Dass die gesetzliche Rente nicht reichen wird, um im Alter den Lebensstandard einzuhalten, ist bei den meisten Berufstätigen längst angekommen. Doch die hohe Inflation bedroht auch private Rentenverträge, die am Ende ihrer Laufzeit eine monatliche Auszahlung vorsehen. Welche Maßnahmen sollten die Inhaber solcher Verträge schon heute treffen?
Zwar, darin sind sich die meisten Experten einig, wird die zweistellige Rekordinflation nicht ewig halten. Dennoch geht beispielsweise das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung davon aus, dass 2023 und 2024 die Teuerungsraten in Deutschland noch 4,5 und 3 Prozent betragen werden. Gegenüber stehen Renditen, die bei manchen Verträgen in der privaten Altersversorgung abzüglich der Verwaltungskosten gerade mal 1 Prozent betragen und damit selbst in normalen Zeiten kaum die Inflation ausgleichen.
Einige Versicherungsfirmen zwingen ihren Kunden deswegen eine Erhöhung des Beitrages auf oder erhöhen ihn ungefragt selbst. Aus diesem Grund fragen sich viele Menschen, ob es noch etwas bringt, Monat für Monat in eine solche Versicherung einzuzahlen. Eine Leserin der Berliner Zeitung berichtet: „Ich zahle schon 30 Prozent von meinem Gehalt für mich selbst und drei Kinder im Alter von drei, elf und zwölf Jahren. Mein Versicherer, Swiss Life, will meinen Betrag nun jährlich um zwei, drei Prozent erhöhen. Sollte ich den Vertrag kündigen oder wäre es sinnvoller, die Einzahlungen anzupassen?“
Vermögensberaterin: Den angepassten Beitrag kann man ablehnen
Die Vermögensberaterin Simone Knospe bei der Deutschen Vermögenberatung mit Sitz in Frankfurt am Main sieht in den privaten Rentenversicherungen trotz der Inflation wertstabile Produkte. Auch die Riesterrente, diese staatlich geförderte Form der privaten Altersvorsorge, sei ein erfolgreiches Modell gewesen, sagt sie der Berliner Zeitung. Jedoch werden solche Verträge inzwischen seltener angeboten, da die Zuschüsse und Steuervorteile für die versicherte Person die Kosten für den Staat zu stark steigen ließen. Wer noch einen alten Riestervertrag hat, soll nach ihrer Auffassung weiter bis zum Rentenalter einzahlen und die staatlichen Zulagen jedenfalls mitnehmen.
Viele Verträge privater Versicherungsunternehmen und auch die Riester-Verträge sehen die Möglichkeit vor, die monatlichen Beiträge anzupassen, um der Inflation entgegenzuwirken. Solche Änderungen, so Simone Knospe, bedürften aber grundsätzlich immer der Zustimmung des Kunden. Übersteigt der angepasste Betrag seine finanziellen Möglichkeiten, darf er sie ablehnen, ohne den Vertrag kündigen zu müssen.
Den Hauptvorteil solcher Verträge stellt aus Sicht der Vermögensberaterin die garantierte monatliche Rente dar, die bis zum Tod ausgezahlt wird. Bei einem Aktiendepot oder Fonds besteht dagegen das Risiko, dass man in den ersten Rentenjahren zu viel Geld herausnimmt. Wird man sehr alt, reicht die angesparte Summe dann womöglich nicht mehr aus. Deswegen sieht Knospe solche Anlagen lediglich als eine Ergänzung zur einem klassischen Rentenversicherungsvertrag. Allerdings nur bei Menschen, die im schlimmsten Fall Verluste verkraften können.
Viele börsengehandelte Fonds, kurz ETF, scheinen aus langfristiger Perspektive eine sichere Wahl zu sein. MSCI World, ein globaler Index, der über 1600 Aktien umfasst, verdreifachte beispielsweise von 2001 bis 2021 seinen Kurswert. Bei einer Wirtschaftskrise verlieren jedoch auch stabile Indexfonds zunächst an Wert, bevor sie sich in den folgenden Jahren erholen. Anleger müssen temporäre Kursverluste hinnehmen. Wer auf eine monatliche Zusatzrente angewiesen ist, soll also besser nicht ausschließlich in Aktien oder Fonds investieren.
Rentenversicherung ist Wette auf ein langes Leben
Wie viele privaten Unternehmen, vertritt die Deutsche Vermögensberatung allerdings nicht nur die Interessen ihrer Kunden, sondern auch die Interessen ihrer Partnerunternehmen und mag in ihren Empfehlungen nicht völlig objektiv sein. Eine andere Meinung als Simone Knospe vertritt Gabriel Hopmeier, Vermögensberater und Mitglied im Bundesverband der Versicherungsberater (BVVB). Grundsätzlich sei eine Rentenversicherung mit Garantie eine Wette auf ein langes Leben, sagt er der Berliner Zeitung. Die Versicherungsunternehmen würden die Ersparnisse ihrer Kunden investieren und zur Berechnung der garantierten monatlichen Rente von einer fiktiven, hohen Lebenswartung ausgehen. Wer tatsächlich 100 Jahre alt wird, hat also einen Gewinn erzielt. Wer jedoch mit 75 sterbe, so Herr Hopmeier, habe seine Kinder zugunsten des Versicherungsunternehmens enterbt.
Zwar sehen viele Verträge die Möglichkeit vor, sich beim Renteneintritt das gesamte Guthaben auf einen Schlag auszahlen zu lassen. Genauso bieten zahlreiche Versicherungen Verträge an, die eine höhere Rendite versprechen, dafür aber die garantierte Summe reduzieren beziehungsweise ganz auf eine Garantie verzichten. Jedoch liegen bei allen Varianten die Verwaltungskosten solcher Verträge, die ebenfalls auf Aktien und Fonds setzen, zu hoch, sodass sie sich nach der Meinung von Gabriel Hopmeier im Vergleich zu herkömmlichen Aktiendepots kaum lohnen.
Hopmeier rät Sparern eher, sich unabhängig von ihrer Versicherungsfirma beraten zu lassen und dann zu entscheiden, welche Analageform zu ihnen passt. Es sei jedoch wenig sinnvoll, eine bestimmte Rendite festzulegen, da diese bei allen Anlagen schwanke. Entscheidender sei das Risiko, das der Sparer eingehen möchte. Darüber hinaus habe jede Anlageart seine Vor- und Nachteile. Auch eine vermietete Immobilie sei mit Zeitaufwand und ebenfalls mit Unsicherheiten verbunden, während eine selbstgenutzte Immobilie bestimmte Kriterien wie beispielsweise die Nähe zum Arbeitsplatz erfüllen müsse und als Anlageobjekt daher weniger flexibel sei.
Auf versteckte Kosten achten
Wie also am besten fürs Alter vorsorgen? Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt zwar mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent an. Die Energiekrise hat aber gezeigt, wie unstabil das System tatsächlich ist. Die politischen Ereignisse und deren wirtschaftlichen Folgen lassen sich kaum vorhersagen.
Jedoch kann der Zielwert von zwei Prozent als Referenz dienen, wenn es um den Vermögensaufbau geht. Eine Geldanlage, deren Rendite darunter liegt, lohnt sich nur selten. Wichtig ist dabei, die Verwaltungs-, Abschluss- und Vertriebskosten im Blick zu behalten. Dazu rät auch der Bundesverband Verbrauchzentrale und warnt ihre Sparer vor unübersichtlichen Kosten bei Geldanlagen. So machen bei einigen fondsgebundenen Rentenversicherungen die jährlichen Verwaltungskosten bis zu zwei Prozent aus und schmälern die Rendite erheblich. Oft, schreibt die Verbraucherzentrale, würden Versicherungsvertreter und Makler ihre Kunden zu wenig über die tatsächlichen Kosten aufklären, die besonders in den ersten Jahren sehr hoch seien.
Wer einen neuen Vertrag abschließt, soll daher die Bedingungen genau prüfen. Eine günstige Alternative gegen teure fondsgebundene Rentenversicherungen stellen beispielsweise die ETF oder gute Aktienportfolios dar. Wer noch ein paar Jahre bis zur Rente hat, tut also gut daran, in eine hochwertige und unabhängige Beratung zu investieren.




