erinnerungsbuch „Mein altes West-Berlin“ in der Bebra-Reihe „Berliner Orte“ und bei Insel den Stadtführer „Das süße Berlin: Die Schokoladenseiten der Hauptstadt“.
Die Schriftstellerin Tanja Dückers. Zuletzt veröffentlichte sie das Erinnerungsbuch „Mein altes West-Berlin“ in der Bebra-Reihe „Berliner Orte“ und bei Insel den Stadtführer „Das süße Berlin: Die Schokoladenseiten der Hauptstadt“.Berliner Zeitung/Markus Wächter

Im Rahmen des Autorennetzwerks Weiter Schreiben tauschen sich seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine Schriftstellerinnen aus Deutschland mit ukrainischen Kollegen aus. Ein Duo, bestehend aus Natalka Sniadanko und Tanja Dückers, wird seinen Briefwechsel am Donnerstag öffentlich vorstellen. Fragen wir vorab Tanja Dückers: Was bedeutet Ihnen dieser Briefwechsel?

Ich habe Natalka Sniadanko 2008 kennengelernt, als ich auf Einladung des DAAD in der Ukraine war. Wir hatten in Lwiw im schönen Les-Kurbas-Theater gemeinsam gelesen. Das Theater wurde nach Kriegsbeginn zur Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ostukraine. Ich schätze Natalkas Stil sehr. Sie schreibt aus einer modernen weiblichen Perspektive, hat einen verrückten Humor, eine überraschende Fantasie und richtet ihren Radar sowohl in die Geschichte als auch in die ukrainische Gegenwart. Auch das jüngste Buch „Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde“ gefällt mir ausgesprochen gut.

Eine Kollegin im Krieg

Wir sind in Kontakt geblieben, über unsere Arbeit, unsere Bücher und intensiver seit dem Beginn des Kriegs, nach Natalkas odysseehafter Flucht mit ihren Kindern nach Deutschland. Durch sie kam mir alles besonders nahe. Mir war bewusst, dass es meine Kollegin trifft, mit der ich vieles gemeinsam habe. Als ich im Herbst drei Monate in den USA war, habe ich dort nicht nur meine Bücher vorgestellt, sondern auch Natalkas. Ich habe für verschiedene Medien über sie und ihr Werk geschrieben.

Ein literarischer Briefwechsel, wie ihn Weiter Schreiben angeregt hat, ist natürlich etwas Besonderes. Dass diese Texte für ein Publikum entstehen, hat uns in einem guten Sinne dazu gebracht, unsere Gedanken klarer zu formulieren. Sie haben eine stärkere gesellschaftspolitische Komponente als unsere privaten E-Mails. Ich habe den Austausch bewusst genutzt, um mir Gedanken zu machen über das Bild von Russland, an das wir uns gewöhnt hatten. Wir haben diesen Staat nicht als Imperium wahrgenommen. Und Natalka, die schon oft in Deutschland zu Gast war, aber jetzt in Marbach lebt, reflektiert darüber, was der Verlust des Zuhauses für sie bedeutet. Sie spricht sehr gut Deutsch, aber diese Briefe hat sie in ihrer Literatursprache verfasst, auf Ukrainisch, sie wurden übersetzt.

Lesung und Gespräch, 25. 5., 18 Uhr, Stiftung Mercator, Neue Promenade 6, 10178 Berlin. Anmeldung erbeten unter: kontakt@weiterschreiben.jetzt