Energiesicherheit

Verzicht auf russisches Öl: EU „für Jahrzehnte“ von US-Importen abhängig

Sanktionen gegen Russland bringen die Europäische Union in eine missliche Lage. Klimaziele und Energiesicherheit kommen hinzu. Die Abhängigkeit von den USA wächst.

Der Import fossiler Brennstoffe steht im Widerspruch zu den Klimazielen der EU.
Der Import fossiler Brennstoffe steht im Widerspruch zu den Klimazielen der EU.picture alliance/dpa

Die Abkehr von russischem Öl zwingt die EU dazu, fossile Brennstoffe aus anderen Ländern zu importieren. Der Generaldirektor für Energie in der Europäischen Kommission, Ditte Juul Jørgensen, sagte gegenüber dem Nachrichtendienst Financial Times: „Wir werden die nächsten Jahrzehnte einige fossile Brennstoffe benötigen. Und in diesem Zusammenhang wird es einen Bedarf an amerikanischer Energie geben.“

Europa werde sich in den kommenden Jahrzehnten auf fossile Brennstoffe aus den USA verlassen müssen, um die Energiesicherheit garantieren zu können. Dadurch mache sich die EU zwar von amerikanischen Importen abhängig, könne aber zugleich den Ausbau erneuerbarer Energien antreiben und sich energiepolitisch von Russland abwenden. Eine weitere Energiekrise, wie es sie im vergangenen Jahr gab, könne somit verhindert werden, sagte Jørgensen.

EU schließt langfristige Verträge mit US-Lieferanten

Diese Entscheidung bedeutet aber auch, dass die Klimaschutzziele der Union dadurch gefährdet sein könnten. Das Ziel, die CO₂-Emissionen bis 2050 auf null zu bringen, wird durch einen weiterhin bestehenden Import von fossilen Brennstoffen verhindert. Nach Beginn des Ukraine-Krieges schloss die EU mit der US-Regierung ein Lieferabkommen ab. Die USA sicherte der Union zu, bis 2030 zusätzlich 50 Millionen Kubikmeter US-Flüssigerdgas (LNG) pro Jahr zu liefern.

Während die Verträge mit russischen Händlern gekündigt wurden, hat sich der LNG-Import aus den USA in die EU im vergangenen Jahr nach Angaben der Financial Times mehr als verdoppelt. Cheniere Energy, der größte US-amerikanische LNG-Exporteur, hat in diesem Jahr zwei Verträge mit den in Europa ansässigen Unternehmen Equinor und BASF abgeschlossen. „Wir sehen in Europa seit Jahrzehnten weiterhin einen erheblichen Bedarf an Erdgas, insbesondere für Endverbraucher, die Wert auf langfristige Partnerschaft und Versorgungssicherheit legen“, sagte Anatol Feygin, Chief Commercial Officer von Cheniere.

Einige Politiker sorgen sich jedoch, dass der Abschluss langfristiger Verträge mit US-Lieferanten die Klimaziele der EU gefährden könnte. „Der Ausbau der Infrastruktur für fossile Brennstoffe steht diesem Ziel entgegen“, sagte der irische EU-Abgeordnete Ciaran Cuffe. „Es ist kurzsichtig, unsere Abhängigkeit von LNG und Fracking-Gas zu erhöhen, Punkt. Letztlich muss unser Fokus darauf liegen, unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Die Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien hat Priorität und übertrifft bereits jetzt die Erwartungen“, sagte er.