Alex Barbian ist freier Musikjournalist. Während seines Geschichtsstudiums an der Freien Universität Berlin war er als Moderator für MTV Germany und verschiedene HipHop-Portale tätig. Später arbeitete er unter anderem für die ZEIT, fluter.de und Deutschlandfunk Kultur. Sein Interview-Podcast SINUS wurde 2022 beim International Music Journalism Award als "Best Work of Music Journalism under 30" ausgezeichnet.

Er sieht sich als „Junge mit Ostprägung“: Der Friedrichshainer Rapper Savvy beleuchtet auf seinem aktuellen Album seine ambivalente Beziehung zu Berlin. Was beschäftigt ihn?

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Berliner Rapper Savvy: „Wenn du nachts S-Bahn fährst nach Lichtenberg, pass auf dich auf“

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Ist Mauli Filmkomponist? Sein drittes, im Mai 2024 in Do-it-yourself-Manier herausgebrachtes Album „Cinepop“ klingt jedenfalls so, als würde es einen <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/walt-disney">Disney</a>-Film untermalen; dass es diesen Film gar nicht gibt, ist erstaunlich egal. Vermutlich ist es sogar besser so: Mauli dürfte sich ziemlich schwertun in der Rolle des gefügigen Auftragsarbeiters, er war immer mehr Freigeist als Mitschwimmer.<br><br>„Gegen den Strom aus Instinkt, würde gerne wissen, warum ich so bin“ – das ist nicht umsonst eine der rahmengebenden Schlüsselzeilen auf „Cinepop“. Die gesamte Platte kreist in vierzehn Akten um das Leben eines Geisterfahrers, dem die Transformation infantiler Schnapsideen in exzeptionelle Kunst stets wichtiger war als jedwede Art gesellschaftlicher Anerkennung. Mauli beschreibt sich selbst als „Realitätsverleugner, der immer seinen eigenen Blick durchprügelt“. Das trifft es ganz gut, das zeichnet ihn aus: diese radikale Sturheit, mit der er ureigene Perspektiven auf die Welt konstruiert, Soundeffekte ausreizt und sogar Genres erfindet. „Cinepop“, das gibt es ja eigentlich gar nicht, das ist ein typisches Hirngespinst Marke Mauli.

Der Berliner Rap-Sänger und Produzent Mauli hat mit „Cinepop“ ein neues Album veröffentlicht – und darauf ein neues Genre erfunden. Ein Porträt.

Berliner Rapper Mauli mit neuem Album: Klamottenklauen als Kunstaktion

Nach <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/thueringen">Thüringen</a> reise ich eigentlich nur, wenn’s unbedingt sein muss. Ich habe die ersten neunzehn Jahre meines Lebens in <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/weimar">Weimar</a> verbracht und dort wegen meiner Zugehörigkeit zur lokalen linksalternativen Szene mehr Ärger gehabt, als mir lieb war. Nach meinem Abitur 2013 konnte ich das selbsternannte „grüne Herz Deutschlands“ endlich in Richtung Berlin verlassen. Hier habe ich Geschichte studiert und Josi kennengelernt, hier wurde ich Texteschreiber, hier kann ich nachts trotz des Großstadtlärms deutlich ruhiger schlafen. Manchmal verschlägt es mich dann aber doch in die alte Heimat. Eben wenn’s unbedingt sein muss – und diesmal muss es unbedingt sein.

DDR-Punk trifft True Crime: Für seinen Podcast „Otze – Stasi, Punk & Mord“ reiste Alex Barbian mit Josi Miller durch Thüringen. Hier erzählt er von der aufreibenden Recherche.

Punk, Mord und DDR: Reise durch Thüringen auf der Spur von Dieter Otze Ehrlich und Schleimkeim

Bauernproteste

Für Casper könnte es kaum besser laufen. Sein am 24. November 2023 erscheinendes sechstes Solo-Album „nur liebe, immer.“ ist ihm verhältnismäßig leicht von der Hand gegangen&nbsp;–&nbsp;derzeit bereitet er sich auf ein ausverkauftes Stadionkonzert in Bielefeld vor. Casper könnte sich zurücklehnen, endlich genießen lernen. Stattdessen zerbricht sich der Rapper wie eh und je den Kopf&nbsp;– über die Frage, wer und wo er sein möchte, das Leben als öffentliche Person und die mit seiner Berühmtheit verknüpfte Verantwortung. Mit uns hat er darüber gesprochen, beim Treffen an einem Freitagvormittag in einem Studio in <a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/friedrichshain">Friedrichshain</a>.

Es ist kompliziert mit Casper und Berlin. Seine Einstellung zur Stadt, in der er berühmt wurde, wandelt sich. Wir haben den Rapper anlässlich seiner neuen Platte getroffen.

Rapper Casper: „Ich will nicht unbedingt in Berlin alt werden“

Ein vernieselter Freitagnachmittag in Berlin-<a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/schoeneberg">Schöneberg</a>. Vor den Türen des Kuckuckszwei, einer so urwüchsig wie alternativ anmutenden Kneipe in der Martin-Luther-Straße, kommt so langsam der Feierabendverkehr ins Rollen. Drinnen hat das Wochenende längst begonnen: Aus den Boxen scheppern altbekannte Gassenhauer von Ton Steine Scherben und Element of Crime, am Zapfhahn werden fließbandartig Biertulpen befüllt.

Die aufstrebende Berliner Party-Rap-Crew PA69 hat das Außenseitertum zur Tugend gemacht, gibt sich bewusst uncool. Ist das Kunst oder nur Klamauk? Wir haben sie getroffen.

Rapcrew PA69: Wer sind die mysteriösen Berliner Jungs hinter den rosa Masken?

Schöneberg

Joy Denalane lächelt, wirkt enorm energiegeladen – und sehr bei sich. Im Juni ist die Queen of German Soul 50 geworden, jüngst hat sie die sechste Studio-LP ihrer Karriere fertiggestellt. „Willpower“ konserviert eine herausfordernde Phase in Denalanes Leben, ist eine undogmatisch-reflektierte Abwägung gegensätzlicher Gefühlslagen, eine Blaupause des Happysad-Soul. Der Sound der Platte? Charmant, zeitlos und nicht nur wegen der englischsprachigen Texte erstaunlich international. Denalanes Motor? Ihre im Albumtitel manifestierte Willenskraft.&nbsp;

Joy Denalane sagt: „Ich bin ein Berlin-Kind: Alles, was ich mache, ist eine Berliner Angelegenheit.“ Wir haben mit ihr gesprochen. Über Willenskräfte gegen Widerstände.

Soul-Queen Joy Denalane: „Berlin ist zu vielfältig, um einen eigenen Sound zu haben“

London

Wa22ermann ist heiser, wirkt ein bisschen abgekämpft. Seit ein paar Wochen schon reist sie von Festival zu Festival. Auf Gastspiele in Köln, Augsburg und Hannover folgt am Samstag ein Auftritt beim „Stadt ohne Meer“-Festival in Gießen; bis dahin muss die Stimme gesund gepflegt werden. Aufregend, das alles, besonders vor dem Hintergrund, dass Wa22ermann (sprich: Wassermann) bis vor kurzem kaum die Berliner Tarifzone A verlassen hat und plötzlich im Zeitraffer die ganze Restrepublik kennenlernt. Der bislang schmale Katalog veröffentlichter Songs hat ihr Leben radikal verändert; und das ziemlich unverhofft.

Plötzlich war sie einfach da: Die Berliner Newcomerin Wa22ermann vermischt Punchline-Rap mit düsterer Poesie und ekstatischer Club-Atmosphäre. Wir haben mit ihr gesprochen.

Kreuzberger Nächte sind kalt: Die Rapperin Wa22ermann und ihr Bienennest Berlin

Köln

Danger Dan kommt gerade vom Optiker. Am 2. und 3. Juni wird er im Rahmen seines vierzigsten Geburtstags die größten Solo-Konzerte seiner bisherigen Karriere spielen. Da muss alles sitzen, auch die Kontaktlinse. Die beiden Shows in der Wuhlheide sollen Danger Dans zweijährigen Triumphzug durch die renommiertesten Konzerthäuser der Republik krönen, parallel zur Geburtstagsparty erscheint ein im Berliner Admiralspalast aufgenommenes Live-Album. Von langer Hand geplant war all das nicht: Im Corona-Lockdown hatte Danger Dan aus Langeweile ein paar Lieder auf einem Keyboard komponiert. Er versah sie mit komödiantisch-politischen Texten und traf einen Nerv. Was war da passiert?

Mit sperrig-subversiven Texten, eingebettet in kabarettistische Klavierstücke, schaffte es der Berliner Danger Dan auf Platz 1 der Charts. Wie hat er das gemacht?

Danger Dan: „Über die Grenzen der Kunstfreiheit sollte man nicht mit einem Rapper reden“

<a href="https://www.berliner-zeitung.de/topics/herbert-groenemeyer">Herbert Grönemeyer</a> hat sich in etlichen Songs mit dem Komplex Heimat beschäftigt. In einem der weniger populären (passenderweise: „Heimat“) beschreibt er sie als ortsunabhängiges Gefühl.

Der Liedermachermeister beweist, dass sein neues Album für die Bühne gemacht ist. Sein Berlin-Konzert ist ein gelebter Aufruf zum Optimismus in Krisenzeiten.

Keine Messe, eher ein Seminar: So war das Konzert von Herbert Grönemeyer in der Mercedes-Benz-Arena

Rockstars waren jahrzehntelang eine meist von Rentnern repräsentierte Spezies. Und dann kamen Måneskin. Eine Bande Anfangzwanzigjähriger, die sich dem Rock’n’Roll verschrieben hat und kommerziell dennoch mit den großen Rap- und EDM-Helden unserer Zeit mithalten kann. Trotz brettharter Gitarrenriffs und exaltierter Retro-Attitüde haben es Damiano David, Victoria De Angelis, Ethan Torchio und Thomas Raggi geschafft, international in aller Munde zu sein. Die Erfolgswelle, die Måneskin dieser Tage reiten, lässt sich, so romantisch das wäre, allerdings nicht allein über die Stilistik oder Qualität ihrer Musik herleiten. Vielmehr inszeniert sich das Viergespann stimmiger als andere: Måneskin sind Internetprofis, haben verstanden, wie die Ökonomie der Aufmerksamkeit funktioniert, garnieren ihr Kerngeschäft stets mit der nötigen Portion Rebellion und einer Prise Obszönität — hier ein bisschen zu nackt im Fernsehen, da ein Kraftausdruck zu viel, dort ein bisschen zu breit auf der Pressekonferenz.

Måneskin haben 2021 den ESC gewonnen und Rockmusik wieder cool gemacht. Auf ihrer ersten Welttournee müssen sie nun beweisen, dass sie mit den Großen mithalten.

Zwischen TikTok und Glamrock: Måneskin in der Mercedes-Benz-Arena

TikTok

Selbst die routiniertesten Konzertbesucher:innen dürften im Sommer 2022 – gelinde formuliert – auf ihre Kosten gekommen sein. Speziell im Raum Berlin wurden sie von einem Überangebot an verlockenden Kulturveranstaltungen mehrmals wöchentlich zum Tanz aufgefordert. Und nun, nach mehreren Monaten der völligen Reizüberflutung, wurde ihnen das nächste Event geboten, das definitiv nicht verpasst werden durfte: die Beatsteaks, Danger Dan, Bilderbuch, Kitty, Daisy &amp; Lewis und Cari Cari an einem Abend auf einer Bühne – Anwesenheitspflicht, klar.

Was für ein Line-up! Wenn die Beatsteaks, Danger Dan, Bilderbuch, Kitty, Daisy & Lewis sowie Cari Cari in der Waldbühne spielen, ist der Regen vergessen.

Unverschämt schön: Mit einem mega Konzert hat Radio Eins seine 25 Jahre gefeiert

Die jungen Leute, die am frühen Dienstagabend über den Platz der Luftbrücke pilgern, sehen ein bisschen aus wie Urlauber:innen auf dem Weg zum Strand. Erstaunlich viele tragen trotz der nahenden Dämmerung Sonnenbrillen, manche haben sogar Handtücher dabei. Auffällig ist auch, dass die allermeisten offenbar diese Art Gelassenheit haben, die innerhalb Berlins oft nur Urberliner:innen ausstrahlen. Von Weitem betrachtet könnten die Pilgernden – rein optisch – alle selbst Teil der Schöneberger Rapcrew sein, die zur Party geladen hat: BHZ.

BHZ spielen weit oben in der Deutschrap-Bundesliga. Wenn das Schöneberger Kollektiv zwei Mal die Columbiahalle ausverkauft, ist das natürlich ein Heimspiel.

Alex Barbian