Kommentar

Nach dem Abstieg muss bei Hertha BSC ein reinigender Prozess stattfinden

Zum siebten Mal geht es für Hertha in Liga zwei. Für unseren Autor und bekennenden Hertha-Fan war der Abstieg schon wochenlang programmiert. Ein Kommentar. 

Enttäuschung nach dem Abpfiff: Die Spieler von Hertha BSC sitzen auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions.
Enttäuschung nach dem Abpfiff: Die Spieler von Hertha BSC sitzen auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions.City-Press

Schluss, aus, vorbei und endgültig schachmatt. Der Abstieg von Hertha BSC war wochenlang zu erwarten. Das 1:1 in der Nachspielzeit gegen Bochum hat ihn endgültig besiegelt. Spätestens die deprimierende 2:4-Heimpleite gegen Aufsteiger Werder Bremen begrub jedoch schon die Hoffnungen auf den Klassenerhalt. Trotzdem sitzt der Stachel nun tief, jetzt, wo es auch mathematisch endgültig nicht mehr möglich ist, wie im vergangenen Jahr noch über die Relegationsränge der Bundesliga erhalten zu bleiben.

Es hat sehr intensiv an der Substanz gezehrt: vier Jahre in Folge Abstiegskampf, etliche Derby-Niederlagen, eine willkürlich zusammengewürfelte Truppe, immer weniger Identifikation mit den elf Herren in den blau-weiß gestreiften Trikots, nicht selten waren die Leistungen – besonders in den entscheidenden Spielen – bodenlos, unterirdisch oder desolat. Dazu die unzähligen Affären: von Lars Windhorst bis Fredi Bobic. Personalien, die Hertha BSC nachhaltig geschadet haben.

„Was ist denn mit Hertha los?“

Vielleicht ist damit nun aber Schluss. Fast schon mitleidig wurden Fans in letzter Zeit im Familien- oder Arbeitskreis gefragt: „Was ist denn mit Hertha los?“ Mal zucken die Schultern, mal ringt man um Erklärungen. Doch es zeigt auch: Hertha BSC ist Thema in der Stadt, die Leidenschaft für den Verein ist tief verwurzelt, der Zuschauerdurchschnitt liegt bei gut 53.000, europaweit ist man damit unter den Top 15. Auch die Auswärtsfahrerzahlen konnten sich auf Schalke oder in Köln sehen lassen.

Der siebte Gang in die Zweitklassigkeit kann auch eine Chance sein. Bei Hertha BSC muss und wird ein reinigender Prozess stattfinden. Insbesondere  Andreas „Zecke“ Neuendorf, Spielerlegende und Direktor der Akademie sowie der Lizenzspielerabteilung, spricht derzeit wie kein anderer aus der Hertha-Seele. Es habe im Kader an der Bundesligatauglichkeit gefehlt. Recht hat er. Menschen, die das maßgeblich zu verantworten haben, seien längst über alle Berge. Auch da hat er recht.

Es ist nun also zehn Jahre her, dass Hertha das letzte Mal in der Zweiten Liga spielte. Am 19. Mai 2013 – also fast auf den Tag genau vor zehn Jahren – spielte die Alte Dame 1:1 gegen Energie Cottbus. Nachdem Cottbus mehrere Jahre in der viertklassigen Regionalliga rumdümpelte und Hertha zeitweise Europapokalnächte in Kopenhagen und Bilbao erlebte, nähern sich die Teams ligatechnisch wieder an. Hertha steigt ab in Liga zwei, für die Lausitzer geht es vielleicht wieder hoch in Liga drei.

Nächstes Jahr: Von Rostock bis Elversberg

Eine ganze Generation von Stadiongängern wird also erstmals an einem Sonnabend um 13 Uhr oder an einem frühen Freitagabend um 18.30 Uhr ins Olympiastadion pilgern. Die kommenden Gegner in der nächsten Saison werden es allerdings in sich haben: Magdeburg, Rostock und vielleicht Dresden aus dem Osten, St. Pauli und vielleicht wieder der HSV, Düsseldorf und Hannover, Karlsruhe, Nürnberg und Kaiserslautern. Fußballherz, was willst du mehr? Hinzu kommen Städte und Stadien, in denen noch nicht jeder Hertha-Anhänger war: Kiel und Elversberg zum Beispiel.

Der Abstieg bringt einen weiteren Umstand mit sich. Die gähnend langweilige Sommerpause ist deutlich kürzer als bei Erstligisten. In nur elf Wochen rollt bei Hertha der Ball schon wieder, und eins ist bei den Fans sicher: „Hertha BSC heißt unser Verein, Hertha BSC wird es immer sein!“