Keine Angst, niemand, schon gar nicht der Kolumnist, will hier mit Ihnen tanzen. Wenn dann nur im übertragenen Sinn. Sie dürfen sich eingeladen fühlen, hier mit dem Autor zusammen ein paar Gedankenpirouetten (Locken) auf dem Parkett (der Glatze) zu drehen. Strenggenommen ist das freiwillig und niemand zwingt Sie hier weiterzulesen. Aber wenn man Sie ganz lieb bitten würde?
Jemanden um etwas zu bitten, heißt, einen Wunsch zu äußern, zu dessen Erfüllung das Gegenüber beitragen kann, aber nicht muss. Es gehört unbedingt dazu, dass eine Bitte, so dringend sie auch sein mag, niemanden unter Handlungsdruck setzen darf und demjenigen, der sie erfüllen soll, seine diesbezügliche Entscheidung freistellt. Sonst könnte man die Leute auch einfach zu etwas auffordern. Oder sie per Befehl in Kenntnis dessen setzen, was zu tun ist. Nicht stehenbleiben, weiterlesen!
Warum eigentlich nicht? Weg mit den Verbrämungen und Verbiegungen der Höflichkeit. Denn wenn man es sich recht überlegt, ist die Bitte „Darf ich bitten?“ eine regelrechte Frechheit. Zumal jedwede Antwort auf die Fragefloskel „Darf ich bitten?“ nichts und niemanden dem Zweck ihrer Äußerung näher bringt.
„Darf ich bitten?“ ist nur eine Vorstufe oder ein Rudiment des eigentlichen Bittgegenstandes, der gar nicht erst ausformuliert wird, möglicherweise weil bereits alle Beteiligten ahnen, dass es sich um eine Unzumutbarkeit handelt – und der Mut den Fragesteller in seiner Untertänigkeit schon verlassen hat, ehe er zum Punkt gekommen ist. Wodurch das Ganze paradoxerweise zum Holzhammeranwurf wird.
Die Frage lautet eigentlich: „Darf ich um einen Tanz bitten?“
Um die Sache hier nicht unnötig zu verkomplizieren, schauen wir erst einmal auf die reine Semantik. Wenn der Angesprochene diese Frage „Darf ich bitten?“ vielleicht noch nie gehört hat, im buchstäblichen Sinn auf sie eingeht und sie beispielsweise mit Ja beantwortet, heißt das noch lange nicht, dass man dann zugreifen und den Jasager auf die Tanzfläche ziehen dürfte. Warum? Na, weil der Jasager mit seinem Ja doch nur die Bitte erlaubt und vergessen hat zurückzufragen, worum es denn geht, damit er sich und sein mögliches Zutun prüfen und sich befragen könne, ob er in der Lage und Willens sei, zur Wunscherfüllung beizutragen.




