Es sind nicht viele, aber ein paar gute Dinge sind mir aus der fernen Lockdown-Zeit geblieben: Immer wenn ich meinen Küchenschrank über den Mülleimern öffne, denke ich daran. Darin stapeln sich leere Einmachgläser, welche mit Schraubverschluss, welche mit Gummidichtung, und mit ihnen viele schöne Erinnerungen an Take-away-Spezialitäten wie etwa ein Rosenkohlsalat mit Granatapfel und Blauschimmelkäse, ein Hühner-Frikassee und ein Boeuf Bourgignon.
Gerichte, die ich mir damals nach Hause bestellt hatte und selbst am eigenen Herd nie so hingekriegt hätte. Andere, inzwischen verblasste Aufkleber erzählen vom saftigen Kaninchen-Confit, der herrlichen Poulardenrillete mit Quitte sowie Chutneys, Pasteten und Suppen, die ich von ausgedehnten Spaziergängen – was anderes konnte man ja nicht machen – mitgebracht hatte.

Ich mochte, dass viele Restaurants ihre besten Gerichte und Verkaufsschlager zur Abholung an einem Ladenfenster anboten. Manche vertrieben sie sogar über Online-Shops, Pick-up-Stationen oder als Bringmenü. Verständlicherweise stellten viele diese Dienste mit der Öffnung ihrer Restaurants wieder ein.
Die Einweckgläser aus dem Lockdown stapeln sich im Schrank
Auch das Kochu Karu, ein weltweit ziemlich einmaliges Restaurant, das die Küchen von Korea und Spanien vereint, versorgte damals die Berliner täglich mit einem dreigängigen „Nimm Mahl“-Menü in Einweckgläsern: Ich erinnere mich etwa an ein galizisches Rindstartar mit Porree und Iberico-Speck, sowie an einen Salat aus gedörrter, koreanisch gewürzter Makrele, die mit einem typisch lateinamerikanischen Picadillo-Salat aus kleingehackten Zwiebeln, Tomaten und Paprika kombiniert war.

Schon damals ahnte ich, solch Fertiggerichte de luxe kriege ich später nie wieder zu kaufen. Unvergleichlich schmeckten auch die koreanischen Chips aus Lotuswurzel, Algen-Tapioka und Pastinake, die es normalerweise nur im Restaurant gibt, nicht aber außer Haus. Inzwischen weiß ich, dass ich nicht die einzige bin, die sie als knusprigen Snack auf dem Sofa vermisst.
„Die meisten Gäste des Restaurants fragen mich, ob man die nicht auch zum Mitnehmen kaufen kann“, erzählt mir Bini Lee, die Gastgeberin des Koch Karu. Zusammen mit ihrem Ehemann, dem Küchenchef José Miranda Morillo, hat sie das koreanisch-spanische Restaurant vor zehn Jahren aufgemacht und vom anfänglichen Tapas-Konzept hin zu einem Fine-Dining-Erlebnis entwickelt.

Die Lotus-Chips haben Suchtpotenzial
An den Lockdown erinnert sie sich wie alle Gastronomen natürlich nur ungern. Und doch hatten sie und ihr Mann auch ein paar gute Erfahrungen gemacht, die sie aus der Zeit hinüberretten wollten. Etwa den Zuspruch für ihre Einweckglas-Gerichte und, na klar, die Lotus-Chips, die tolle Zusammenarbeit mit neuen Produzenten und anderen Gastro-Kollegen, deren Produkte sie fürs Lockdown-Menü nutzten und auch die neuen Freundschaften zu Weinhändlern, die ihre Läden als Pick-up-Stationen für das „Nimm Mahl“-Menü zur Verfügung stellten.
Als schräg gegenüber von ihrem Restaurant Kochu Karu auf der Eberswalder Straße ein Lederwarengeschäft Anfang des Jahres zumachte, sahen sie ihre Chance und schlugen zu. Bini Lee und José Miranda Morillo mieteten den Laden und machten daraus einen Ableger, ein Kochu-Karu-Tages-Deli, das mich ähnlich wie mein Küchenschrank an die besten Seiten des Lockdowns erinnert.

Seit einer Woche hat das Deli jetzt geöffnet. Für mich gleicht es einer Wunderkammer, weil es hier Dinge zu kaufen gibt, die man nirgendwo sonst bekommt. Vor allem sind das einige Signature Dishes aus dem Koch Karu. So gerne ich auch essen gehe, manchmal ist es auch schön, das fantastische Kartoffelgratin mit weißem Kimchi und abgeflämmten Manchego-Käse direkt aus dem Glas auf dem heimischen Sofa zu essen. Ganz schnell hat man es im Wasserbad aufgewärmt. Das Kartoffelpüree ist cremig und wird von der Säure des Kimchi gekontert, der mit Sherryessig, Senf und Zitrone ordentlich Wumms hat.
Spanisch-koranische Fusionsküche, das ergibt Sinn
Ein weiteres José-Morillo-Lieblingsgericht, das es im Deli zu kaufen gibt, ist der Algensalat. Als Dauerbrenner steht er schon seit 2012 auf der Karte des Kochu Karu. Auch hier wird das Beste aus drei Welten kombiniert: In Korea und Spanien isst man gerne Algen. Diese hier stammen aus einer Algenzucht vor Cadiz in Andalusien und werden mit besten Brandenburger Gurken, Äpfeln und Kohlrabi angerichtet sowie einer Emulsion aus Apfelsaft, Wasabi und Olivenöl angemacht. Ich kann nicht genug davon kriegen.
Ebenso wie von Bugak. So heißen die Gemüse-, Algen- und Lotus-Chips auf koreanisch, die getrocknet und mit Klebreispaste überzogen werden, bevor sie frittiert und anschließend wieder getrocknet werden. Wie ich gelernt habe, stammt dieses kulinarische Verfahren aus der koreanischen Tempelküche. Nonnen haben diese Chips als leichte Wegzehrung mit auf ihre Reisen genommen, erzählt Bini Lee. Wie cool!

Frittiert werden sie übrigens in Perilla-Öl, das neben Sesamöl das wichtigste Öl in der koreanischen Küche ist und sehr gesund sein soll. Bini Lee sagt, sie trinke jeden Tag einen Löffel davon in lauwarmes Wasser gerührt. Ich habe es erstmal lieber pur probiert, es schmeckt sehr nussig. Im Deli kann man dieses sowie andere ausgefallene Öle von einer kleinen koreanischen Manufaktur namens Queens Bucket kaufen.
Im Deli gibt es, was das Herz begehrt
Neben den selbstgemachten „Best of Kochu Karu“-Gerichten gibt es im Deli noch jede Menge ungewöhnlicher Produkte von Erzeugern, die Bini Lee und ihr Mann hier bekannt machen wollen. Das reicht von spanischem Schinken über vegane und nicht vegane Käsespezialitäten bis hin zu Sachen wie einem dehydrierten Kimchi-Block, den man als Würze über sein Essen reiben kann. Ferner findet man ausgefallene Weine und Getränke, mein Liebling: ein koreanisches Reisbier, das man im eigenen Kühlschrank ansetzt.

Die Produkte im Deli passen genauso wenig wie die Küche des Kochu Karu in eine kulinarische Schublade. Und die vielen Einweckgläser, die ich von hier anschleppen werde, nicht mehr in meinen Küchenschrank. Zum Glück habe ich jetzt einen Ort, um sie „in Zahlung“ zu geben.
Kochu Karu Deli. Eberswalder Str. 16, 10435 Berlin, geöffnet Montag bis Freitag 10 bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 15 Uhr






