Folgen der Wirtschaftskrise

Schattenbanken verschärfen die Finanzkrise. Wann trifft es eine deutsche Bank?

Der Finanzsektor wird immer größer und undurchsichtiger. In den USA liefern sich Großbanken Schlachten mit Hedgefonds. Auch deutsche Institute drohen hineingezogen zu werden. 

Trifft die Krise auch den Deutschen Markt? Die Skyline in Frankfurt am Main.
Trifft die Krise auch den Deutschen Markt? Die Skyline in Frankfurt am Main.Hannes P. Albert/imago images

Im globalen Finanzcasino sitzen immer weniger Spieler am Roulette-Tisch und die Einsätze werden größer. Die Bankenkrise in den USA, die mit der Pleite der Silicon Valley Bank im März begann, beschleunigt den Konzentrationsprozess.

Die größte amerikanische Bank JPMorgan Chase & Co. verleibte sich die ins straucheln geratene First Republic Bank ein. Im vergangenen Jahr existierten in den USA 4100 Banken, vor 40 Jahren waren es noch rund 14.500, berichtet die Börsen-Zeitung, unter Verweis auf Zahlen des amerikanischen Einlagensicherungsfonds FDIC – die Großen fressen die Kleinen auf. In Europa ist mit der Übernahme der systemrelevanten Credit Suisse durch die UBS ein Bankenkonglomerat entstanden, das in Europa seinesgleichen sucht.

Blackrock und Co. verwalten die Hälfte des weltweiten Finanzvermögens

Statt auf die Entflechtung von Großbanken zu setzen und die Geldhäuser mit strengen Eigenkapitalvorschriften zu regulieren, setzen die Regierungen und die Finanzaufsicht wieder auf „too big to fail“ – ein Déjà-vu von 2008. Das Laissez-faire hat den Aufstieg eines unregulierten Bereichs im Finanzsektor begünstigt: Mittlerweile wird die Hälfte des weltweiten Finanzvermögens von Schattenbanken verwaltet. Branchenprimus Blackrock wies im 1. Quartal 2023 mehr als neun Billionen US-Dollar in der Bilanz aus – eine Summe, mehr als doppelt so groß wie das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands.

Der düstere Sektor umfasst Vermögensverwalter, Pensionsfonds, Hedgefonds und Versicherungsgesellschaften, die nicht über eine Banklizenz verfügen und dadurch auch nicht der Bankenregulierung unterliegen. Da sich Schattenbanken anders als lizensierte Institute kein Geld bei der Zentralbank leihen können, sind sie auf die Kreditvergabe von Privatpersonen angewiesen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt, dass Schattenbanken schnell in Stress geraten können, wenn sie Vermögenswerte abstoßen müssen. Schaltet die Wirtschaft in den Krisenmodus und Anleger ziehen ihr Geld ab, kann es schnell dazu kommen, dass Fonds und Versicherungen in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Deshalb fordert der IWF eine stärkere Überwachung des Sektors.

Banken weisen die Verantwortung von sich

In den USA streiten die Großbanken mit den Schattenbanken um die Aufteilung des Marktes. In einem Brief an die amerikanische Börsenaufsicht (SEC) hat die American Bankers Association (ABA) ein Leerverkaufsverbot für Aktien von Regionalbanken gefordert, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Leerverkäufer (Englisch: Shortseller) leihen sich Aktien und verkaufen sie weiter, um sie bei einem deutlich niedrigeren Kurs zurückzukaufen und an den Verleiher der Aktie zurückzugeben. Die Differenz streichen sie als Gewinn ein.

In der vergangenen Woche hatten die Aktien der Regionalbanken Pacific Western, Western Alliance und First Horizon nach Shortseller-Attacken hohe Verluste verzeichnet. Am Donnerstag hatten sie zeitweise 40 Prozent ihres Wertes verloren. Die ABA weist den Hedgefonds die Schuld zu: Die Spekulationswelle sei ungerechtfertigt, bei den Regionalbanken in den USA handele es sich eigentlich um gesunde Institute. Der einflussreiche Hedgefonds-Manager Cliff Asness konterte: Die Banker seien keine Geschäftsleute, sondern Betrüger, die den Staat zu Hilfe riefen, sobald ihr schlechtes Geschäftsmodell herausgefordert werde, berichtete die FAZ.

Werden auch deutsche Banken von der Krise erfasst?

Es ist nicht das erste Mal, das Großbanken ein Leerverkaufsverbot fordern, wenn ihnen der Wind ins Gesicht weht. In Deutschland verhängte die Bundesanstalt für Finanzmarktaufsicht (Bafin) ein Verbot für Shortseller für den angezählten Wirecard-Konzern, nachdem Betrugsvorwürfe laut geworden waren. Das Geschäft von Leerverkäufern basiert darauf, dass sie betrügerische Machenschaften von Unternehmen öffentlich anprangern und die überbewerteten Firmen im Zweifel durch einen Abverkauf der Aktien zu Fall bringen. Insofern haben sie durchaus die Funktion eines Marktbereinigers.

Auch in Deutschland hat die Bafin eine stärkere Regulierung von Schattenbanken durch den Gesetzgeber gefordert. Der Präsident der Behörde, Mark Branson, hatte erklärt, die Suche nach höheren Renditen in Zeiten extrem niedriger Zinsen habe den Schattenbankensektor allein in Europa in den vergangenen drei Jahren um mehr als 50 Prozent wachsen lassen. „Natürlich bringt diese Entwicklung Risiken mit sich. Es gibt Ansteckungsgefahr aus diesem Sektor“, sagte der Bafin-Präsident. Das war im November. Auf Gesetzesinitiativen zur Regulierung des düsteren Sektors wartet man immer noch.

Geldhäuser sind hierzulande vermehrt in Sorge. Die Deutsche Bank musste Mitte März einen Tagesverlust von 15 Prozent am Aktienmarkt hinnehmen. Shortseller hatten erfolgreich eine Attacke geritten. Gleichzeitig ist die Deutsche Bank aber auch mit einer stolzen Summe von 33 Milliarden Euro im kriselnden Markt mit Gewerbeimmobilien vertreten. Ein Bereich, für den die größte Gefahr für die Finanzstabilität droht. Vielleicht verdeutlicht der Vorgang am deutlichsten, wie eng verflochten Schattenbanken mit den Geldhäusern sind, deren Geschäfte auch im Lichte der Öffentlichkeit zunehmend in Schieflage geraten.