Finanzskandale

Lisa Paus: „Olaf Scholz hat etwas zu verbergen“

Cum-Ex, Wirecard, Geldwäsche: Die Grüne Finanzexpertin Lisa Paus will den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz nicht einfach vom Haken lassen.

Lisa Paus.<br>
Lisa Paus.
Berliner Zeitung/Paulus Ponizak

Die Opposition erhöht den Druck auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz: Der SPD-Kanzlerkandidat ist in den vergangenen Tagen erneut wegen seiner Rolle in diversen Finanzskandalen ins Visier der parlamentarischen Kontrolleure geraten. Dabei geht es nicht nur um die Frage des persönlichen Verhaltens oder der unmittelbaren Verstrickung, sondern auch um das politische Profil des SPD-Spitzenkandidaten: „Olaf Scholz erinnert eindeutig an einen Wirtschaftsflüsterer wie Gerhard Schröder. Auch Scholz ist ein Genosse der Bosse, bei dem es eine große Diskrepanz zwischen seinen politischen Ankündigungen und seinem tatsächlichen Handeln gibt“, sagte die Grüne Finanzexpertin Lisa Paus, eine der Aufklärerinnen im Wirecard-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Paus sagte dieser Zeitung: „Scholz hat bei mehreren Skandalen nicht an der Aufklärung mitgewirkt, sondern versucht zu vertuschen. Er hatte plötzlich kratergroße Erinnerungslücken. Doch die sind bei einem Kontroll-Freak wie Scholz, der sonst über jedes Detail informiert ist, nicht glaubwürdig.“

Insbesondere das Verhalten des Bundefinanzministers im Hamburger Cum-Ex-Skandal hält Paus für sehr problematisch: „Man kann sich die Versuche von Scholz, seine Kontakte zur Warburg-Bank zu verschleiern, nicht anders erklären, als dass er direkt verstrickt ist. Olaf Scholz hat die Fakten immer nur scheibchenweise eingeräumt, um dann zu sagen, das sei keine Neuigkeit. Es ist ganz klar: Olaf Scholz hat etwas zu verbergen.“

Scholz habe außerdem nachweislich die Unwahrheit gesagt und als Verteidigungsstrategie seine Kritiker der Lüge bezichtigt. Besonders bedenklich findet Paus, dass die Verbindungen von Scholz zur Warburg-Bank auch unmittelbare Folgen für die Gesetzgebung hatten: „Unter Scholz wäre es beinahe zur Steuer-Amnestie für Cum-Ex-Räuber gekommen. Bei der Anpassung der  Verjährungsregeln sollte auf Betreiben von Scholz das neue schärfere Gesetz auf einmal nicht mehr rückwirkend angewendet werden. Davon hätte vermutlich auch die Warburg-Bank profitiert. Das konnten wir als Bundestag nur in letzter Sekunde noch glattbügeln “, beklagt Paus. Paus berichtet, dass es Briefe vom Warburg-Manager und Scholz-Kontakt Christian Olearius an das Bundesfinanzministerium (BMF) gegeben haben soll: „Wir wollen wissen, was in diesen Briefen steht“, sagt Lisa Paus. Bisher verweigert das Ministerium die Herausgabe der Briefe an die Opposition.

Der Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi von der Linken fordert Olaf Scholz ebenfalls  auf, „alle Protokolle und Vorgänge zum Cum-Ex-Skandal in Hamburg öffentlich zu machen.“ Der Verdacht der Einmischung wird durch ein gemeinsames Treffen zwischen Staatssekretär Kukies, dem damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs sowie Warburg-Bankier Christian Olearius, genährt. Das Treffen kam durch die Antwort des BMF auf eine kleine Anfrage von De Masi ans Licht. Olearius hatte Kahrs‘ Kreisverband in Hamburg eine Parteispende zukommen lassen. 

Paus erkennt ein Muster im Verhalten von Olf Scholz: Auch im Wirecard-Skandal habe er keinen Aufklärungswillen gezeigt. So sei bis heute unklar, was der Staatssekretär im BMF, Jörg Kukies, bei einem Frühstück ohne Protokoll beim damaligen Wirecard-Chef Markus Braun in Aschheim besprochen habe. Paus: „Wir haben ganz klar gesehen: Scholz hat seine Behörden nicht im Griff. Er hat seine Netzwerke, die ihn schützen und für die er andersherum einsteht. Wenn es brenzlig wird, kann er sich plötzlich an nichts erinnern. Das sind keine guten Voraussetzungen für den Job eines Bundeskanzlers.“

Zuletzt habe Scholz die Einordnung der Razzia der Staatsanwaltschaft im BMF „schön in seine Richtung gedreht und weit von sich geschoben“, kritisiert Paus: „Scholz hat gesagt, die Razzia habe nicht hauptsächlich dem BMF gegolten, sondern der Geldwäschebehörde FIU. In der Öffentlichkeit sollte der Eindruck entstehen, dass das Ministerium von Scholz mit dem Versagen der Geldwäschebehörde nichts zu tun habe.“

Olaf Scholz trägt politische Verantwortung

Paus sagte: „Die Behörde unter der Aufsicht von Scholz, die jahrelang immer wieder und zuletzt im Wirecard-Untersuchungsausschuss negative Schlagzeilen machte, und deren Leiter bei den Befragungen nicht einmal sagen konnte, wie Geldwäsche eigentlich definiert sei. Die Behörde, die die zentralen Hinweise der Commerzbank zu den Wirecard-Betrügereien über ein Jahr nicht an die Strafverfolgungsbehörden weiterleitete. Da zu behaupten, die Ermittlungen hätten nichts mit dem BMF zu tun, ist natürlich ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Die politische Verantwortung für das Chaos trägt kein Geringerer als Scholz selbst. Darum wollen wir auch, dass Olaf Scholz sich noch vor der Wahl vor dem Finanzausschuss des Bundestags verantwortet.“

Scharfe Worte findet auch der Linken-Finanzexperte Fabio De Masi. Er sagte dieser Zeitung: „Wo Scholz ist, gibt es Finanzskandale. Er ist mit Sicherheit kein Finanz-Sheriff, sondern jemand, der sich ungern mit mächtigen Interessengruppen anlegt. Ein Kanzler muss aber klar machen, wer in einer Demokratie Koch und wer Kellner ist.“

Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte zur Rolle von Scholz im FIU-Skandal: „Die Kritik von Scholz an der Durchsuchung im Finanzministerium ist vollkommen daneben. Sie zeigt nur, dass da beim Finanzminister die Nerven blank liegen.“ Kein Staatsanwalt dürfe einfach so ein Haus durchsuchen, sondern müsse sich die Durchsuchung von einem unabhängigen Richter genehmigen lassen. Toncar sagte der dpa, er könne sehr gut verstehen, dass die Staatsanwaltschaft das Finanzministerium durchsucht habe. „Schon im Fall Wirecard hat das Finanzministerium gerade nicht vollständig kooperiert.“ Scholz hatte im April als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestags jegliche Verantwortung für den Bilanzskandal um den ehemaligen Dax-Konzern Wirecard zurückgewiesen. Die Opposition sah jedoch Fehler vor allem bei der Finanzaufsicht Bafin, für die das Finanzministerium zuständig ist.