Faktencheck

Deutsche Waffen für die Ukraine: Was ist gratis und was gegen Bezahlung?

Wurden bisher alle Waffen an die Ukraine unentgeltlich geliefert? Eine Klarstellung.

Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder, der von Rheinmetall Landsysteme gebaut wird, fährt bei der Informationslehrübung Landoperationen 2019 über ein Hindernis.
Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder, der von Rheinmetall Landsysteme gebaut wird, fährt bei der Informationslehrübung Landoperationen 2019 über ein Hindernis.dpa

In der steigenden Informationsflut ist es leicht, sich von den Schlagzeilen verwirren zu lassen. Mal heißt es, Deutschland liefert Waffen an die Ukraine, und mal: Die Ukraine will Waffen direkt bei der Industrie kaufen, weil sie zu wenig Waffen von Deutschland auf direktem Wege bekomme. Muss die Ukraine die Waffen selbst bezahlen oder nicht? Die Berliner Zeitung hat bei unterschiedlichen Ministerien um Klarstellung gebeten.

Alles aus Bundeswehrbeständen unentgeltlich

Ob nun die 900 Panzerfäuste mit 3000 Schuss Munition, die gut 2500 Luftabwehrraketen (darunter 500 des Typs Stinger zu einem geschätzten Preis von bis zu 56.000 Euro pro Stück), die 100 Maschinengewehre oder 15 Bunkerfäuste mit 50 Raketen: „Die Ausrüstungsgegenstände, die aus den Beständen der Bundeswehr kommen, wurden unentgeltlich an die Ukraine bereitgestellt und geliefert“, bestätigt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Verteidigung. Sollte die Ukraine bei der deutschen Rüstungsindustrie einkaufen, dann laufe dies direkt ab und nicht über das Verteidigungsministerium, heißt es weiter.

Panzer gegen Bezahlung: Woran scheitert es?

Es geht allerdings um die schweren Waffen. Noch Mitte April machte eine Nachricht Schlagzeilen: Die ukrainische Regierung wolle bis zu 100 rostende Marder sowie bis zu 50 Leopard-1-Panzer direkt bei Rheinmetall bestellen und selbst bezahlen, ohne auf die Wohltätigkeit der Bundesregierung zu warten. Dafür müsste die Bundeswehr nach einem Rheinmetall-Ratschlag sofort einsatzfähige Marder-Panzer an die Ukraine liefern und erst später Ersatz von Rheinmetall bekommen.

Das Verteidigungsministerium lehnte den Vorschlag jedoch ab. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk kritisierte die Ministerin Christine Lambrecht (SPD) für diesen Schritt und die Verweigerungshaltung.

Mittlerweile will Verteidigungsministerin Lambrecht einen Ringtausch mit den Partnern aus Nato und EU, vor allem mit Slowenien, organisieren, um die Panzer nicht direkt liefern zu müssen. Der politische Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, in nächster Zeit doch noch Kampfpanzer, schwere Artillerie oder Luftabwehrsysteme an die Ukraine zu liefern, wächst Tag für Tag. So käme für die Ukraine theoretisch auch die Möglichkeit infrage, für die bis zu zwei Milliarden Euro, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Bundeshaushalt für die Ukraine bereitstellt, schwere Waffen in Deutschland zu kaufen.

Oppositionspolitiker wie Norbert Röttgen (CDU) kritisieren diese Option allerdings, weil die Käufe dann zu lange dauern würden. Der Sicherheitsexperte und der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik in Hamburg, Prof. Dr. Michael Brzoska, widerspricht dieser Auffassung allerdings. „Der Weg über einen Nachtragshaushalt kann sehr schnell gehen“, sagt Brzoska der Berliner Zeitung – wenn der politische Wille da ist. „Noch schneller ginge es, wenn die Ukraine Geld in die Hand nähme, das sie schon hat.“

Geld spielt offenbar keine Rolle

Ob für Geld oder nicht: Der Bundesregierung geht es offenbar nicht darum. Bis Ende März wurden nach letzten Angaben des Wirtschaftsministeriums (BMWK) von Robert Habeck (Grüne) die Rüstungslieferungen im Wert von „nur“ 186 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt – ein Tropfen im Meer im Vergleich zu dem 100 Milliarde Euro schweren Extra-Paket für die Bundeswehr.

Die Genehmigungsproblematik auch im Falle eines direkten Kaufs der Waffen erklärt der BMWK-Sprecher Robert Säverin auf eine Anfrage der Berliner Zeitung so: „Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern sind einschließlich der Genehmigungspflichten im Kriegswaffenkontrollgesetz, dem Außenwirtschaftsgesetz sowie der Außenwirtschaftsverordnung geregelt.“ Das gelte nicht nur für die Gratis-Lieferungen der Bundeswehr, sondern auch für die eines privatrechtlichen Unternehmens. „Die Genehmigungspflichten bestehen unabhängig von der Finanzierung eines Exportvorhabens“, sagt Säverin dazu.

Der Sicherheitsexperte Brzoska zeigt sich einverstanden mit diesen Prinzipien. Letztendlich sollte gerade die Bundesregierung solche Lieferungen politisch wie rechtlich verantworten. Was nun die Ukraine aus Deutschland tatsächlich bekommt, wird weiterhin einer politischen Debatte unterliegen.