Die Nato soll nach dem Willen von Deutschland und Norwegen Gas-Pipelines und Internetleitungen auf dem Meeresboden vor Angriffen schützen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg werde gebeten, eine Koordinierungsstelle dafür einzurichten, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch in Berlin bei einem Treffen mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Støre. Stoltenberg begrüßte die Initiative. Sie ist eine Reaktion auf die Sprengung der beiden Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee. Es ist noch völlig unklar, wer für die Sabotage verantwortlich ist. Obwohl mehrere Länder sowie das Unternehmen Nord Stream 2 Untersuchungen vorgenommen haben, gibt es bislang keinen Hinweis auf die Täter.
Beim vorangegangenen Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwochnachmittag in Berlin ging es auch um die Lage in der Ukraine. Die Nato werde das Land so lange als nötig unterstützen, hatte Stoltenberg zuvor verlauten lassen. Stoltenberg sprach von einer „schrittweisen“ Annäherung Kiews an die Nato. Oberste Priorität habe derzeit allerdings die Stärkung der ukrainischen Luftabwehr gegen Russland. „Wenn die Ukraine den Krieg nicht als unabhängiger souveräner Staat übersteht, stellt sich die Frage der Mitgliedschaft nicht mehr“, stellte Stoltenberg fest.
Stoltenberg sagte, er freue sich darauf, die Pläne in Berlin mit Scholz und Støre zu besprechen. „Wir haben unsere Anstrengungen nach der jüngsten Sabotage der Nord-Stream-Pipelines verstärkt. Und es ist nun entscheidend noch mehr zu tun, um sicherzustellen, dass unsere Infrastruktur im Meer gegen weitere zerstörerische Taten gesichert ist.“
„Es geht um die Sicherheit für Energieanlagen. Ich möchte hier keine scharfe Trennlinie ziehen, was ober und unter Wasser ist. Es geht um Gasrohrleitungen, es geht um die Telekommunikationsinfrastruktur, Glasfaserinfrastruktur und anderes“, sagte Støre.
Die US-Regierung hat ihre Herangehensweise in internationalen Konflikten geändert, wie die Financial Times (FT) analysiert. Die Ukraine diene dabei als Modell für künftige Auseinandersetzungen, so das Blatt. Die USA und mit ihnen das von ihnen geführte Militärbündnis agiere nicht mehr als militärischer Oberkommandierender wie etwa im Irak oder in Afghanistan. Die Führung wird offiziell dem kriegführenden Land überlassen, während die USA als „oberster Zeugwart, Geheimdienst-Zulieferer und diplomatischer Unterstützer“ auftrete.
Aufgrund des neuen Kurses setzt auch die Nato auf eine modifizierte Kommunikation: Anders als noch im Jahr 2008 waren die Aussagen des diesjährigen Nato-Gipfels in Sachen Nato-Beitritt daher gemäßigter. In ihrer Bukarester Erklärung bekannten sich die Nato-Außenminister lediglich allgemein zur „Politik der offenen Tür“ des Bündnisses. „Wir bekräftigen die Beschlüsse, die wir auf dem Bukarester Gipfel 2008 gefasst haben“, heißt es darin. 2008 hatte es in der Abschlusserklärung dagegen noch geheißen: „Die Nato begrüßt die euro-atlantischen Bestrebungen der Ukraine und Georgiens, der Nato beizutreten. Wir haben heute vereinbart, dass diese Länder Mitglieder der Nato werden.“ Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel verhinderte gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy den Plan von US-Präsident George W. Bush, der die Allianz zu einer sofortigen Aufnahme der Ukraine wie Georgiens drängte. Auch der heutige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zählte als norwegischer Regierungschef zu den Kritikern einer Mitgliedschaft. Wie anders die Zeiten damals noch waren: „Russland ist ein Partner“, sagte Merkel zum Abschluss des Bukarester Gipfels, an dem der russische Präsident Wladimir Putin sogar persönlich teilnahm.
Vor allem aus Osteuropa kommt heute die Kritik, dass es besser gewesen wäre, beide Länder sofort aufzunehmen. Der tschechische Außenminister Jan Lipavsky forderte in Bukarest, die Nato müsse in der Mitgliedschafts-Frage endlich die „Grauzone“ verlassen und einen „neuen Ansatz“ für beschleunigte Verhandlungen finden. Hätte die Nato die Ukraine und Georgien schon damals aufgenommen, hätte Putin beide Länder niemals überfallen, schreibt die französische Nachrichtenagentur AFP und liefert einen Hinweis auf die Geschichte: „Bereits im Sommer 2008 marschierten russische Truppen in Georgien ein, 2014 annektierte Russland die ukrainische Krim-Halbinsel, im Februar dieses Jahres folgte die Invasion in der Ukraine.“


