Sanktionen

Deutschland importiert russisches Öl aus Indien: Das sagt das Wirtschaftsministerium

Indische Öllieferungen nach Deutschland haben sich verzwölffacht. Hält die Bundesregierung also am russischen Öl fest? Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck äußert sich.

Ein Öltanker liegt im Hafen von Kochi im indischen Bundesstaat Kerala vor Anker.
Ein Öltanker liegt im Hafen von Kochi im indischen Bundesstaat Kerala vor Anker.Hari Mahidhar/Imago

Die neuen Zahlen des Statistischen Bundesamts zu indischen Öllieferungen nach Deutschland sorgen für Aufsehen. Die deutschen Importe von Ölprodukten aus Indien – also von Benzin, Diesel, Heizöl und Co – haben sich in den ersten sieben Monaten dieses Jahres verzwölffacht: von nur 37 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf einen Wert von 451 Millionen Euro, wie aus den neuen Daten hervorgeht. 

Dabei ist bekannt, dass Indien schon seit längerer Zeit Rekordmengen an Rohöl aus Russland importiert, zusammen mit anderen Ölsorten verarbeitet und in die ganze Welt exportiert – wenn auch seit Kurzem mit abnehmender Tendenz. Nach Kpler-Angaben importierten indische Unternehmen noch im Mai dieses Jahres 46 Prozent des gesamten Rohöls alleine aus Russland, wie Bloomberg berichtete. Ob der Bundesregierung, die das Ölembargo der EU gegen Russland mitträgt, bewusst ist, dass russisches Öl so mit aller Wahrscheinlichkeit weiterhin seinen Weg nach Deutschland findet?

Russisches Öl aus Indien: Habecks Wirtschaftsministerium äußert sich

Das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (BMWK) zeigt sich in einer Antwort auf eine Anfrage der Berliner Zeitung überzeugt: Deutsche Unternehmen würden seit Jahresbeginn kein russisches Rohöl mehr kaufen. Denn der Import von russischem Rohöl und Rohölprodukten in die EU sei verboten, erinnert die Ministeriumssprecherin Susanne Ungrad.

Produkte, die aus Indien eingeführt werden, seien dagegen „nicht von Sanktionen betroffen“. Die Berichte über russische Lieferungen nach Indien dürften den Behörden jedoch nicht entgangen sein. „Die Bundesregierung ist sich der Entwicklung bewusst“, sagt Ungrad dazu. Man stehe daher „im engen und intensiven Austausch“ mit internationalen Partnern, um „die Effektivität der russischen Öl-Sanktionen zu maximieren und gleichzeitig wirtschaftlichen Schaden im Globalen Süden und für die Weltwirtschaft abzumildern“. Deswegen gehöre bereits zum sechsten Sanktionspaket gegenüber Russland auch ein Verbot von Versicherungen für Tankschiffe mit russischem Erdöl. 

Auf den Hinweis der Berliner Zeitung, dass Indien nach bisherigen Informationen auch den Preisdeckel der G7-Staaten gegen russisches Rohöl nicht einhält, stellt Susanne Ungrad fest: In allen EU-Mitgliedstaaten gelten Dienstleistungsverbote für einheimische Unternehmen beim Transport von russischem Öl über dem Preisdeckel. „Verstöße hiergegen sind in Deutschland strafbewehrt“, heißt es. Das bedeutet: Deutsche Unternehmen dürfen keine Dienstleistungen gegenüber Firmen gewähren, die russisches Rohöl zu einem Preis nach Indien liefern, der über dem Preisdeckel von 60 US-Dollar pro Barrel liegt. Aber sobald dieses Öl in Indien verarbeitet wurde und eine neue Herkunft bekommen hat, gelten diese Verbote nicht mehr, wie die Berliner Zeitung zuvor berichtete.

Deutschland importiert russisches Öl aus Indien: Der Anteil ist gering

Auch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) erfasst nach eigenen Angaben nur Informationen über das Ursprungsland von Mineralöl und Mineralölerzeugnissen. Wenn die Ölprodukte also von Indien nach Deutschland eingeführt werden, wird nur Indien als Ursprungsland erfasst. „Daten zu weitergehenden Lieferketten werden in der Statistik nicht erhoben“, gibt der Bafa-Sprecher Nikolai Hoberg auf Anfrage bekannt. Angaben zu möglichen weiteren Vorprodukten und deren Lieferketten seien zudem nicht Bestandteil der Gesetzesgrundlage, so die Behörde.

Die vermutete Einfuhr von russischem Öl nach Deutschland über Indien steht zwar für einen interessanten Fall der legalen Sanktionsumgehung. Fairerweise muss man jedoch erwähnen, dass indische Öllieferungen trotz der neuen Rekordwerte mit nur 1,1 Prozent keinen bedeutenden Anteil an Deutschlands Gesamtimporten haben.

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