Die nächste Runde im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit ist eingeläutet. Peking hat am Montagabend Exportbeschränkungen für bestimmte seltene Metalle erlassen.
Die Maßnahme wird als Retourkutsche in Richtung Washington gewertet: Die USA haben umfassende Ausfuhrverbote für Mikrochips der neuesten Generation verhängt, um Chinas Aufstieg zur führenden Hightechnation zu verhindern.
Laut Angaben des chinesischen Handelsministeriums müssen Händler für die Ausfuhren der Metalle Gallium und Germanium ab dem 1. August eine Lizenz beim Staat beantragen und detaillierte Angaben zum Empfänger machen. Die chinesische Regierung begründete die Ausfuhrbeschränkung mit Verweis auf die nationale Sicherheit, da die Metalle für die Herstellung der Halbleiter-, Telekommunikations- und Elektrofahrzeugindustrie von entscheidender Bedeutung sind und dadurch auch in militärischen Bereichen Anwendung finden können – dieselbe Rechtfertigung haben sich auch USA und ihre Verbündeten für ihre Exportkontrollen zu eigen gemacht. Schon jetzt werden viele Elektronikgeräte und vor allem Handys in China produziert: Wollen die Chinesen hier ihre Dominanz noch stärker ausbauen?
Wie könnten USA und EU die Rohstoffabhängigkeit von China reduzieren?
Die Ankündigung wurde nur wenige Tage vor dem Besuch von US-Finanzministerin Janet Yellen in Peking gemacht. Die chinesische Regierung könnte dadurch Druck auf das Weiße Haus aufbauen, um eine Lockerung des Mikrochip-Embargos zu erwirken.
„Diese Maßnahmen tragen dazu bei, ein sicheres System für Chinas nationale Industrie und Lieferketten zu schaffen, was angesichts der anhaltenden Handelsspannungen und einer möglichen Entkoppelung von entscheidender Bedeutung ist“, kommentierte Zhang Monan, stellvertretender Direktor des in Peking ansässigen Thinktanks China Center for International Economic Exchanges auf China Daily. Das Vorgehen der USA schade nicht nur den Interessen Chinas, sondern störe auch die globale Zusammenarbeit in der Industrie und den Lieferketten sowie die künftige Entwicklung des globalen Ökosystems der Hightechindustrie. „Dies beeinträchtigt die Aussichten der technologischen und wirtschaftlichen Globalisierung grundlegend“, schrieb Zhang weiter.
Der Westen könnte die Maßnahme jedoch als Steilvorlage nutzen, um die Rohstoffabhängigkeit von China weiter zu reduzieren. Sollte Peking die neuen Regeln nutzen, um die Lieferungen in andere Länder zu drosseln, dürften die Preise steigen und es wirtschaftlicher machen, die Metallförderung in anderen Regionen zu steigern. So haben Chinas frühere Bemühungen, den Verkauf seltener Erden einzuschränken, den Marktanteil des Landes geschmälert.
Viele Staaten, darunter auch Deutschland, arbeiten daran, ihre Rohstoffversorgung zu diversifizieren, um ihre Abhängigkeit von China zu reduzieren. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) erklärte, Pekings Exportkontrollmaßnahmen verdeutlichten die Dringlichkeit für Europa und Deutschland, die Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen „rasch zu reduzieren“. Als Konsequenz müsse der heimische Bergbau in Europa gefördert werden.
Seltene Metalle: Krisensitzungen in Japan, Südkorea und Taiwan
Das südkoreanische Handelsministerium rief eine Dringlichkeitssitzung ein, um Auswirkungen auf die Wirtschaft zu erörtern. „Wir können nicht ausschließen, dass die Maßnahme auf andere Güter ausgeweitet wird“, sagte Joo Young-joon, der stellvertretende Handelsminister Südkoreas.
Der japanische Handelsminister Yasutoshi Nishimura sagte, Tokio untersuche die Auswirkungen auf seine Unternehmen und prüfe Pekings Pläne zur Umsetzung der Kontrollen. Tokio hielt sich die Tür für eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) offen und warnte, dass es sich jeder Verletzung internationaler Regeln widersetzen würde.
Taiwans stellvertretender Außenminister Roy Lee sagte, dass Pekings Schritt wahrscheinlich einige kurzfristige Auswirkungen haben werde, einschließlich Preiserhöhungen. Die Exportkontrollen „werden eine Art Beschleuniger für Länder wie Taiwan, Südkorea und Japan sein, um unsere Abhängigkeit von China bei der Versorgung mit diesen kritischen Materialien zu verringern“, fügte Lee hinzu.
In Südkorea und Taiwan sind mit Samsung und TSMC zwei Unternehmen beheimatet, die die weltweite Halbleiterherstellung dominieren. Japanische Unternehmen spielen eine entscheidende Rolle in der Lieferkette der globalen Chipindustrie.
Bei den neuesten Maßnahmen handelt es sich nicht um die ersten chinesischen Exportbeschränkungen. Die Volksrepublik hatte erstmals in den 1990er-Jahren Ausfuhrrestriktionen für seltene Erden eingeführt. Vor allem japanische Unternehmen, die stark auf chinesische Lieferungen angewiesen waren, wurden dadurch unter Druck gesetzt.
Der große Wandel erfolgte 2010, als Peking als Reaktion auf eine Kollision zwischen einem chinesischen Fischerboot und der japanischen Küstenwache in der Nähe von Inseln, die von beiden Ländern beansprucht wurden, vorübergehend die Exporte nach Japan stoppte. Dieser Vorfall löste einen Wettlauf um die Suche nach alternativen Lieferungen aus China aus. Anschließend stieg die Produktion in Australien und den USA, wodurch Chinas Anteil an der Bergbauproduktion von einem Höchststand von 98 Prozent im Jahr 2010 auf 70 Prozent im Jahr 2022 des weltweiten Angebots sank.




