Kommentar

Kann es mit Schwarz noch weitergehen? Zieht Hertha BSC die Reißleine?

Die Mannschaft von Coach Sandro Schwarz erlebt bei Schalke 04 ein Debakel. Die letzte Konsequenz fehlt. Auch in der Trainerfrage. Ein Kommentar.

Herthas Trainer Sandro Schwarz steht während der Partie mit gesenktem Kopf an der Seitenlinie.
Herthas Trainer Sandro Schwarz steht während der Partie mit gesenktem Kopf an der Seitenlinie.David Inderlied/dpa

So viele Dennochs, um all den Versäumnissen, Fehlern und Totalausfällen seiner Spieler in der Partie gegen Schalke 04 entgegenzureden, konnte Sandro Schwarz im Interview nach dem 2:5-Debakel in Gelsenkirchen gar nicht finden. Also sagte er: „Wir haben den Gegner zu Toren eingeladen.“ Fünf Treffer beim bis dahin Tabellenletzten zu kassieren – „das war ein richtiger Schlag in die Fresse“, sagte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber, „wir sind brutal enttäuscht“. Schalke schoss fast ein Fünftel seiner bisherigen Saisontore in dieser Partie.

Sportdirektor Weber vermeidet klares Bekenntnis zu Schwarz

Es war insgesamt ein brutales Spiel. Und eine brutale Landung für Hertha BSC auf dem letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Dazu noch eine Demütigung obendrauf: Vier der fünf Schalker Tore schossen ehemalige Union-Profis (zwei Marius Bülter, je eines Tim Skarke und Simon Terodde). Herthas Defensivverhalten glich einem aufgeschreckten Damwildrudel. Dabei hatten sie bei den Blau-Weißen im Verlauf der Woche alle immer wieder betont, wie wichtig diese Partie gegen Schalke 04 doch sei, wie konsequent man dem Gegner im direkten Abstiegsduell entgegentreten wolle.

Aber: Kommen die Worte von Trainer Sandro Schwarz noch bei den Hertha-Profis an? Glaubt er selbst noch an eine Rettung? Glauben die Verantwortlichen von Hertha BSC noch immer an Schwarz?

„Das ist der falsche Zeitpunkt jetzt. Wir haben generell eine klare Haltung und eine klare Überzeugung. Wenn du aber 2:5 beim Letzten verlierst, ist es doch klar, dass wir jetzt jeden Stein umdrehen werden“, sagte Weber am Freitagabend.

Nach absoluter Rückendeckung für den Trainer hört sich das mittlerweile nicht mehr an. Das ist auch Schwarz bewusst: „Ich bin Cheftrainer, stehe hier in der Verantwortung und gehe selbst hart mir mir ins Gericht. Wir müssen jetzt alles sacken lassen, eine Nacht drüber schlafen und dann kritisch analysieren, was wir heute nicht gut gemacht haben“, sagte Schwarz. „Wir müssen Spiele gewinnen. Das ist klar.“

Die Frage ist allerdings: Welche Alternativen hat Hertha BSC? Die finanzielle Situation ist so desaströs wie die tabellarische. Und die Garantie, dass ein Trainerwechsel den Abstieg verhindert, gibt es nicht. Natürlich denkt jetzt so mancher an frühere Hertha-Erretter: Pal Dardais Name kursiert, auch der von Felix Magath. Doch der eine lebt derzeit wohl ganz zufrieden von seiner Abfindung, die er von Hertha kassierte, der andere von seiner Nichtabstiegsprämie aus der vorigen Saison.

Als Sandro Schwarz über die Defensivleistung seiner Mannschaft sprach, sagte er: „Dennoch musst du in den entscheidenden Situationen die Konsequenz haben.“ Genau diese Konsequenz ist jetzt von Herthas Sportdirektor und Präsidium gefragt. Entweder stehen alle weiterhin klar hinter Schwarz – und kommunizieren, dass sie auch im Abstiegsfall noch immer auf ihn bauen. Oder sie ziehen nach dem Desaster auf Schalke jetzt doch die Reißleine.