An Festtagen gibt es immer besondere Sachen zu essen. Im Supermarkt türmen sich dann Lebkuchen, Spekulatius, Christstollen und Co. Und auch in der Bäckerei und Konditorei wird das Sortiment um Weihnachtsklassiker und regionale Spezialitäten erweitert. Kulinarische Zeitschriften wie Essen & Trinken, Der Feinschmecker und Brigitte liefern allerlei Rezepte für kräftig gewürzten Süßkram, aufwendig dekoriertes Gebäck oder feine Soßen und Beilagen zu üppigen Festtagsbraten.

Und damit geht natürlich der Stress schon los. Denn jeder will zumindest den Heiligabend so feiern, wie man ihn von zu Hause kennt. „Ererbte Tradition“, so könnte man das ganze Konzept der Heiligen Nacht umschreiben. Einen Tannenbaum, den haben natürlich fast alle zu Hause. Bei manchen steht er schon jetzt und beginnt zu nadeln, und manche stellen ihn erst kurz vorher auf. In Großbritannien übrigens haben sie dank der deutschstämmigen Königsfamilie (Dynastie Sachsen-Coburg-Gotha) auch Weihnachtsbäume. Bei den Windsors gibt es, anders als bei den britischen Untertanen, Bescherung nicht morgens am 25. Dezember, sondern nach deutscher Tradition an Heiligabend.
Auch beim Essen hat jede Familie ihre Tradition. Bei manchen gibt es klassischen Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen, die anderen übergießen stundenlang vor dem Servieren ihre riesige Gans mit heißem Fett, bei wiederum anderen gibt es immer Wild, Hasenbraten zum Beispiel bei uns, oder Gänsestopfleber. Nur die wenigsten Familien sind dabei experimentierfreudig. Mit kleinen Abweichungen gibt es immer dasselbe zu essen. Dabei kann man doch mit den vorhandenen Zutaten ziemlich gute Sachen machen.

Das Weihnachtsessen soll ja nicht langweilig werden!
Warum ich das sage? Weil es manchmal eben langweilig wird, wenn Zitrusfrüchte nur auf dem Tisch vergammeln, keiner mehr Lust auf Marzipan und Spekulatius hat. Und noch eine Sache ist mir wichtig: Manche kulinarischen Geschenke müssen irgendwie verwertet werden. Zum Beispiel der Panettone, den bekommt man ja immer beim Stammitaliener als Weihnachtsgeschenk. Die Ahnungslosen probieren das Ding dann auch noch und wundern sich über das trockene Gebäck. Profis reichen das ungenießbare Geschenk gleich an ihre bucklige Schwiegermutter weiter. So geht freundlicher Sadismus an Heiligabend!
Dabei macht sich etwa der Panettone als eine Art French Toast zum Frühstück gar nicht so schlecht. Hier kann der Kuchen seine Stärken ausspielen. Und auch den langweiligen Spekulatius, den die Personalabteilung jedem Arbeitnehmer ins Säckchen getan hat, lassen wir in ungewohntem kulinarischen Glanz erstrahlen. Hier also unsere alternativen und kinderleichten Recycling-Rezepte für ungenießbares Weihnachtszeugs:

Zum Frühstück: Italian Toast aus Panettone
Zutaten: 1 Panettone, Butter, Puderzucker, Mascarpone, 1 Zitrone, 1 Sack gefrorene Waldbeeren, Honig.
Zubereitung: Ganz einfach, wie ein French Toast oder arme Ritter, nur dient als Basis das Weihnachtsgebäck der Italiener, ein Panettone. In Scheiben geschnitten und goldbraun in Butter mit etwas Puderzucker ausgebacken als „Finger licking delicious“-Basis. Obenauf kommt dann eine dünne Schicht aufgeschlagene Mascarpone, etwas Zitronenabrieb und ein Kompott aus Waldbeeren. Dieses kochen Sie einfach aus gefrorenen Früchten mit ein wenig Honig. Einfach, billig und delizioso!
Als Dessert zum Mittag: Kumquat-Kompott
Diese kleinen Zitrusfrüchte haben es als Deko-Objekte ja inzwischen in viele Wohnzimmer geschafft. Roh sind sie fast ungenießbar. Aber wegschmeißen soll man Lebensmittel ja nicht. Also los:

Zutaten: Kumquats, Butter, Zucker, Orangensaft, Speisestärke, Vanilleschote, Joghurt.
Zubereitung: Mit ein wenig Arbeit haben Sie schnell ein köstliches Kompott, es sind nur ein paar ganz einfache Kniffe zu berücksichtigen. Bevor Sie die Kumquats kochen, übergießen Sie sie mehrfach mit kochendem Wasser, das zerstört die Bitterstoffe, und das Kompott schmeckt zudem dann auch nicht seifig.
Sind die Früchte mehrfach überbrüht, werden sie halbiert und die Kerne entfernt, das ist ein wenig Arbeit, aber lohnt sich. In einem Topf kochen wir nun ein helles Karamell (Butter, Zucker) und löschen mit etwas frischen Orangensaft ab (man braucht deutlich weniger als man glaubt).
Mit Speisestärke dicken wir alles ein und geben dann die Kumquats dazu. Lassen Sie alles zwei bis drei Minuten köcheln und nehmen Sie es dann von der Hitze. Ist alles leicht abgekühlt, kommt ausgekratzte Vanilleschote herein (ist es noch zu heiß, verbrennt die empfindliche Vanille und wir verlieren viel Geschmack). Nun lassen wir alles auskühlen und servieren es dann mit etwas Joghurt. Diesen vorher mit etwas Honig süßen. Ganz einfach.
Nachmittags zum Kaffee: Datteln mit Marzipan, Walnüssen und Schokolade
Zutaten: Datteln, Marzipan, Walnüsse, Schokolade oder Kuvertüre.
Zubereitung: Diese Speise hat angeblich meine Urgroßmutter aus Moskau mitgebracht. Die Datteln werden entkernt. Anstelle des Kerns kommt dann etwas Marzipan, in welches man eine Walnuss drückt. Anschließend werden diese Datteln in geschmolzene dunkle Kuvertüre getunkt. Ekelhaft gut! Könnte es auch im Bioladen neben der Waldorfschule Dortmund-Brünninghausen zu kaufen geben. Dazu gab es immer starken Lapsang-Souchong-Tee aus dem Samowar.
Als Dessert zum Abendessen: Spekulatius-Tiramisu
Zutaten: Spekulatius oder Spekulatiuscreme, und noch alle anderen Zutaten für Tiramisu.
Zubereitung: Um ein Tiramisu ein bisschen weihnachtlich zu machen und den ollen Spekulatius zu recyceln: Es gibt bereits einige Rezepte, die den Löffelbiskuit durch Spekulatius ersetzen, aber dadurch verliert mir das ganze zu sehr an Authentizität. Selber mische ich einfach ein wenig Spekulatiuscreme, die gibt es etwa von der Firma Lotus (Biscoff Spread), mit in die Mascarpone-Creme. In das Kakaopulver zum Abpudern gebe ich ein wenig Zimt oder geriebenen Spekulatius und fertig. Dazu können Sie Orangenfilets servieren, das gibt dem Ganzen noch ein wenig Frische.
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