Berlin-Ein erster kurzer Blick auf den letzten und wohl wichtigsten Teilbericht des neuen Weltklimaberichts reicht aus, um zu begreifen: Das wird knapp. Die Welt ist im Prinzip nur noch drei Jahre davon entfernt, selbst das 2-Grad-Klimaziel zu verspielen. Eine bittere Erkenntnis. Gerade steuern wir auf eine 3,2-Grad-Erwärmung bis Ende des Jahrhunderts zu. Und was ist mit dem 1,5-Grad-Ziel? Ja, das ist quasi unerreichbar geworden.
Im Prinzip liest sich der neue IPCC-Bericht wie eine Art Abgesang auf das 1,5-Grad-Ziel. Das Fatale: Wir hätten es erreichen können und könnten es auch noch. Allerdings müssten die Mitgliedstaaten tatsächlich radikal und sofort umsteuern, was eher unwahrscheinlich ist, wenn man schon in Deutschland einfachste Maßnahmen wie das Tempolimit nicht durchsetzen kann. Fakt ist: Das Wissen ist vorhanden – und das schon seit Jahren. 1990 hat der Weltklimarat zum ersten Mal in einem Bericht auf den Zustand des Klimas und die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam gemacht. Es kommt immer neues Wissen dazu, doch der eigentliche Appell, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wiederholt sich Jahr für Jahr.
Kosten für Solar- und Windenergie sind deutlich gesunken
Dank der Klimaaktivistinnen und -aktivisten ist die Klimakrise in den vergangenen Jahren glücklicherweise immer mehr in den medialen Fokus gerückt. Das zeigt sich auch in der Gesellschaft. Immer mehr Menschen wollen nachhaltig und klimafreundlich leben. Unternehmen setzen zunehmend auf Nachhaltigkeit. Und auch sonst hat sich bereits einiges getan, sind sich auch die Autorinnen und Autoren des neuen IPCC-Berichts einig.
So hat sich die Zahl der politischen Maßnahmen und Gesetze zum Klimaschutz seit dem letzten Weltklimabericht im Jahr 2015 deutlich erhöht. Es wurde seitdem auch schon viel in treibhausgasarme Technologien und Infrastruktur investiert. Und auch der Einsatz erneuerbarer Energien hat sich beschleunigt. Seit 2010 sind zudem die Kosten für Solar- und Windenergie sowie für Batterien nachhaltig um bis zu 85 Prozent gesunken.
Es gibt ein gewaltiges Zeitproblem
All das macht Hoffnung und vieles geht auch in die richtige Richtung, doch wir stehen vor einem gewaltigen Problem: die Zeit. Denn diese läuft ab. Um das 2-Grad-Ziel überhaupt noch erreichen zu können, müssten wir jetzt sofort die Treibhausgasemissionen drastisch reduzieren. Ab 2025 müssten die globalen Emissionen dafür kontinuierlich sinken, heißt es im IPCC-Bericht. Doch blickt man auf die vergangenen Jahre, sieht man eher einen gegenteiligen Trend: einen Emissions-Anstieg.
Doch aufgeben ist keine Option. Was wir jetzt brauchen, ist eine Notbremse. Wir müssen weg vom Status quo, den viel zu langsamen Maßnahmen und hin zu einem radikalen systemischen Wandel, und zwar in allen Sektoren: Landwirtschaft, Mobilität, Industrie, Energieversorgung, Verkehr und Gebäude. Ein klimafreundliches Leben steigert das Wohlbefinden, fördert unsere Gesundheit, macht das Leben attraktiver und das Wichtigste: Es sichert kommenden Generationen eine sichere Zukunft.
Eine der vielversprechendsten und wohl wirksamsten Maßnahmen zur Minderung der Erderwämung ist die sofortige Abkehr von fossilen Energieträgern. Also: endlich weg von Gas, Kohle, Öl. Am besten wäre ein internationaler Kohleausstieg. Die Mobilität muss klimaneutral sein – und zwar so schnell wie möglich. Und auch in der Industrie und im Gebäudesektor gibt es zahlreiche Maßnahmen, die umgesetzt werden müssten, hin zur Klimaneutralität.
Wandel des eigenen Lebensstils ist nötig
Keine dieser Lösungen davon ist tatsächlich neu. Das „Wie“ ist bekannt. Was fehlt, ist nach wie vor der politische Wille, der Ehrgeiz, endlich drastische Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Allein in den Sektoren Ernährung, Gebäude und Mobilität gibt es ein Emissions-Reduktionspotenzial von 40 bis 70 Prozent. Schon weniger Fleischkonsum spart enorm viele Treibhausgasemissionen. Es gibt also genug Möglichkeiten, etwas zu ändern.



